Von Putten und Adlern
In Berlin findet heute die feierliche Grundsteinlegung des Humboldtforums statt. Einige Kilometer entfernt - in Berlin-Spandau - wird unterdessen weiter an der Rekonstruktion der Fassade des Berliner Stadtschlosses gearbeitet.
Rolf Lukoschek sieht aus, wie man sich einen Steinbildhauer vorstellt: groß, kräftig, Vollbart. Mit kurzen, satten Hieben bearbeitet er einen 80 mal 80 Zentimeter großen Block aus Sandstein. Ein Gipsmodell dient ihm als Vorlage.
"Et voilá"
Doch jetzt legt er Spitzeisen und Hammer erst einmal zur Seite, eine Gruppe von Schlossbaufans interessiert sich für seine Arbeit.
"Wir haben ja hier ein Zepter und ein Schwert, gekreuzt, und Sie sehen allein schon diese Hiebfänger hier, also ich kann hier nicht abgehackt arbeiten, sondern ich muss mit einem Schwung das Eisen rumziehen, dass dieser Schwung auch schön organisch wirkt."
"Das ist auch so ein bisschen individueller wahrscheinlich."
"Ich sage immer: Mut zur Paralaxe. Das muss nicht immer alles gerade sein, sondern es kann eben auch eine kleine Verschiebung geben, was eigentlich sehr menschlich und sehr schön ist."
"Weshalb sind da die Löcher drin?"
"Das sind keine Löcher, das sind Messpunkte."
"Ach so!"
"Der Punkt am Stein zeigt mir, wo ich hin muss letzten Endes. Und wenn ich dann soweit bin, dass ich alle Punkte, die ich meine zu benötigen, gesetzt habe, dann kann ich anfangen, das alles glatt zu arbeiten."
Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Fördervereins zum Wiederaufbau des Schlosses hat seine Familie und Freunde mitgebracht. Besuche dieser Art finden regelmäßig statt. Damit die Spender sehen und sich darüber informieren können, was mit ihrem Geld geschieht. Und die sind beeindruckt von so viel kunstvollem Handwerk. Das Schmuckelement, an dem Rolf Lukoschek arbeitet, ist so etwas wie ein Prototyp.
"Genau, wo man sagen kann: So muss es aussehen zum Schluss, so soll der Duktus sein, und haltet euch daran. Dann schiebe ich natürlich auch einen gewissen Riegel davor, dass jemand kommt und sagt: Ich mache das in der Hälfte der Zeit, das sieht dann vielleicht nicht mehr ganz so gut aus, aber ich bekomme den Auftrag, weil ich günstiger bin."
Wegen der Schmutz- und Lärmbelästigung wird der Sandstein im Freien behauen. Die Besuchergruppe flüchtet in die riesige Halle.
"Mir war das auch nicht klar, dass man von einem barocken Schwung spricht, wenn hier so ein Steinmetz arbeitet, und dass man ja doch irgendwie seine individuellen künstlerischen Punkt einbringen kann."
In der Halle ist es erstaunlich warm und hell. Ruhig und konzentriert gehen die Restauratoren verschiedenen Arbeiten nach. Einer von ihnen hat seinen Hund mitgebracht. Wie hingegossen liegt der Golden Retriever auf einem Perserteppich.
Noch ist die Zahl der Restauratoren überschaubar. Wenn aber die ersten Großaufträge raus sind, wird die Schlossbauhütte brummen. Etwa 3000 Einzelstücke werden für die Fassade des Berliner Schlosses gebraucht.
"Jetzt muss ich wieder auf die andere Seite."
Vier Monate Arbeit am Preußenwappen
Schon jetzt mit von der Partie ist Andreas Klein. Sein Arbeitsplatz ist ein ein Meter hohes Podest. Mit flinken Fingern trägt er feuchten Ton auf. Er modelliert ein mächtiges Preußenwappen, es ist fast fertig, vier Monate hat er an ihm gearbeitet.
"Och, das ist schön, klar, das ist natürlich eine große Ehre, daran mitarbeiten zu dürfen, man freut sich natürlich, wenn das da später an der Fassade dann hängt oben. Ist ja auch ein Teil, was wirklich von Bedeutung ist. Weil es groß, gut sichtbar über dem Portal 1 im Schlüterhof hängen wird. Und da an der Fassade eigentlich nicht zu übersehen ist dann."
