Vor 50 Jahren begann die deutsch-französische Versöhnung
Heute eine Selbstverständlichkeit, hatte es Staatsbesuche bis zu jenem 4. September 1962, an dem Bundeskanzler Konrad Adenauer General de Gaulle in Bonn feierlich begrüßte, nicht gegeben. Die über Jahrhunderte von Franzosen und Deutschen gepflegte Erbfeindschaft war dafür ein zu unüberwindliches Hindernis.
"Es ist das erste Mal, dass der Präsident unseres Nachbarlandes Frankreich einen Staatsbesuch bei uns Deutschen macht. Allein dieser Umstand ... macht deutlich, dass der Besuch geschichtlichen Rang hat."
Heute eine Selbstverständlichkeit, hatte es Staatsbesuche bis zu jenem 4. September 1962, an dem Bundeskanzler Konrad Adenauer General de Gaulle in Bonn feierlich begrüßte, nicht gegeben. Die über Jahrhunderte von Franzosen und Deutschen gepflegte Erbfeindschaft war dafür ein zu unüberwindliches Hindernis. Umso bemerkenswerter, dass es im Sommer 1962 gleich zweimal überwunden wurde: zuerst vom deutschen Kanzler, der Anfang Juli nach Frankreich kam, dann vom französischen Staatschef, der zwei Monate später in der Bundesrepublik empfangen wurde. Bemerkenswert war auch, was der Gast beim offiziellen Empfang auf Schloß Brühl am Abend des 4. September Bundespräsident Heinrich Lübke zu sagen hatte.
"Monsieur le Président de la République Fédérale d'Allemagne ... es stimmt schon, dass Franzosen und Deutsche ... das ... verheerende Ringen aufgegeben haben ... . Aus dieser Versöhnung müssen wir eine gemeinsame Quelle der Macht, des Einflusses und der Tat machen. ... weshalb wollen wir einen solchen Zusammenschluss? Zunächst, weil wir
zusammen und direkt bedroht sind. ... Diesen Zusammenschluss wollen wir ebenfalls mit Aussicht ... auf eine internationale Verständigung, die es ... gestatten würde, nach Beendigung des herrschsüchtigen Strebens einer überholten Ideologie im Osten unseres Kontinents seine Einheit, ... seine Entwicklung vom atlantischen Ozean bis zum Ural herzustellen unter der zwingenden Bedingung, dass eine lebensvolle ... europäische Gemeinschaft im Westen betrieben wird, das heißt ... eine einzige und gleiche deutsch-französische Politik."
In der Hochzeit des Kalten Krieges reichte der französische Staatschef nicht nur die Hand zur Versöhnung. Er überraschte seine staunenden deutschen Zuhörer auch mit einem kühnen Zukunftsentwurf für ein wiedervereinigtes Europa, das auf einer deutsch-französischen Union gründen sollte. Das auf den ersten Blick schmeichelhafte Angebot, dessen Hintergedanke die Minderung des amerikanischen Einflusses in Westeuropa und die Führungsrolle Frankreichs zum Ziel hatte, war Teil einer groß angelegten Charmeoffensive, mit der der General auf seiner sechstägigen Rundreise für Frankreich warb.
" ... In Ihnen allen begrüße ich das ganze schaffende deutsche Volk. Sie alle fordere ich auf, zusammen mit mir ein neues Ereignis zu feiern, das größte unseres modernen Zeitalters, die Freundschaft zwischen ... (Beifall)."
So wie bei seinem Auftritt vor Thyssen-Stahlwerkern am 6. September in Duisburg gingen de Gaulles Ansprachen auch in anderen Städten oft in Beifallstürmen unter. Er sprach deutsch, scheute weder Pathos noch das Bad in der Menge und nannte die Deutschen "ein großes Volk". Solche Anerkennung aus dem Mund von Frankreichs erstem Widerstandskämpfer gegen Nazi-Deutschland war Balsam für die durch Krieg, Kriegsverbrechen und Niederlage gedemütigte deutsche Seele. Den Höhepunkt seiner Staatsvisite stellte freilich seine Rede an die deutsche Jugend am 9. September in Ludwigsburg dar. Vor fast 20.000 jugendlichen Zuhörern sagte er:
" ... Während unsere beiden Staaten die wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit fördern werden, sollte es Ihnen und der französischen Jugend obliegen, ... engere Bande zu knüpfen, ... sich besser kennenzulernen (Beifall)."
Das Ludwigsburger Finale seines Triumphzuges durch die Bundesrepublik lieferte die Initialzündung für das später gegründete deutsch-französische Jugendwerk. Noch während de Gaulle durch Westdeutschland reiste, begannen die Vorarbeiten für den "Elysée-Vertrag", der seitdem Franzosen und Deutsche in Freundschaft und Kooperation verbindet.
