Sonnenkönig auf der Suche nach Gewinnen
Europäische Kaufleute bereisten seit dem frühen 16. Jahrhundert die Weltmeere. Sie segelten auf Schiffen der Ostindien-Kompanien der Niederländer und der Briten und trieben Handel mit Asien. Auch Frankreich wollte ein Stück vom profitablen Kuchen abbekommen.
"Jedes Volk kann ein anderes aufsuchen und mit ihm Geschäfte machen. So spricht Gott selbst in der Natur: er reicht nicht überall des Lebens Notdurft gleichmäßig dar, sondern will, dass die Völker sich hier durch diese, dort durch jene Vorzüge auszeichnen. Warum? Weil Gott wollte, dass der Mangel hier und die Fülle da die Menschen freundschaftlich zusammenführe, damit sie nicht glaubten, jeder könne sich selbst genügen."
Mit seinem Werk "Mare Librum" schuf der holländische Rechtsgelehrte Hugo Grotius 1609 eine ideologische und wirtschaftliche Begründung für freien Handel, die europaweit Beachtung fand. Bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatten die Niederlande und Großbritannien Ostindien-Kompanien gegründet, um Pfeffer, Tee, Porzellan und Seide nach Europa zu verschiffen. Als die große Gewinne einbrachten, wollte Frankreich ihnen nacheifern.
Am 27. August 1664 rief König Ludwig XIV. die französische Ostindien-Kompanie mit Hauptsitz im südindischen Pondicherry ins Leben. Er versprach sich davon gute Geschäfte an den Küsten Afrikas und Indiens, in Südostasien, China und Japan. Doch die Franzosen kamen zu spät. Den Markt für das sogenannte Gold des Ostens, Gewürze, Reis oder Opium hatten Briten und Niederländer schon untereinander aufgeteilt. Übrig blieben vor allem Luxusgüter, die nach Paris geschickt wurden. Anne Kwaschik, Professorin am Frankreich-Zentrum der Freien Universität Berlin:
"Stoffe waren quasi der erste Verkaufsschlager, dann dicht gefolgt von Pfeffer und Mokka. Diese bunt bedruckten Kattungewebe, das kann man in jedem Schloss in Frankreich heute noch sehen, sind insbesondere für Wandteppiche benutzt worden und auch für Polsterungen von Sesseln, Stühlen, und so weiter. Sie hatten den Vorteil, dass sie durch diese bunten Muster sehr luxuriös wirkten und gleichzeitig einfacher zu behandeln waren als Seide."
Zur Stabilisierung der Staatskasse
Die Handelskompanie sollte vor allem die französische Staatskasse stabilisieren. Die vielen Kriege des Sonnenkönigs und das Prunkschloss von Versailles verschlangen enorme Summen. Deshalb wurden anfangs keine privaten Kaufleute an der Gesellschaft beteiligt, so wie bei der britischen und niederländischen Konkurrenz. Das rief vielerorts Kritiker auf den Plan.
"Das Argument war die Verarmung des Königreichs. Wenn jedes Jahr so hohe Geldsummen ausgeschifft werden, um Güter zu erstehen, die natürlich auch nur Luxusgüter waren, lag die Kritik nahe, dass das letztendlich nicht zur Sanierung des Staatshaushaltes führen würde, sondern zu dessen Bankrott."
Ludwig XIV., der dem Sultan von Bijapur das Fischerdorf Pondicherry abgekauft und zu französischen Territorium erklärt hatte, schickte zu Beginn der Handelssaison Schiffe mit Geld. 300 einheimische Angestellte organisierten damit den Handel, überwacht von einem Dubash, dem die Franzosen vertrauen konnten. Der musste deshalb, darauf bestanden vor allem die dort missionierenden Jesuiten, Christ sein. Diese religiöse Einmischung kollidierte 1710 mit den ökonomischen Interessen der Handelskompanie.
"Es gab einen neuen Dubash, der den Namen Naniapa trug, der bedeutendste, einflussreichste, angesehenste Handelsmann in Pondichéry, er hatte nur einen Fehler, er war Hindu. Und er hatte sich geweigert, sich taufen zu lassen. Er starb dann 1717 im Gefängnis. Die Jesuiten vor Ort hatten für diese Inhaftierung gesorgt. Der Sohn von Nanjapa ließ sich dann taufen und übernahm das Amt."
Durch Misswirtschaft musste sich die Gesellschaft verschulden
Auch Südindien blieb von kriegerischen Auseinandersetzungen nicht verschont. Zweimal eroberten die Niederländer Pondicherry. Die Handelskompanie war nach dem Tod ihres Protégés in Paris, des Wirtschaftsministers Baptist Colbert, nicht mehr zu retten. Inzwischen zugelassene private Kaufleute arbeiteten mit eigenen Profitinteressen gegen das staatliche Konzept Colberts. Durch Misswirtschaft musste sich die Gesellschaft in Indien verschulden, wurde dann zunächst mit der Französischen Westindienkompanie zusammengelegt und schließlich liquidiert, aber Pondicherry blieb bis 1954 die Hauptstadt Französisch Indiens. Bis heute hat die Stadt französisches Flair. Das Rathaus, die Verwaltungsgebäude und ein Viertel im Kolonialstil sind gut erhalten, und es gibt immer noch rund 7000 Einheimische mit französischem Pass.