Von Mendel zu Dolly
In seinem Streifzug durch die Geschichte der Genetik geht es Ernst Peter Fischer um die Genetik als Wissenschaft, den Prozess der Wissensentstehung. Und so beginnt er mit gekreuzten Erbsen im Klostergarten Mendels und landet schließlich bei der modernen Genforschung.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lernten Wissenschaftler, wie sie die Gesetze der biologischen Vererbung mit den Mitteln der Naturwissenschaft erforschen konnten. Seitdem verzeichnet die Genetik rasante Fortschritte. Häufiger als bei allen anderen Wissenschaften wurden ihre Ergebnisse jedoch falsch gedeutet und überinterpretiert. Denn bei der Forschung mit Erbsen, Fliegen oder Schafen geht es letztlich immer auch um den Menschen.
Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer beginnt seinen abwechslungsreichen Streifzug zu den Genen bei einem inzwischen weltbekannten Mönch, der seiner Zeit weit voraus war. Gregor Mendel hatte vor seiner Klosterlaufbahn Physik studiert, und daraus resultierte sein Wunsch, die Pflanzenzucht, die er gewissermaßen als Hobby im Klostergarten betrieb, in Zahlen zu fassen. So schuf er eine naturwissenschaftliche Grundlage für die Erforschung der Lebewesen.
Bereits 1865 entdeckte Mendel Zahlenverhältnisse bei den Blütenfarben der Erbsenpflanzen, die er im Klostergarten kreuzte. Nur selten jedoch präsentierte er seine Resultate in Artikeln oder Vorträgen. Die wenigen Originalschriften Mendels waren damals wie heute schwer zu verstehen und zu interpretieren. Erst nach der Übersetzung einiger Texte ins Englische, bei der eine leichter verständliche Interpretation gleich mitgeliefert wurde, begann unter Naturforschern die Diskussion um die "Atome der Vererbung". Sie führte 1906 zur Entstehung der Genetik als eigenständige Wissenschaft. Wenig später, 1909, verwendete der dänische Botaniker Wilhelm Johannsen erstmals den Begriff "Gen".
Ernst Peter Fischer konzentriert sich auf den Prozess der Wissensentstehung. Er will wissen: Wie wird durch Verknüpfung von neuen Ideen und neuen Techniken ein Wissensgebäude. Die besonderen Leistungen einzelner Forscher, aber auch ihre Umwege und Irrwege stehen bei ihm im Mittelpunkt. Ihm geht es um die Genetik als Wissenschaft. Immer wieder arbeitet er Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der naturwissenschaftlichen Biologie auf der einen und Physik und Chemie auf der anderen Seite heraus.
Trotzdem bietet "GENial" keinen vollständigen Überblick über die Geschichte der Genetik. Die gesellschaftliche Bedeutung der Genetik und ihr Missbrauch bei Euthanasie und Rassentheorien blendet Ernst Peter Fischer aus. Auch die gesellschaftliche Debatte um Nutzen und Risiken der Gentechnik kommen in diesem Buch nicht vor. "GENial" ist verständlich geschrieben, dennoch erfordert die Lektüre biologisches Vorwissen. Nur, wer die Hintergründe kennt, kann die interessanten Informationen und Ideen des Autors richtig einordnen.
Besprochen von Michael Lange
Ernst Peter Fischer: GENial! Was Klonschaf Dolly den Erbsen verdankt - Ein Streifzug durch die Genetik
Herbig, München 2012
352 Seiten, 19,99 EUR
Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer beginnt seinen abwechslungsreichen Streifzug zu den Genen bei einem inzwischen weltbekannten Mönch, der seiner Zeit weit voraus war. Gregor Mendel hatte vor seiner Klosterlaufbahn Physik studiert, und daraus resultierte sein Wunsch, die Pflanzenzucht, die er gewissermaßen als Hobby im Klostergarten betrieb, in Zahlen zu fassen. So schuf er eine naturwissenschaftliche Grundlage für die Erforschung der Lebewesen.
Bereits 1865 entdeckte Mendel Zahlenverhältnisse bei den Blütenfarben der Erbsenpflanzen, die er im Klostergarten kreuzte. Nur selten jedoch präsentierte er seine Resultate in Artikeln oder Vorträgen. Die wenigen Originalschriften Mendels waren damals wie heute schwer zu verstehen und zu interpretieren. Erst nach der Übersetzung einiger Texte ins Englische, bei der eine leichter verständliche Interpretation gleich mitgeliefert wurde, begann unter Naturforschern die Diskussion um die "Atome der Vererbung". Sie führte 1906 zur Entstehung der Genetik als eigenständige Wissenschaft. Wenig später, 1909, verwendete der dänische Botaniker Wilhelm Johannsen erstmals den Begriff "Gen".
Ernst Peter Fischer konzentriert sich auf den Prozess der Wissensentstehung. Er will wissen: Wie wird durch Verknüpfung von neuen Ideen und neuen Techniken ein Wissensgebäude. Die besonderen Leistungen einzelner Forscher, aber auch ihre Umwege und Irrwege stehen bei ihm im Mittelpunkt. Ihm geht es um die Genetik als Wissenschaft. Immer wieder arbeitet er Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der naturwissenschaftlichen Biologie auf der einen und Physik und Chemie auf der anderen Seite heraus.
Trotzdem bietet "GENial" keinen vollständigen Überblick über die Geschichte der Genetik. Die gesellschaftliche Bedeutung der Genetik und ihr Missbrauch bei Euthanasie und Rassentheorien blendet Ernst Peter Fischer aus. Auch die gesellschaftliche Debatte um Nutzen und Risiken der Gentechnik kommen in diesem Buch nicht vor. "GENial" ist verständlich geschrieben, dennoch erfordert die Lektüre biologisches Vorwissen. Nur, wer die Hintergründe kennt, kann die interessanten Informationen und Ideen des Autors richtig einordnen.
Besprochen von Michael Lange
Ernst Peter Fischer: GENial! Was Klonschaf Dolly den Erbsen verdankt - Ein Streifzug durch die Genetik
Herbig, München 2012
352 Seiten, 19,99 EUR