Vor 60 Jahren begann die Potsdamer Konferenz
Am 17. Juli 1945 begann in Potsdam die Konferenz zwischen den drei Siegermächten, den Vereinigten Staaten, Großbritannien und der Sowjetunion. Sie sollte den Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg in Europa ziehen. Doch die Hoffnungen auf eine dauerhafte Friedensordnung erwiesen sich bald als trügerisch.
Am Abend des 9. August 1945, wenige Tage nach dem Ende der Potsdamer Konferenz, wandte sich der amerikanische Präsident Harry S. Truman über den Rundfunk an das amerikanische Volk:
" Meine amerikanischen Landsleute, ich bin gerade von Berlin zurückgekehrt - der Stadt, von der aus die Deutschen die Welt beherrschen wollten. Es ist eine Geisterstadt, die Gebäude liegen in Trümmern, Wirtschaft und Menschen sind ruiniert. Die Deutschen beginnen nun, für ihre Verbrechen zu sühnen und für die Gangster, die sie an die Macht brachten und denen sie rückhaltlos zustimmten und gehorsam folgten."
Die Rechnung wurde auf der Konferenz präsentiert, die vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 in Potsdam bei Berlin tagte. Die Wahl des Ortes hatte symbolische Bedeutung. Potsdam galt als Wiege des preußischen Militarismus, von dem - der Deutung der Siegermächte zufolge - das ganze Unheil für Deutschland und die Welt ausgegangen war. Allerdings wurde der Tagungsort streng geheim gehalten. Der Journalist Hans Habe, der während der Dauer der Konferenz seinem Schwiegervater, dem amerikanischen Botschafter Joseph E. Davies, als Adjutant zugeordnet war, erinnerte sich zwanzig Jahre später:
" Wohl wussten die Deutschen, dass über ihr Schicksal die drei Sieger irgendwo in Deutschland berieten und entschieden, aber dass das im Palais Cecilienhof in Potsdam, einst Landsitz des Kronprinzen Wilhelm, später deutsches und russisches Lazarett, geschehen sollte, war nicht einmal den Generalen der Besatzungsmächte bekannt."
Neben Truman nahmen der britische Premierminister Winston Churchill und der sowjetische Diktator Stalin an einem runden Tisch von drei Metern Durchmesser Platz, der eigens in Moskau angefertigt worden war. Äußerlich herrschte Eintracht, doch in Wirklichkeit waren die Beratungen von tiefem gegenseitigem Misstrauen geprägt. Churchill zeigte sich beunruhigt über die von Stalin unverhohlen vorangetriebene Sowjetisierung Osteuropas. In einem Telegramm an Truman vor Beginn der Konferenz hatte er erstmals von dem "Eisernen Vorhang" gesprochen, der sich vor die russische Front gesenkt habe. Rasch spitzten sich die Diskussionen auf die Kernfrage zu: Wo sollte die Grenze des in vier Besatzungszonen geteilten Deutschlands im Osten verlaufen? Bereits auf der Konferenz in Jalta vom Februar 1945 hatten sich Amerikaner und Briten dem Verlangen nach einer Verschiebung der polnischen Westgrenze bis an die Oder-Neiße-Linie widersetzt. Doch inzwischen hatte Stalin Fakten geschaffen, indem er die Zivilverwaltung über die ehemaligen ostdeutschen Gebiete einer sowjethörigen polnischen Regierung übertragen hatte. Den westlichen Alliierten blieb kaum etwas anderes übrig, als dieser Tatsache Rechnung zu tragen, auch wenn die endgültige Regelung der deutsch-polnischen Grenzfrage einer Friedenskonferenz vorbehalten bleiben sollte.
Umstritten war auch die Frage der deutschen Reparationen. Schließlich einigte man sich darauf, dass jede Besatzungsmacht ihre Ansprüche aus ihrer Zone bedienen sollte; die Sowjetunion sollte zusätzlich aus den Westzonen 15 Prozent der Industrieanlagen gegen Lieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen und 10 Prozent ohne Gegenleistung erhalten.
