Vor 500 Jahren starb Giovanni Bellini

Meister der subtilen Farbgebung

Ausschnitt aus einem Bild von Bellini, welches die Madonna mit Kind, Johannes den Täufer und die Heilige Elisabeth zeigt
Ausschnitt aus einem Bild von Bellini, welches die Madonna mit Kind, Johannes den Täufer und die Heilige Elisabeth zeigt © picture alliance / dpa / Städel: David Hall
Von Carmela Thiele |
Der venezianische Maler Giovanni Bellini konnte die Harmonie der Farben und Formen steigern wie kaum ein anderer. Carmela Thiele erinnert an einen der führenden Maler der venezianischen Renaissance, der heute vor 500 Jahren starb.
Venedig war an der Schwelle zur Renaissance eine mächtige und reiche Stadt. Kirchen und Klöster gaben Altarbilder in Auftrag, die Republik leistete sich Fresken, die die Geschichte der Stadt verherrlichten.
Mehr als andere prägten Giovanni Bellini und seine Werkstatt den Übergang der venezianischen Malerei von der Frührenaissance, des Quattrocento, zur Hochrenaissance. Die Künstler hatten damals vielen Ansprüchen zu genügen. Das Thema, meist eine Episode aus der Bibel, musste geistreich erzählt sein, durfte jedoch nicht zu sehr von den Vorbildern abweichen. Der Raum musste nach den Gesetzen der Zentralperspektive konstruiert und die Figuren lebendig dargestellt sein.

Bellini schwenkte auf Ölfarben um

Bellini perfektionierte im Laufe seiner Karriere diese Vorgaben, brillierte aber darüber hinaus mit besonders subtiler Farbgebung. Das war nicht allein eine Frage des Talents. Bislang war es in Venedig üblich, mit Temperafarben zu malen. Giovanni schwenkte auf Ölfarben um, die sehr viel mehr Nuancen etwa bei der Darstellung der Schatten ermöglichten.
Den Anstoß zu diesem Wechsel gab der um 1473 nach Venedig reisende Antonello da Messina, der wahrscheinlich in Neapel die bereits in Flandern übliche Ölmalerei erlernt hatte. Der Kunsthistoriker Oskar Bätschmann:
"Ja, das ist ja eine der schönen Geschichten, die man in Venedig vor allem auch zugespitzt hat. Dass Giovanni Bellini, ich erwähne es, sich als Edelmann verkleidet habe oder als Senator, venezianischer Senator, und dann zu Antonello da Messina geschlichen sei und das Geheimnis der Ölmalerei ausspioniert habe."
Das genaue Alter Bellinis ist nicht bekannt. Es wird angenommen, dass er zwischen 1430 und 1435 in Venedig geboren wurde. Er war der Sohn des Malers Jacopo Bellini, von dem er ausgebildet wurde wie auch sein älterer Bruder Gentile. Das Vermächtnis Jacopos bestand aus zwei umfangreichen Musterbüchern, die heute zu den Kostbarkeiten des Louvre und des British Museum gehören. Als er 1470 starb, hatten ihn seine Söhne längst übertroffen.

Produktiver Wettstreit mit anderen Malern

Kurz darauf erschien Antonello da Messina auf der Bühne Venedigs. Giovanni Bellini begab sich mit dem Neuankömmling in einen produktiven Wettstreit, den er am Ende gewann. Einer der ersten Chronisten der Kunstgeschichte, Giorgio Vasari, zu einem der Meisterwerke Bellinis:
"Derselbe malte in der Kirche San Giobbe am Altar des gleichnamigen Heiligen mit viel disegno und wunderschönem Kolorit eine Tafel, in deren Zentrum er leicht erhöht die sitzende Madonna mit dem Kind im Arm und die nackten Figuren der Heiligen Hiob und Sebastian schuf und im unteren Teil drei Knaben, die mit großer Anmut musizieren. Dieses Gemälde wurde nicht nur damals, als es neu war, gelobt, sondern ist auch später immer noch als wunderschönes Werk gepriesen worden."
Andere von Bellini bevorzugte Bildmotive waren Christus im Grabe und die Madonna als Halbfigur. Der Maler war um 1500 so beschäftigt, dass er es sich sogar erlauben konnte, eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Renaissance, Isabella d'Este aus Mantua, zu verärgern. Jahrelang stritten sie über das Thema eines von ihr bestellten Werks. Ob Bellini es je ablieferte, ist unbekannt. Sein Alleinstellungsmerkmal blieb jedoch die besondere Farbgebung.
"Man kann wirklich feststellen, auch im Vergleich mit Zeitgenossen wie Cima da Conegliano oder Schülern, dass es Giovanni Bellini gelungen ist, mit den Farben eine neue, bisher nicht gekannte Harmonie, das heißt, eine Abstimmung aller Farben aufeinander und eine Steigerung der Farben zu erreichen. In Bezug auf das Kolorit ist das seine große Leistung, und das ist ja etwas, was Genies wie Giorgione und Tizian fortgeführt haben."

Der Meister züchtete die Konkurrenz selbst

Noch 1506 berichtete Albrecht Dürer von seiner zweiten Venedig-Reise, dass Bellini weiterhin der größte Maler der Stadt sei. Der Meister hatte sich jedoch in der eigenen Werkstatt eine nicht mehr einzuholende Konkurrenz herangezüchtet. Giorgione wurde zum Meister des Inkarnats, der Darstellung nackter Haut, Tizian stieg europaweit zum gefragten Porträtisten von Kaisern und Königen auf. Dies erlebte Giovanni Bellini allerdings nicht mehr. Er starb am 29. November 1516 in Venedig und wurde in der Dominikanerkirche Giovanni e Paolo beigesetzt, der Grablege, die von den Dogen Venedigs bevorzugt wurde.
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