Ein unerwünschter Monarch
"Mir bleibt auch nichts erspart" – hat der Herrscher der k.u.k.-Monarchie, Kaiser Franz Josef, einmal gesagt, und man kann ihn verstehen. Zur Kette der Unglücksfälle im Privatleben gehörte auch das politische Abenteuer seines Bruders Maximilian, der heute vor 150 Jahren Kaiser von Mexiko wurde.
"Die Erinnerung an die Martern, durch die er gehen mußte, an seine Verlassenheit fern von uns geht mit mir durchs Leben und ist ein unbeschreiblicher Schmerz."
Schrieb 1867 Sophie, Mutter des Erzherzogs Maximilian von Habsburg, nach dessen Hinrichtung verbittert in ihr Tagebuch. Hatte sie ihm denn nicht, drei Jahre zuvor, dringlich davon abgeraten, sich auf dieses lateinamerikanische Abenteuer einzulassen? Doch ihr Zweitgeborener und Lieblingssohn war es leid gewesen, nur der arbeitslose Bruder des Kaisers Franz Josef zu sein: Am 10. April 1864 nahm Maximilian auf seinem Schloss Miramar bei Triest die mexikanische Kaiserkrone an.
Schuldenprobleme bescheren Mexiko Monarchie
Was hatte ein Mitglied des österreichischen Kaiserhauses auf einem Thron in Mexiko zu suchen? Urheber der Idee war Kaiser Napoleon III., der sich 1851 in Frankreich an die Macht geputscht hatte. Mit dem fernen Mexiko verbanden ihn dessen Schulden. Das schon seit 1821 unabhängige Land war bankrott, tief beschädigt von einem Bürgerkrieg, in den der anhaltende Konflikt zwischen Großgrundbesitzern und Reformern gemündet war. Als der liberale Hoffnungsträger Benito Juarez, ein Mann aus dem indianischen Volk, Präsident wurde, beschnitt er Privilegien und Macht von Klerus und Oligarchie, begann eine Landreform – und stellte fürs erste die Zahlung der Auslandsschulden ein.
Einer der Gläubiger war eben Frankreich. Napoleon III. sah die Gelegenheit, in Lateinamerika eine französisch dominierte, katholisch-konservative Monarchie zu errichten. Vorbei am gewählten Präsidenten Juarez, der fortan von der mexikanischen Grenze aus den Widerstand gegen die französischen Truppen betrieb - und gegen den neuen Kaiser von Napoleons Gnaden, Maximilian. Ein Mann, zu dessen Ehrenrettung manches gesagt worden ist. Zum Beispiel vom österreichischen Historiker Ferdinand Anders, der in den 70er Jahren eine Ausstellung zum Thema kuratierte.
"Durch seine liberalen Einstellungen war das Verhältnis zu seinem Bruder und Kaiser manchmal gespannt."
Maximilian wird entmachtet und erschossen
Wie Franz Josefs Sohn, Kronprinz Rudolf, der später Selbstmord in Mayerling begehen sollte, war auch Maximilian das Gegenbild des stur-konservativen Kaisers: Phantasievoll, musisch, beliebt. Mit seiner Schwägerin Sissi verband ihn eine Neigung zu progressiven Einstellungen; dieser in Wien gepflegte unverbindliche Hang zur Revolte relativierte sich im harten Klima mexikanischer Wirklichkeit allerdings. Schon im Juli 1864 schrieb Maximilian:
"Von konstitutionellen Versuchen kann für den Augenblick nicht die Rede sein. Die guten Leute müssen zuerst gehorchen lernen, bevor sie mitreden dürfen."
"Von konstitutionellen Versuchen kann für den Augenblick nicht die Rede sein. Die guten Leute müssen zuerst gehorchen lernen, bevor sie mitreden dürfen."
Als er diesen Brief verfasste, hatte Maximilian noch genau drei Jahre zu leben: Kaum wurde Napoleon III. der Boden zu heiß unter den Füßen, ließ er seinen Paladin fallen; der bei den meisten Mexikanern unerwünschte "Monarch" wurde entmachtet und am 19. Juli 1867 erschossen. Benito Juarez machte sich mit dieser Entscheidung nicht nur Freunde, denn kaum jemand hätte Maximilian zu den Bösen gezählt. Immerhin war er weit gereist, engagiert und interessiert. Karl May ließ in seiner herrlich verzweigten Romanfolge "Waldröschen" einen Parteigänger von Benito Juarez das klassische Bild Maximilians zeichnen: als ein redliches Opfer des Schurken Napoleon.
Tadel selbst von Karl May
"Ich könnte ihn töten, ihn, der jetzt wieder einen wohlgesinnten, ehrlichen Fürsten ins Verderben führt!"
Aber selbst Karl May musste die Naivität dieses wohlgesinnten Fürsten tadeln, der einen gewählten Präsidenten ignorierte, sich auf einen erfundenen Thron setzte und ein sehr fremdes Land mit Reformplänen beglücken wollte, die unter anderem eine mehrere hundert Seiten lange Hofetikette enthielten. Aber vielleicht erklärt gerade solche Versponnenheit die Popularität einer welthistorischen Episode, die sich für Ferdinand Anders bis in die Antiquariate Wiens auswirkte.
"Wenn Mexicanas, vor allem Max-Schriften im Antiquariat auftauchen, sind sie sofort vergriffen. ... Es hängt da ein bisschen Romantik, ein wenig Schweifen in die Ferne daran."