Alle Schmuckelemente des Schlosses sind Nachbauten. Nach alten Plänen, historischen Schwarz-Weiß-Fotos oder - sofern vorhanden - originalen Überresten werden sie zunächst in Ton modelliert. Davon wird ein Abdruck genommen, der wird dann in Gips gegossen, und erst das Gipsmodell ist die Vorlage für den Steinbildhauer, der schlussendlich den Sandsteinblock bearbeitet. Damit nichts schief läuft, schaut sich eine eigens dafür gegründete Expertenkommission die Modelle regelmäßig an.
Wappen und Kapitelle, Kronen und Muscheln, Widder-, Löwenköpfe und Adler: weit über 100 Gipsabgüsse des Fassadenschmucks lagern bereits in den Hochregalen. Ein beeindruckendes Bild. Die Besuchergruppe ist bei Bertold Just angekommen, dem Leiter der Schlossbauhütte.
"Was würden Sie, wenn ein Besucher hier reinkommt wie ich, man sieht den preußischen Adler, und das Herz schlägt schneller."
"Ja, Sie sehen ja nicht nur einen, sondern Sie sehen demnächst fast 30 Adler hier. Wir haben ja am Gebäude 43 Adler, und Sie sehen ja, da gibt es den, der schon fast startet, dieser eine Adler, der andere ist so ein bisschen zurückgehalten, ein bisschen erschrocken schon fast guckt, oder so ein bisschen von oben herunterguckt, also die haben alle einen richtigen Ausdruck."
Auch Jens Cacha ist Steinbildhauer. Er steht am Anfang seines Arbeitsprozesses: Mit zwei Kollegen schraubt er ein Dutzend schlichter Spanplatten zusammen. Etwa ein Viertel der Hallenfläche benötigen sie, denn dort werden sie demnächst Abdrücke von originalen Kolossalkapitellen machen. Klingt spektakulärer als es ist. Findet jedenfalls Jens Cacha.
"Seit 30 Jahren machen wir das ja schon. Für dieses Schloss oder jenes Schloss oder historische Gebäude, Schloss ist Schloss und Form ist Form. Es geht um die weitgehendste historische Wiederbringung nach Foto, da ist das eigentlich erstmal egal, so ist das eine Arbeit für uns wie für einen Lackierer, einen Oldtimer anzuspritzen."
Die Steinbildhauer werden in Berlin in den kommenden Jahren genug beschäftigt sein. Vorausgesetzt, der Förderverein zum Wiederaufbau des Schlosses schafft es, die dafür notwendigen 80 Millionen Euro an Spendengeldern einzuwerben.
"Et voilá"
Doch jetzt legt er Spitzeisen und Hammer erst einmal zur Seite, eine Gruppe von Schlossbaufans interessiert sich für seine Arbeit.
"Wir haben ja hier ein Zepter und ein Schwert, gekreuzt, und Sie sehen allein schon diese Hiebfänger hier, also ich kann hier nicht abgehackt arbeiten, sondern ich muss mit einem Schwung das Eisen rumziehen, dass dieser Schwung auch schön organisch wirkt."
"Das ist auch so ein bisschen individueller wahrscheinlich."
"Ich sage immer: Mut zur Paralaxe. Das muss nicht immer alles gerade sein, sondern es kann eben auch eine kleine Verschiebung geben, was eigentlich sehr menschlich und sehr schön ist."
"Weshalb sind da die Löcher drin?"
"Das sind keine Löcher, das sind Messpunkte."
"Ach so!"
"Der Punkt am Stein zeigt mir, wo ich hin muss letzten Endes. Und wenn ich dann soweit bin, dass ich alle Punkte, die ich meine zu benötigen, gesetzt habe, dann kann ich anfangen, das alles glatt zu arbeiten."
Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Fördervereins zum Wiederaufbau des Schlosses hat seine Familie und Freunde mitgebracht. Besuche dieser Art finden regelmäßig statt. Damit die Spender sehen und sich darüber informieren können, was mit ihrem Geld geschieht. Und die sind beeindruckt von so viel kunstvollem Handwerk. Das Schmuckelement, an dem Rolf Lukoschek arbeitet, ist so etwas wie ein Prototyp.
"Genau, wo man sagen kann: So muss es aussehen zum Schluss, so soll der Duktus sein, und haltet euch daran. Dann schiebe ich natürlich auch einen gewissen Riegel davor, dass jemand kommt und sagt: Ich mache das in der Hälfte der Zeit, das sieht dann vielleicht nicht mehr ganz so gut aus, aber ich bekomme den Auftrag, weil ich günstiger bin."