Die dominierende Figur während der Plenarsitzungen und der anschließenden Staatsbankette war ohne Zweifel Stalin. Hans Habe hatte Gelegenheit, ihn aus nächster Nähe zu beobachten:
" Er war viel kleiner, als ich ihn mir vorgestellt hatte, und liebte es daher, sich in Positur zu werfen. In seiner weißen Uniform, ich sah ihn nie anders, erinnerte er mich an die alten Zarenbilder. Obwohl er selbst Präsident Truman als Vorsitzenden der Konferenz vorgeschlagen hatte, gebärdete er sich durchaus als der Gastgeber in Potsdam. Ich muss gestehen, dass er für diese Rolle umso geeigneter war, als er nicht nur, was ich erwartet hatte, den Eindruck einer gewaltigen Persönlichkeit machte, sondern auch, was mich überraschte, ungemein charmant sein konnte. Kein Hollywooder Gesellschaftslöwe hätte sich liebenswürdiger geben können, als es der sowjetische Diktator bei einem Empfang tat, zu dem er die Delegationen geladen hatte."
Am 26. Juli erlitten Churchill und seine konservative Partei bei den Wahlen zum britischen Unterhaus eine empfindliche Niederlage. Sein Nachfolger, der Labour-Führer Clement Attlee, traf zwei Tage später in Potsdam ein. Danach schleppten sich die Verhandlungen nur noch mühsam dahin. Truman und Stalin drängten auf ein Ende, obwohl vieles in der Schwebe geblieben war. Im Schlusskommuniqué wurde die vollständige Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands gefordert, zugleich aber betont, es sei nicht die Absicht der Siegermächte, "das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven". Vielmehr sollte ihm die Chance gegeben werden, sich auf demokratischer und friedlicher Grundlage neu zu organisieren - ein Versprechen, das die Sowjets in ihrer Besatzungszone von Anfang an torpedierten.
Trotz des provisorischen Charakters feierte Truman nach seiner Rückkehr das Potsdamer Abkommen als Beginn einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung:
" Die drei großen Mächte sind mehr denn je fest verbunden in der Entschlossenheit, diesen Frieden zu erreichen. Ausgehend von den Konferenzen in Teheran und auf der Krim, in San Francisco und Berlin werden wir fortfahren, gemeinsam einem dauerhaften Frieden und einer glücklichen Welt zuzustreben."
Doch das war eine schöne Illusion. Denn tatsächlich markierte die Potsdamer Konferenz das Ende der Allianz zwischen den Siegermächten und den Beginn des "Kalten Krieges". Er sollte fast ein halbes Jahrhundert dauern - bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der neunziger Jahre.
" Meine amerikanischen Landsleute, ich bin gerade von Berlin zurückgekehrt - der Stadt, von der aus die Deutschen die Welt beherrschen wollten. Es ist eine Geisterstadt, die Gebäude liegen in Trümmern, Wirtschaft und Menschen sind ruiniert. Die Deutschen beginnen nun, für ihre Verbrechen zu sühnen und für die Gangster, die sie an die Macht brachten und denen sie rückhaltlos zustimmten und gehorsam folgten."
Die Rechnung wurde auf der Konferenz präsentiert, die vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 in Potsdam bei Berlin tagte. Die Wahl des Ortes hatte symbolische Bedeutung. Potsdam galt als Wiege des preußischen Militarismus, von dem - der Deutung der Siegermächte zufolge - das ganze Unheil für Deutschland und die Welt ausgegangen war. Allerdings wurde der Tagungsort streng geheim gehalten. Der Journalist Hans Habe, der während der Dauer der Konferenz seinem Schwiegervater, dem amerikanischen Botschafter Joseph E. Davies, als Adjutant zugeordnet war, erinnerte sich zwanzig Jahre später:
" Wohl wussten die Deutschen, dass über ihr Schicksal die drei Sieger irgendwo in Deutschland berieten und entschieden, aber dass das im Palais Cecilienhof in Potsdam, einst Landsitz des Kronprinzen Wilhelm, später deutsches und russisches Lazarett, geschehen sollte, war nicht einmal den Generalen der Besatzungsmächte bekannt."
