Nationales Trauma der Briten
Am 7. Juli 2005 rissen islamistische Selbstmordattentäter in der Londoner U-Bahn und in einem Bus 52 Menschen in den Tod. Die Überlebende Thelma Stober, die damals ein Bein verlor, erinnert sich an das Grauen. Heute wird in Großbritannien der Opfer am zentralen Mahnmal im Hydepark gedacht.
Um 11.30 Uhr Ortszeit hält heute das gesamte Land erneut inne. Busse werden für eine Minute stoppen, die U-Bahn-Ansagen unterbrochen; Passagiere sind aufgerufen, eine Station vor ihrem Ziel auszusteigen und den Rest der Strecke zu Fuß zurückzulegen - im Gedenken an die Opfer des 7. Juli 2005.
Kurz vor 9 Uhr morgens explodieren Rucksackbomben in drei U-Bahnen. Eine Stunde später wird ein Doppelstockbus in die Luft gejagt. Islamistische Selbstmordattentäter reißen 52 Menschen in den Tod. Mehr als 700 werden verletzt, viele schwer. Überlebende berichten von grauenhaften Szenen, von Schreien und Todesängsten.
Thelma Stober ist in der Circle Line. Sie wird durch die Explosion aus der U-Bahn geschleudert und verliert das Bewusstsein. Noch heute muss sie weinen, wenn sie sich an das Geschehen erinnert:
"Ein Teil meines Körpers lag unter der Bahn, ich konnte den Tunnel sehen und den Bahnsteig und das Aldgate-Zeichen, ein Teil der Tür steckte in meinem Oberschenkel, Menschen schrien vor Angst - und ich konnte Beine sehen, die aus dem Zug hingen."
Auch Thelma verliert ihr Bein - sie hat direkt neben einem der Attentäter gestanden. Die Sicherheits- und Rettungskräfte sind mit der Situation überfordert, das Funknetz funktioniert nicht, Notausgänge sind verschlossen. Doch die Londoner helfen sich gegenseitig, rücken solidarisch zusammen.
Wenig später besucht die Queen einige der Überlebenden im Krankenhaus und richtet sich mit einer Fernsehansprache ans Volk:
"Those who perpetrate these brutal acts against innocent people should know that they would not change our way of life."
Sorge vor Terrorakt bleibt allgegenwärtig
Auch wenn die Anschläge das persönliche Leben der meisten Briten nicht geändert haben mögen – das nationale Trauma wirkt bis heute nach und Großbritannien ist seither ein anderes Land. Sicherheitsmaßnahmen und die Zahl der Überwachungskameras werden weiter erhöht, Kommandostrukturen und Kontrollzentren zusammengeführt. Sanitäter, Feuerwehrleute, Verkehrsbetriebe, Soldaten und Polizisten üben seither regelmäßig Antiterroreinsätze – zuletzt in der vergangenen Woche.
Doch die Sorge vor einem Terrorakt bleibt allgegenwärtig. Warnstufe zwei bedeutet: Ein Anschlag ist wahrscheinlich. Und das Problem der homegrown terrorists, der im eigenen Land geborenen möglichen Attentäter, das sich erstmals am 7.7. zeigte, hat sich seither noch verschärft. 40 Anschläge habe man allein in diesem Jahr schon verhindert, sagt Londons oberster Polizist Commissioner Bernhard Hogan-Howe:
"Wir wissen, dass sich die Lage verschlimmert hat durch die Tatsache, dass einige Hundert nach Syrien gegangen sind. Einige sind zurück und wir sind besorgt, dass sie militarisiert und brutalisiert sind und hier Menschen verletzen könnten. Wir können Anschläge durch Einzelne oder Gruppen nicht völlig ausschließen, aber die beste Prävention erzielen wir mit Überwachung, sodass wir sie einsperren, bevor sie handeln können. Letztes Jahr haben wir im Durchschnitt eine Person pro Tag festgenommen."
Heute Mittag wird in St. Paul der Opfer des 7. Juli mit einem Gottesdienst gedacht. Am Nachmittag schließt sich eine Gedenkveranstaltung am zentralen Mahnmal im Hydepark an, wo Premierminister Cameron und andere Kränze niederlegen werden.