Wegen der Schmutz- und Lärmbelästigung wird der Sandstein im Freien behauen. Die Besuchergruppe flüchtet in die riesige Halle.
"Mir war das auch nicht klar, dass man von einem barocken Schwung spricht, wenn hier so ein Steinmetz arbeitet, und dass man ja doch irgendwie seine individuellen künstlerischen Punkt einbringen kann."
In der Halle ist es erstaunlich warm und hell. Ruhig und konzentriert gehen die Restauratoren verschiedenen Arbeiten nach. Einer von ihnen hat seinen Hund mitgebracht. Wie hingegossen liegt der Golden Retriever auf einem Perserteppich.
Noch ist die Zahl der Restauratoren überschaubar. Wenn aber die ersten Großaufträge raus sind, wird die Schlossbauhütte brummen. Etwa 3000 Einzelstücke werden für die Fassade des Berliner Schlosses gebraucht.
"Jetzt muss ich wieder auf die andere Seite."
Vier Monate Arbeit am Preußenwappen
Schon jetzt mit von der Partie ist Andreas Klein. Sein Arbeitsplatz ist ein ein Meter hohes Podest. Mit flinken Fingern trägt er feuchten Ton auf. Er modelliert ein mächtiges Preußenwappen, es ist fast fertig, vier Monate hat er an ihm gearbeitet.
"Och, das ist schön, klar, das ist natürlich eine große Ehre, daran mitarbeiten zu dürfen, man freut sich natürlich, wenn das da später an der Fassade dann hängt oben. Ist ja auch ein Teil, was wirklich von Bedeutung ist. Weil es groß, gut sichtbar über dem Portal 1 im Schlüterhof hängen wird. Und da an der Fassade eigentlich nicht zu übersehen ist dann."
Alle Schmuckelemente des Schlosses sind Nachbauten. Nach alten Plänen, historischen Schwarz-Weiß-Fotos oder - sofern vorhanden - originalen Überresten werden sie zunächst in Ton modelliert. Davon wird ein Abdruck genommen, der wird dann in Gips gegossen, und erst das Gipsmodell ist die Vorlage für den Steinbildhauer, der schlussendlich den Sandsteinblock bearbeitet. Damit nichts schief läuft, schaut sich eine eigens dafür gegründete Expertenkommission die Modelle regelmäßig an.
Wappen und Kapitelle, Kronen und Muscheln, Widder-, Löwenköpfe und Adler: weit über 100 Gipsabgüsse des Fassadenschmucks lagern bereits in den Hochregalen. Ein beeindruckendes Bild. Die Besuchergruppe ist bei Bertold Just angekommen, dem Leiter der Schlossbauhütte.
"Was würden Sie, wenn ein Besucher hier reinkommt wie ich, man sieht den preußischen Adler, und das Herz schlägt schneller."
"Ja, Sie sehen ja nicht nur einen, sondern Sie sehen demnächst fast 30 Adler hier. Wir haben ja am Gebäude 43 Adler, und Sie sehen ja, da gibt es den, der schon fast startet, dieser eine Adler, der andere ist so ein bisschen zurückgehalten, ein bisschen erschrocken schon fast guckt, oder so ein bisschen von oben herunterguckt, also die haben alle einen richtigen Ausdruck."
Auch Jens Cacha ist Steinbildhauer. Er steht am Anfang seines Arbeitsprozesses: Mit zwei Kollegen schraubt er ein Dutzend schlichter Spanplatten zusammen. Etwa ein Viertel der Hallenfläche benötigen sie, denn dort werden sie demnächst Abdrücke von originalen Kolossalkapitellen machen. Klingt spektakulärer als es ist. Findet jedenfalls Jens Cacha.
"Seit 30 Jahren machen wir das ja schon. Für dieses Schloss oder jenes Schloss oder historische Gebäude, Schloss ist Schloss und Form ist Form. Es geht um die weitgehendste historische Wiederbringung nach Foto, da ist das eigentlich erstmal egal, so ist das eine Arbeit für uns wie für einen Lackierer, einen Oldtimer anzuspritzen."
Die Steinbildhauer werden in Berlin in den kommenden Jahren genug beschäftigt sein. Vorausgesetzt, der Förderverein zum Wiederaufbau des Schlosses schafft es, die dafür notwendigen 80 Millionen Euro an Spendengeldern einzuwerben.