Europa vom Meer gedacht
"Nationale Geschichten gab es wie Sand am Meer", sagt der Historiker Jürgen Elvert. Er versuchte, den Zugang über das Meer – um zu verstehen, was Europa eigentlich ausmacht. Nun gibt es die Erkenntnisse in Buchform und in einer großen Ausstellung.
Europa scheint in einer vielgestaltigen Dauerkrise zu sein, da erscheint das neue Buch des Historikers Jürgen Elvert über den Kontinent – und ausgehend von seiner Forschung gibt es im Deutschen Historischen Museum eine große Ausstellung. Es gehe um die Frage, "was Europa recht eigentlich ausmacht".
"Nationale Geschichten haben wir in der Geschichtswissenschaft wie Sand am Meer", sagt Elvert. Er habe sich auf die Suche nach neuen Zugängen gemacht und getestet: "Europa mal von der Küste zu betrachten, das war eine Herausforderung, die aber auch neue Erkenntnisse zu Tage gefördert hat."
Handel und Macht
Über 90 Prozent des Weltgütertransports geschehe noch heute über das Meer, über das Fluss-System seien auch Staaten ohne Küste angebunden, verdeutlicht Elvert die Bedeutung der Ozeane in den Handelsbeziehungen. Handel sei meist der treibende Faktor gewesen, sagt Elvert.
"Macht und Handel gehen da Hand in Hand – eigentlich eher Handel und Macht. Denn der Ausgangspunkt der Ausgriffe nach Übersee der verschiedenen europäischen Mächte war tatsächlich die Suche nach neuen Einkommensquellen, nach Handelsbeziehungen, nach direktem Zugriff auf die Schätze des Orients. Damit wurde sehr viel Geld verdient und damit wird es zur Machtfrage."
50 Millionen Migranten aus Europa
Und auch Migration habe sich schon früher auf den Ozeanen abgespielt: "Migration ist in der europäischen Geschichte nichts neues, im Gegenteil, es ist eine Selbstverständlichkeit."
Zwischen 1820 und 1920 hätten 50 Millionen Europäer den Kontinent verlassen, um in der Neuen Welt ihr Glück zu suchen – zumeist aus ökonomischen Gründen.