Vor 175 Jahren

Hoffmann von Fallersleben dichtet das "Lied der Deutschen"

Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft singen die Nationalhymne
Wenn im Stadion die Nationalhymne erklingt, rückt die Nation zusammen. © picture alliance / dpa / Thomas Eisenhuth
Von Bernd Ulrich |
Am 26. August 1841 schrieb Hoffmann von Fallersleben das “Lied der Deutschen” auf die Melodie eines Streichquartetts von Joseph Haydn. 1922 wurde es zur Nationalhymne erhoben, im Nationalsozialismus missbraucht und schließlich mit der dritten Strophe nach 1949 Nationalhymne der Bundesrepublik und auch des vereinten Deutschlands.
Die angeklungene Melodie des Streichquartetts C-Dur von Joseph Haydn, erstmals aufgeführt am 12. Februar 1797, erfreute sich schon zeitgenössisch großer Beliebtheit. Als "Kaiserquartett” kannte es auch August Heinrich Hoffmann, der sich nach seinem Geburtsort "von Fallersleben" nannte. Er dichtete auf die Melodie der monarchischen Hymne einen neuen Text.
Vier Dukaten soll er von seinem Verleger, dem Hamburger Julius Campe, für sein "Lied der Deutschen" bekommen haben, entstanden auf der Insel Helgoland am 26. August 1841. Kurz darauf erklang das Lied erstmals öffentlich bei einem patriotischen Fackelumzug in Hamburg. Aber erst nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurden der Autor, sein Lied und der dreistrophige Text bekannter, - im Folgenden in einer Aufnahme von 1925.
In seiner selbst gewählten Zuflucht auf der noch unter englischer Herrschaft stehenden Insel Helgoland hatte sich Hoffmann im August 1841 mit gleichgesinnten Patrioten getroffen. Ihr Ziel: Überwindung der Kleinstaaterei in dem seit 1815 bestehenden Deutschen Bund und Schaffung eines deutschen Nationalstaats.
Kinderliedautor und nationaler Eiferer
Hoffmann hatte erst Mitte der 1830er-Jahre seinen Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Breslau verloren. Seither tingelte er unter wechselnden Adressen und verfolgt von der Polizei durch jene deutschen Lande, die er in Einheit, Recht und Freiheit vereint sehen wollte. Bis dahin war von Fallersleben in einschlägigen Kreisen als wissenschaftlich exzellenter Philologe – aber auch als Kinderliedautor bekannt geworden.
"Alle Vögel sind schon da", "Kuckuck ruft's aus dem Wald", "Ein Männlein steht im Walde" - das sind nur einige Titel aus der Feder Hoffmanns. Doch zugleich politisierte er sich im Zuge der patriotischen Nationalstaatsbewegung – und wurde zum nationalen Eiferer. 1840/41 kamen schließlich seine "Unpolitischen Lieder” heraus - eine Sammlung von Texten gegen Fürstenherrlichkeit und Polizeiwillkür.
Es konnte damals einer Demokrat und dennoch Nationalist sein. Das berühmte "Deutschland über alles” war deshalb auch nicht Ausdruck germanisch-überheblicher Herrschsucht, sondern stand für die demokratische Hoffnung auf ein geeintes Vaterland. Ein preußischer Zensor schrieb 1841 über Hoffmanns lyrisches Werk:
Es werden in diesen Gedichten die öffentlichen und sozialen Zustände in Deutschland vielfach mit bitterem Spotte angegriffen, verhöhnt und verächtlich gemacht. Sie erwecken einen Geist, der zunächst für die Jugend, aber auch im Allgemeinen nur verderblich wirken kann.
Konrad Adenauer setzte auf das "Lied der Deutschen"
Nach dem Ersten Weltkrieg begann die Karriere des Hoffmann'schen Liedes als Nationalhymne. Auf dem "Verfassungstag” am 11. August 1922 begründete Reichspräsident Friedrich Ebert seine Auswahl:
Einigkeit und Recht und Freiheit! Dieser Dreiklang aus dem Liede des Dichters gab in Zeiten innerer Zersplitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Deutschen Ausdruck; es soll auch jetzt unseren harten Weg zu einer besseren Zukunft begleiten.
Der Missbrauch des Deutschlandliedes ab 1933 war unüberhörbar: Es galt mit seiner ersten Strophe quasi als zweite Hymne nach dem Horst-Wessel-Lied. "Deutschland, Deutschland über alles" blieb indessen auch nach 1945 für viele Menschen attraktiv.
Während die DDR sich rasch ihre eigene Hymne schuf, setzte vor allem Konrad Adenauer als erster Kanzler der Bundesrepublik auf das "Lied der Deutschen” und dessen dritte Strophe. Seinen Anfang nahm das am 18. April 1950 am Ende einer Veranstaltung im Berliner Titania-Palast – im Beisein alliierter Kontrollratsoffiziere -, bei der Adenauer das Publikum quasi überrumpelte:
"Wenn ich Sie nunmehr, meine Damen und Herren, bitte, die dritte Strophe des Deutschlandliedes zu singen, dann sei uns das ein heiliges Gelöbnis, dass wir ein einiges Volk, ein freies Volk und ein friedliches Volk sein wollen."
Die Attraktivität von Melodie und Lied überdauerte schließlich auch die Vereinigung beider deutscher Staaten, - ob mehr aus Gewohnheit oder in echter Zuneigung, bleibt offen.
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