Von Macbeth zu Trump

Shakespeares Klassiker und die moderne Tyrannei

Corinna Harfouch probt als Lady Macbeth auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters Weimar
Corinna Harfouch probt als Lady Macbeth auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters Weimar © Candy Welz/dpa
Claudia Olk im Gespräch mit Janis El-Bira |
Es geht ihm nicht um sein Land, in seinem pathologischen Narzissmus geht es Macbeth nur um sich selbst. Doch ein Vergleich mit Trump, sagt die Präsidentin der Deutschen Shakespeare Gesellschaft, wäre ein Kompliment für den US-Präsidenten.
"So lege festen Grund denn, Tyrannei, Rechtmäßigkeit wagt nicht, dich anzugreifen." So lautet eine berühmte Textzeile aus Shakespeares "Macbeth", jenem ewigen Klassiker über den Mann, dem drei Hexen die Königsherrschaft prophezeien und der schließlich doch in der Einsamkeit eines mörderischen Despoten endet. Und genau dieser "Macbeth" steht gerade wieder überall auf den Spielplänen – mit aufsehenerregenden Premieren unter anderem in Weimar, Hannover, Linz und Wien allein in diesem Jahr. Kein Wunder, erscheinen doch die Parallelen zu unserer despotenreichen Gegenwart fast unübersehbar.

Pathologischer Narzissmus

Die Literaturwissenschaftlerin Claudia Olk lehrt als Professorin an der FU Berlin und ist zugleich Präsidentin der Deutschen Shakespeare Gesellschaft. Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur findet sie einen allzu leichtfertigen Schluss von Macbeth auf Trump & Co., wie ihn auch der berühmte Shakespeare-Forscher Stephen Greenblatt in seinem aktuellen Buch "Der Tyrann" unternimmt, jedoch unangebracht:
"Der Vergleich zu Macbeth wäre doch ein sehr großes Kompliment für den gegenwärtigen amerikanischen Präsidenten. Aber 'Macbeth' zeigt die Mechanismen: Wie sich diese Form von Machthaber darstellt, wie die Welt manipuliert, das Gefüge in der Gesellschaft invertiert, wie sie versucht, alles außer seiner selbst entweder auszulöschen oder es auf sich zu beziehen, dass es ihm nur in seiner Machtfülle und in seinem Machterhalt zu Gute kommt. Er erwartet keine Loyalität, er erwartet einfach eine merkwürdige Form der Nibelungentreue, die über Leichen geht. Und es geht ihm nicht um sein Land, nicht um seine Gefolgschaft, es geht ihm schließlich in seinem pathologischen Narzissmus nur um sich selbst. Ich spreche über Macbeth."

Im Innersten des Tyrannen

Anders als die Tyrannen der Gegenwart verkörpere die Figur des Macbeth eine letztlich tragische Mischung aus Selbsttäuschung und tiefer Selbsterkenntnis:
"Das Tragische ist auch eine Form des Selbstbetrugs, von dem er nicht mehr loskommt. Er sucht sich das, was er selbst sehen will, die ganze Zeit, und gerät in diesen Sog dieser angeblichen Machtfülle, die er dann natürlich mit äußerst brutalen und blutigen Mitteln erreicht. Aber er vereinsamt natürlich auch zusehends. Diese ausschließliche Konzentration auf sich selbst und auf den eigenen inneren Kosmos, von dem er ja auch zwischendurch schon sehr erkenntnisreich selbst kommentiert: 'Full of scorpions is my mind.' Er verliert den Schlaf, nachdem er den schlafenden König ermordet hat und dann setzt sich eine Spirale der zunehmenden Sinnentleerung seines Daseins fort. Bis dann natürlich ein schwerer Einschnitt für ihn erfolgt: Der Tod seiner Frau, die sozusagen auch nicht mehr schlafen kann, sondern schlafwandelt. Und da ist dann der Punkt erreicht, wo er sich selbst eigentlich nur noch als Schauspieler und das Leben als ein völlig sinnentleertes Drama betrachtet. Und da sind wir dann im Innersten dessen, wie es sich anfühlt, ein Tyrann zu sein."
Auch deshalb ist ein Ende des theatralen Interesses an "Macbeth" in dieser Spielzeit nicht in Sicht. Die nächsten Premieren stehen bereits in Haus: Am 7. Dezember an dem Münchner Kammerspielen und am 8. Dezember am Staatstheater Nürnberg.
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