Neben Truman nahmen der britische Premierminister Winston Churchill und der sowjetische Diktator Stalin an einem runden Tisch von drei Metern Durchmesser Platz, der eigens in Moskau angefertigt worden war. Äußerlich herrschte Eintracht, doch in Wirklichkeit waren die Beratungen von tiefem gegenseitigem Misstrauen geprägt. Churchill zeigte sich beunruhigt über die von Stalin unverhohlen vorangetriebene Sowjetisierung Osteuropas. In einem Telegramm an Truman vor Beginn der Konferenz hatte er erstmals von dem "Eisernen Vorhang" gesprochen, der sich vor die russische Front gesenkt habe. Rasch spitzten sich die Diskussionen auf die Kernfrage zu: Wo sollte die Grenze des in vier Besatzungszonen geteilten Deutschlands im Osten verlaufen? Bereits auf der Konferenz in Jalta vom Februar 1945 hatten sich Amerikaner und Briten dem Verlangen nach einer Verschiebung der polnischen Westgrenze bis an die Oder-Neiße-Linie widersetzt. Doch inzwischen hatte Stalin Fakten geschaffen, indem er die Zivilverwaltung über die ehemaligen ostdeutschen Gebiete einer sowjethörigen polnischen Regierung übertragen hatte. Den westlichen Alliierten blieb kaum etwas anderes übrig, als dieser Tatsache Rechnung zu tragen, auch wenn die endgültige Regelung der deutsch-polnischen Grenzfrage einer Friedenskonferenz vorbehalten bleiben sollte.
Umstritten war auch die Frage der deutschen Reparationen. Schließlich einigte man sich darauf, dass jede Besatzungsmacht ihre Ansprüche aus ihrer Zone bedienen sollte; die Sowjetunion sollte zusätzlich aus den Westzonen 15 Prozent der Industrieanlagen gegen Lieferung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen und 10 Prozent ohne Gegenleistung erhalten.
Die dominierende Figur während der Plenarsitzungen und der anschließenden Staatsbankette war ohne Zweifel Stalin. Hans Habe hatte Gelegenheit, ihn aus nächster Nähe zu beobachten:
" Er war viel kleiner, als ich ihn mir vorgestellt hatte, und liebte es daher, sich in Positur zu werfen. In seiner weißen Uniform, ich sah ihn nie anders, erinnerte er mich an die alten Zarenbilder. Obwohl er selbst Präsident Truman als Vorsitzenden der Konferenz vorgeschlagen hatte, gebärdete er sich durchaus als der Gastgeber in Potsdam. Ich muss gestehen, dass er für diese Rolle umso geeigneter war, als er nicht nur, was ich erwartet hatte, den Eindruck einer gewaltigen Persönlichkeit machte, sondern auch, was mich überraschte, ungemein charmant sein konnte. Kein Hollywooder Gesellschaftslöwe hätte sich liebenswürdiger geben können, als es der sowjetische Diktator bei einem Empfang tat, zu dem er die Delegationen geladen hatte."
Am 26. Juli erlitten Churchill und seine konservative Partei bei den Wahlen zum britischen Unterhaus eine empfindliche Niederlage. Sein Nachfolger, der Labour-Führer Clement Attlee, traf zwei Tage später in Potsdam ein. Danach schleppten sich die Verhandlungen nur noch mühsam dahin. Truman und Stalin drängten auf ein Ende, obwohl vieles in der Schwebe geblieben war. Im Schlusskommuniqué wurde die vollständige Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands gefordert, zugleich aber betont, es sei nicht die Absicht der Siegermächte, "das deutsche Volk zu vernichten oder zu versklaven". Vielmehr sollte ihm die Chance gegeben werden, sich auf demokratischer und friedlicher Grundlage neu zu organisieren - ein Versprechen, das die Sowjets in ihrer Besatzungszone von Anfang an torpedierten.
Trotz des provisorischen Charakters feierte Truman nach seiner Rückkehr das Potsdamer Abkommen als Beginn einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung:
" Die drei großen Mächte sind mehr denn je fest verbunden in der Entschlossenheit, diesen Frieden zu erreichen. Ausgehend von den Konferenzen in Teheran und auf der Krim, in San Francisco und Berlin werden wir fortfahren, gemeinsam einem dauerhaften Frieden und einer glücklichen Welt zuzustreben."
Doch das war eine schöne Illusion. Denn tatsächlich markierte die Potsdamer Konferenz das Ende der Allianz zwischen den Siegermächten und den Beginn des "Kalten Krieges". Er sollte fast ein halbes Jahrhundert dauern - bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der neunziger Jahre.