Von Tobias Wenzel

In der FAS geht es um das "Recht auf Datenverschlüsselung". DIE ZEIT besucht den Ort, wo in einigen Wochen das neue Datenzentrum der US-Behörde eröffnet wird, und der SPIEGEL beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Hitlergruß Performance-Kunst sein kann.
In der FAS geht es um das "Recht auf Datenverschlüsselung". DIE ZEIT besucht den Ort, wo in einigen Wochen das neue Datenzentrum der US-Behörde eröffnet wird, und der SPIEGEL beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Hitlergruß Performance-Kunst sein kann.

"Da könnte man leicht antiamerikanisch werden."

Mit diesem Satz zitiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG den US-Amerikaner Jacob Appelbaum und führt damit das Thema fort, das auch die Feuilletons dieser Woche bestimmt hat. Carolin Wiedemann hat den US-Amerikaner, der seit Langem für "das Recht auf Datenverschlüsselung" kämpft, in Berlin getroffen. Appelbaum droht bei einer Rückkehr in die USA eine Haftstrafe. Auch sein Umfeld in den USA sei eingeschüchtert worden. Vor dem Fenster seiner Freundin seien im Dunkeln "Leute mit Nachtsichtgeräten" aufgetaucht.
Appelbaums Mutter sei verhaftet und für "unzurechnungsfähig" erklärt worden. Nach all dem hat Jacob Appelbaum kein Verständnis dafür, dass Deutschland Edward Snowden kein Asyl gewährt und die Kanzlerin den Abhörskandal herunterspielt:

"Es ist falsch, wenn Merkel sagt, man könne die NSA nicht mit der Stasi vergleichen. Im Gegenteil: Wenn die Technik, die ein Überwachungssystem wie das der NSA ermöglicht hat, schon der Stasi zur Verfügung gestanden hätte, gäbe es die DDR noch […]."

Claudius Seidl macht sich – ebenfalls in der FAS – über Regierungssprecher Steffen Seibert lustig. Als herauskam, dass die Bundeswehr in Afghanistan auf eine Software namens Prism zurückgegriffen hatte, versuchte sich der Regierungssprecher, der einst ein angesehener Journalist war, in einer seltsamen Erklärung: Es gebe zwei Überwachungsprogramme mit dem Namen Prism, die nichts miteinander zu tun hätten. Dazu Claudius Seidl:

"Dann war der Mann, der davon erzählte, womöglich nur der Doppelgänger von Steffen Seibert – und sprach für eine doppelte Kanzlerin."

Die wiederum habe nun gesagt, es müsse auf deutschem Boden auch deutsches Recht gelten, es habe aber den Anschein, als hätten die Daten, die die Amerikaner wohl beobachteten, "eine gewisse Tendenz […], das Land zu verlassen". Seidl fragt sich, ob die Kanzlerin überhaupt einen Computer besitzt:

"Muss man sich jene Daten, aus welchen die allseits kontrollierte Kommunikation besteht, als lauter Einsen und Nullen vorstellen, welche auf kleinen Beinen so schnell über die Grenzen huschen, dass kein Grenzer sie erwischt? Schwimmen sie über den Ärmelkanal und werden dabei von britischen U-Booten abgefangen?"

Wie das größte Überwachungszentrum der Welt aussieht, wollte sich Hanno Rauterberg nicht nur vorstellen. Für DIE ZEIT besuchte er das Städtchen Bluffdale im US-Bundesstaat Utah. Dort wird in einigen Wochen auf einer Fläche von 50 Fußballfeldern das neue Datenzentrum der NSA eröffnet.

"Alles, was durch die Datenkabel dieser Welt strömt, strömt künftig nach Bluffdale", vermutete Rauterberg und berichtete, wie er sich selbst so nah an den NSA-Komplex heranwagt hatte, dass Sicherheitskräften ihn zur Rede stellten:

"Die geheime Macht will nicht besichtigt, nicht befragt werden. Sie will geheim und mächtig bleiben." Doch der Bürgermeister von Bluffdale habe keinen Grund zur Beunruhigung gesehen und ergänzt: "So ziemlich alle hier denken wie ich."

