Erstürmung der Düppeler Schanzen
Im Konflikt zwischen Dänemark sowie Preußen und Österreich ging es 1864 um Schleswig-Holstein. Die militärische Auseinandersetzung endete für Dänemark mit einer verheerenden Niederlage: Vor 150 Jahren stürmten die Preußen die Düppeler Schanzen.
Als ein überwältigendes Schauspiel erlebte der Schlachtenmaler Wilhelm Camphausen den 18. April 1864 durch die Linse seines Fernrohrs.
"Dämonisch, als speie die Erde sie aus, springen Tausende aus den verbergenden Gräben über die Brustwehr hinaus. Die Sturmfahnen werden entfaltet, und schon ist das ganze vorher so öde Blachfeld mit stürmenden Kriegern besät."
Es war zehn Uhr am Vormittag. Sechs Stunden hatte der Granathagel aus über 100 preußischen Geschützen gedauert. Soeben noch hatte ein Militärgeistlicher die im Laufgraben kauernden Soldaten zum Vertrauen auf Gott und die gerechte Sache gemahnt. Dann gaben Trommelwirbel und Trompeten das Angriffssignal.
"Sie kamen in langen Reihen vor uns aus dem Boden, sprangen ebenso schnell auf, duckten sich und stürmten los. Wir schossen ihnen mit unseren Gewehren ins Gesicht, und dann waren sie unter uns. Wir schlugen sie nieder, aber sie standen wieder auf. Sie kämpften hart, und es waren so entsetzlich viele",
erinnerte sich später ein dänischer Veteran an diesen Augenblick. Auf einer Linie von zwei Kilometern hatten 10.000 preußische Angreifer zehn Schanzen vor sich, mit Palisaden befestigte und mit Artillerie bestückte Erdwälle. Sie lagen auf einem Höhenzug, der sich nordöstlich von Flensburg zwischen dem Alsensund und einer Ostseebucht erstreckt. Die Verteidiger wehrten sich in wütenden Nahkämpfen.
"Ich sah andere neben mir, die mit geballter Faust zuschlugen oder sich gegenseitig in die Kehlen bissen."
Derweil intonierten in einem rückwärtigen deutschen Laufgraben 300 Militärmusiker den eigens zu diesem Anlass komponierten "Düppeler-Schanzen-Marsch". Schon nach fünf Minuten waren die ersten Wälle überrannt. Ein preußischer Augenzeuge:
"Was sich noch wehrte, wurde niedergemacht. Unsere Leute schlugen wacker drauf. An den Kanonen lagen die dänischen Artilleristen tot. Förmliche Blutlachen sah man in den Schanzen."
Entscheidende Niederlage im Krieg um Schleswig-Holstein
Nach vier Stunden Gemetzel waren auf beiden Seiten 2.000 Mann tot, die dänischen Truppen vom Festland auf die Insel Alsen abgedrängt. Für Dänemark war diese Schlacht die entscheidende Niederlage im Krieg um Schleswig und Holstein, den es gegen Preußen und Österreich riskiert hatte.
"Es war sehr dumm, so einen Krieg anzufangen. Es war ja eine junge Demokratie. Und sie hatten einen sehr starken Glauben an das dänische Militär. Aber das war es nicht. Sie hatten zu wenig Geld, sie hatten zu wenige Offiziere und so, das war sehr schlecht ausgerüstet, die dänische Armee damals",
erläutert der dänische Historiker Björn Östergaard. Zankapfel war das Herzogtum Schleswig. Im Süden sprach die Bevölkerung Deutsch. Im Norden Dänisch. Seit 1460 waren die dänischen Könige zugleich Herzöge von Schleswig und Holstein. Allerdings sollten beide Länder selbstständig bleiben. Damit wollten sich dänische Patrioten nun nicht mehr abfinden. Ihre Parole: Dänemark bis zur Eider. Also bis zur Südgrenze Schleswigs. Schon 1848 war es deswegen zum Krieg gekommen. Der Militärhistoriker Michael Epkenhans:
"Man kann den Konflikt nur erklären, wenn man begreift, dass hier zwei Nationalbewegungen aufeinanderstoßen. Die dänische, die versucht, alle Dänen, so wie das im Zeitalter des Nationalismus üblich war, in einem Staat zu vereinigen, und umgekehrt die deutsche, die gleichermaßen beanspruchte, alle Deutschen in einem Staat zu vereinigen, in einer Nation zusammenzubringen."
Otto von Bismarck lockte Dänemark in den Krieg
Als die Dänen 1863 in einer neuen Verfassung die Angliederung Schleswigs festschreiben wollten, lieferten sie Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck den Vorwand zum Waffengang. Dieser nannte es später sein diplomatisches Glanzstück, Dänemark in den Krieg gelockt zu haben.
Schon nach der ersten Woche zog sich die dänische Hauptstreitmacht vor dem preußisch-österreichischen Vormarsch in die Düppeler Stellung zurück. Das Bollwerk flößte auch den preußischen Militärs Respekt ein. Sie ließen sich zwei Monate Zeit. Bis sie genug Geschütze herangeführt hatten, um die Schanzen sturmreif zu schießen, und insgesamt 40.000 Angreifer 27.000 Verteidigern gegenüberstanden.
Für die Dänen war der Sturm auf die Düppeler Schanzen die blutigste Schlacht ihrer Geschichte. Das Land war danach ein anderes. Björn Östergaard:
"Vor 64 war Dänemark ein Gesamtstaat mit einem deutschen Teil und einem dänischen Teil und einem gemischten Teil, das war Schleswig. Nach 64 wurde es eigentlich ein Nationalstaat."