Das könnte Sie auch interessieren:
Frankreich, Deutschland und Sie? - Große Umfrage von Deutschlandradio, der ARD, Radio France und ARTE
Heute eine Selbstverständlichkeit, hatte es Staatsbesuche bis zu jenem 4. September 1962, an dem Bundeskanzler Konrad Adenauer General de Gaulle in Bonn feierlich begrüßte, nicht gegeben. Die über Jahrhunderte von Franzosen und Deutschen gepflegte Erbfeindschaft war dafür ein zu unüberwindliches Hindernis. Umso bemerkenswerter, dass es im Sommer 1962 gleich zweimal überwunden wurde: zuerst vom deutschen Kanzler, der Anfang Juli nach Frankreich kam, dann vom französischen Staatschef, der zwei Monate später in der Bundesrepublik empfangen wurde. Bemerkenswert war auch, was der Gast beim offiziellen Empfang auf Schloß Brühl am Abend des 4. September Bundespräsident Heinrich Lübke zu sagen hatte.
"Monsieur le Président de la République Fédérale d'Allemagne ... es stimmt schon, dass Franzosen und Deutsche ... das ... verheerende Ringen aufgegeben haben ... . Aus dieser Versöhnung müssen wir eine gemeinsame Quelle der Macht, des Einflusses und der Tat machen. ... weshalb wollen wir einen solchen Zusammenschluss? Zunächst, weil wir
zusammen und direkt bedroht sind. ... Diesen Zusammenschluss wollen wir ebenfalls mit Aussicht ... auf eine internationale Verständigung, die es ... gestatten würde, nach Beendigung des herrschsüchtigen Strebens einer überholten Ideologie im Osten unseres Kontinents seine Einheit, ... seine Entwicklung vom atlantischen Ozean bis zum Ural herzustellen unter der zwingenden Bedingung, dass eine lebensvolle ... europäische Gemeinschaft im Westen betrieben wird, das heißt ... eine einzige und gleiche deutsch-französische Politik."
In der Hochzeit des Kalten Krieges reichte der französische Staatschef nicht nur die Hand zur Versöhnung. Er überraschte seine staunenden deutschen Zuhörer auch mit einem kühnen Zukunftsentwurf für ein wiedervereinigtes Europa, das auf einer deutsch-französischen Union gründen sollte. Das auf den ersten Blick schmeichelhafte Angebot, dessen Hintergedanke die Minderung des amerikanischen Einflusses in Westeuropa und die Führungsrolle Frankreichs zum Ziel hatte, war Teil einer groß angelegten Charmeoffensive, mit der der General auf seiner sechstägigen Rundreise für Frankreich warb.
" ... In Ihnen allen begrüße ich das ganze schaffende deutsche Volk. Sie alle fordere ich auf, zusammen mit mir ein neues Ereignis zu feiern, das größte unseres modernen Zeitalters, die Freundschaft zwischen ... (Beifall)."
So wie bei seinem Auftritt vor Thyssen-Stahlwerkern am 6. September in Duisburg gingen de Gaulles Ansprachen auch in anderen Städten oft in Beifallstürmen unter. Er sprach deutsch, scheute weder Pathos noch das Bad in der Menge und nannte die Deutschen "ein großes Volk". Solche Anerkennung aus dem Mund von Frankreichs erstem Widerstandskämpfer gegen Nazi-Deutschland war Balsam für die durch Krieg, Kriegsverbrechen und Niederlage gedemütigte deutsche Seele. Den Höhepunkt seiner Staatsvisite stellte freilich seine Rede an die deutsche Jugend am 9. September in Ludwigsburg dar. Vor fast 20.000 jugendlichen Zuhörern sagte er:
" ... Während unsere beiden Staaten die wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit fördern werden, sollte es Ihnen und der französischen Jugend obliegen, ... engere Bande zu knüpfen, ... sich besser kennenzulernen (Beifall)."
Das Ludwigsburger Finale seines Triumphzuges durch die Bundesrepublik lieferte die Initialzündung für das später gegründete deutsch-französische Jugendwerk. Noch während de Gaulle durch Westdeutschland reiste, begannen die Vorarbeiten für den "Elysée-Vertrag", der seitdem Franzosen und Deutsche in Freundschaft und Kooperation verbindet.
Das könnte Sie auch interessieren:
Frankreich, Deutschland und Sie? - Große Umfrage von Deutschlandradio, der ARD, Radio France und ARTE