"Ist die Aufregung über den NSA-Skandal so gering, weil mehr als die Hälfte der Menschheit potenziell davon betroffen ist? Weil jeder Einzelne nur ein Milliardstel der Verantwortung trägt?", fragte Jörn Kabisch in der TAZ, nachdem er auf eine Studie verwiesen hatte. Der zufolge helfe der Mensch anderen Menschen in Not, wenn er allein sei, viel seltener jedoch, wenn er nur ein Zeuge unter vielen sei, die zum Beispiel ein Gewaltverbrechen beobachteten. Kurioserweise würden viele Menschen den Eingriff der NSA in die Privatsphäre gar nicht als Gewaltakt verstehen, schrieb Kabisch:

"Wenn […] von informationeller Gewalt die Rede ist, dann heißt das immer noch ‚Datenschutzverstoß‘. Als ob man die NSA oder die Prism-Jäger mit ein paar Strafzetteln stoppen könnte."

Zum Glück nicht zu stoppen sind die jungen, demonstrierenden Türken. "Wir hören nicht mal auf unseren eigenen Vater, warum sollen wir dir gehorchen, Erdogan?", hätten einige von ihnen skandiert. Das erzählte der Karikaturist Baris Uygur Jonathan Fischer von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Ob den türkischen Demonstranten denn nicht mittlerweile der Humor vergangen sei, fragte Fischer. Uygurs Antwort:

"Humor war die wirkungsvollste Waffe. Wenn etwa die Polizei anrückte, haben die Leute gerufen: Sprüht nur Pfefferspray! Aber zieht eure Gasmasken aus und wir werden sehen, wer mehr verträgt!"

Die Straße habe ihn, den Karikaturisten, mit ihrer Art von Satire längst überholt.

"Was geschehen ist, ist größer als jedes Kunst-Event oder jede Ausstellung. Es hat uns alle verändert", gestand Fulya Erdemci, die die anstehende Istanbul Biennale plant, im Interview mit Catrin Lorch von der SZ.

"Wir müssen jetzt nach einem Ausdruck suchen, um die neue Welt zu beschreiben." Sie denke auch darüber nach, die Zusammenarbeit mit der Staatsautorität zu beenden.

Das würde Jonathan Meese gefallen.

"Kunst muss immer gegen das herrschende System sein", sagte er Ulrike Knöfel und Marianne Wellershoff vom SPIEGEL. In Deutschland sei das herrschende System allerdings die Demokratie. Also bekämpfe er die. Ein Scherz, hofften die SPIEGEL-Redakteurinnen. Beide waren nun als Zeuginnen nach Kassel geladen. Denn Jonathan Meese stand vor Gericht. Er hatte vor einem Jahr in einem öffentlichen Gespräch mit den zwei Kunstkritikerinnen den Hitlergruß gezeigt.

"Performance oder Paragraf 86a?", fragte Marc Reichwein in der WELT nach dem ersten Prozesstag. Freiheit der Kunst oder strafbares "Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen"? Die Zeuginnen hätten vor Gericht für eine Performance plädiert. Die Verteidiger hätten erst gegen die vorsitzende Richterin einen Befangenheitsantrag gestellt und dann, als der vom anderen Richter abgelehnt worden sei, auch gegen diesen. Mit der Begründung, der Richter habe zwar die Anwälte Meeses mit Handschlag begrüßt, aber nicht Meese selbst. Marc Reichweins Fazit zum ersten Verhandlungstag:

"Ein Künstler steht vor Gericht, weil er den Arm nach in Deutschland verbotener Manier ausgestreckt, und ein Richter gilt als befangen, weil er die Hand nicht gegeben hat, als sei der Künstler sein Erzfeind."