Von Tobias Wenzel

Ein neuer Blick auf die Welt der Finanzen, Insider-Infos aus der rechtsextremen Szene und ein Besuch bei dem französischen Künstler Hugues de Montalembert - die Feuilletons am Samstag.
"Kein Vogel, nicht einmal der geliebte Kanarienvogel oder der verhätschelte Wellensittich, sind für das Leben im Käfig geboren. Erst recht nicht zusammen", schreibt Joachim Müller-Jung nicht etwa in einer Tierzeitschrift, sondern im Feuilleton der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Und lässt den vogelunkundigen Leser auch noch dies wissen: Papageien sind zwar "paarweise" "schmucke sangesfreudige 'Liebesvögel', doch mit Grauköpfchen oder Orangenköpfchen zusammengebracht, ergibt sich daraus ein furchtbares Gezetere, das der gesamten Brut am Ende zum Verhängnis wird. Streitigkeiten bis hin zum Hinauswerfen der fremden Brut aus dem Nest sind unvermeidlich."

Auf derselben Seite im Feuilleton der FAZ schreiben Autoren über Fußball, Ehe und Politik, um zu zeigen, dass auch in diesen Gebieten oft nicht zusammen passt, was man gerne zusammenwachsen lassen würde. Gescheiterte Konvergenz. Ganz wie beim Euro. "Es war die Idee hinter dem Euro", heißt es in der FAZ, "dass Verschiedenes sich schon angleichen würde, wenn es erst unter ein Dach gezwungen wird". Dieses Prinzip der Konvergenz und sein Scheitern seien also auch in anderen Lebensbereichen zu beobachten, selbst im Vogelkäfig. So ermöglicht uns die FAZ einen ganz neuen, ein wenig an den Haaren herbeigezogenen Blick auf die Welt der Finanzen.

Die Finanzen in der WELT haben weniger philosophisch Eingang in das Feuilleton der Zeitung gefunden. "Jetzt ist Zahltag" heißt es im Titel. "Können Demokraten nicht mit Geld umgehen? Muss man ihnen die Brieftasche wegnehmen?" liest man im Untertitel, vergewissert sich, dass man nicht die BILD in der Hand hält und legt die Zeitung trotzdem beiseite.

Denn viel interessanter ist "Im Sumpf", Thomas Kubans Artikel für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Der Autor hat zehn Jahre lang verdeckt in der rechtsradikalen Subkultur in Deutschland und Europa recherchiert. "[N]ur bedingt" erstaune ihn "die Entlarvung der Zwickauer Zelle". Thomas Kuban verweist auf den Sänger einer rechtsextremen schwäbischen Band, der auf einem Festival in Belgien ausrief: "'Our terrorists attacks will change the world.' Unsere Terrorakte werden die Welt verändern." Auch erinnert Kuban daran, wie jährlich in Gera beim "Rock für Deutschland" ganz offen die rechtsradikale Szene zusammenkommt. 5000 Sympathisanten hätten sich 2009 auf diese Weise versammelt: "Skinheads konnten nach Herzenslust abhitlern." Längst hätten deutsche Neonazis und NPD-Funktionäre Kontakt nach Osteuropa. Denn: "In osteuropäischen Ländern wie Ungarn haben sich rassistische Banden längst in paramilitärischen Bürgerwehren organisiert, die Jagd auf Roma machen."

Eine grausame Gewalttat bedeutete für den französischen Künstler Hugues de Montalembert den Wendepunkt seines Lebens. Ende der 70er-Jahre hatte er zwei Einbrecher in seiner eigenen Wohnung überrascht. Einer der beiden sprühte ihm Farblöser in die Augen. Der Filmemacher und Maler erblindete, mit 38 Jahren. Und machte bald danach vollkommen allein Weltreisen. Alex Rühle hat den Autor für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in dessen Pariser Wohnung besucht.

Zur Überraschung des Besuchers hat Hugues de Montalembert nicht nur ein Buch über seine Blindheit und sein Leben geschrieben, sondern auch einen Fotoband über seine Lieblingsgrotte veröffentlicht. Die Schwarzweiß-Bilder hat der Künstler selbst gemacht, blind. Eines hat die SZ abgedruckt. Es ist eine Aufnahme aus dem Innern der Grotte. Im Wasser spiegeln sich der an die Felswand angelehnte Blindenstock und das durch den Höhleneingang herein strahlende Licht. "Oh. Hat der Regen aufgehört? Schauen Sie mal, wie das da drüben leuchtet", sagt der Blinde Hugues de Montalembert zu seinem Besuch aus Deutschland. Und der beschreibt nun in der SZ, wie er selbst aus dem Fenster sah und erstaunt auf ein Palais blickte: "Die alten, dunklen Ziegel leuchten tatsächlich unterm frischen Regenfilm. Ein merkwürdiges Licht, das direkt aus dem Lackschwarz der Ziegel zu strahlen scheint."