Eine Atombombe zerstört Hiroshima
Heute vor 70 Jahren haben die USA die erste Atombombe über ein von Menschen besiedeltes Gebiet abgeworfen - über der japanischen Stadt Hiroshima. Mehr als 140.000 Menschen wurden sofort getötet. Am Jahrestag finden zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt.
"A short time ago an American aeroplane dropped one bomb on Hiroshima." (Soeben hat ein amerikanisches Flugzeug eine Bombe auf Hiroshima abgeworfen.) Der Präsident der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, über den Abwurf der ersten Atombombe auf ein von Menschen besiedeltes Gebiet: die japanische Hafenstadt Hiroshima. Sie wurde am frühen Morgen des 6. August 1945, genau um acht Uhr fünfzehn, dem Erdboden gleichgemacht. Mehr als 140.000 Menschen starben unmittelbar nach dem Abwurf. Die Zahl derjenigen, die den Spätfolgen der radioaktiven Strahlung zum Opfer fielen, liegt deutlich darüber. Drei Tage später fiel die zweite Bombe - auf Nagasaki; auch dort mit verheerenden Folgen.
Harry S. Truman begründete den Einsatz damit, dass er einen Einmarsch in Japan überflüssig gemacht und somit das Leben von Hunderttausenden amerikanischen Soldaten gerettet habe. Eine zynische Erklärung, denn die Angriffe trafen die Zivilbevölkerung; vor allem Mütter mit Kindern. Unter den Opfern waren außerdem zahlreiche koreanische Zwangsarbeiter und auch amerikanische Militärangehörige.
Heute sind sich die Historiker weltweit darüber einig, dass die japanische Kapitulation unmittelbar bevorstand. Das Land war längst geschlagen und selbst hochrangige amerikanische Militärs waren vom Nutzen und der moralischen Rechtfertigung für einen Einsatz der Bomben nicht überzeugt. Wenige Tage später, am 15. August erklärte der japanische Kaiser Hirohito in einer Rundfunkansprache die bedingungslose Kapitulation, die das Ende des Zweiten Weltkriegs in Asien markierte.
"Der Kriegsverlauf hat sich nicht unbedingt zu Japans Vorteil entwickelt. Sollten wir den Kampf fortsetzen, wird die völlige Vernichtung unserer Nation die Folge sein. Wir müssen dulden und ertragen, was untragbar scheint."
Während die vermeintliche Rettung von Menschenleben Teil der amerikanischen Erinnerung an Hiroshima geworden ist, ist Hiroshima - auch stellvertretend für Nagasaki - heute ein zentrales Element der japanischen Gedenkkultur. Hans Martin Krämer, Professor für Japanologie in Heidelberg:
"Es ist sicher so, dass Hiroshima für die Opferperspektive steht. Und dass es wirklich eine Metapher, ein Kurzwort ist für die japanischen Kriegsopfer, die auch gut benutzbar ist, ohne überhaupt die Täterperspektive zu thematisieren."
Rolle des Tennos wird erst jetzt thematisiert
Dabei, das betont Hans Martin Krämer, gibt es durchaus Stimmen progressiv links eingestellter Historiker in Japan, die immer wieder mahnen, die Täter-Perspektive nicht zu verschweigen.
So wird zum Beispiel die Rolle des Tennos wird im Zusammenhang mit den Toten von Hiroshima und Nagasaki in den letzten Jahren verstärkt diskutiert. Lange existierte der Mythos, Kaiser Hirohito wäre in politische Entscheidungen über die Kriegsführung nicht aktiv involviert gewesen. Nach dem Tod von Hirohito im Jahr 1989 fielen diese Tabus. Aus jetzt veröffentlichten Tagebucheinträgen und Erinnerungen geht hervor, dass der Tenno keine Marionette war, sondern an der Entwicklung von Kriegsstrategien beteiligt und in die Durchführung von militärischen Operationen eingeweiht.
"Gerade vor ein paar Monaten hat das kaiserliche Hofamt die offizielle Chronik der Regierungszeit des Tenno Hirohito veröffentlicht. Das sind 12.000 Seiten basierend auf etwa 350 Originaldokumenten. Private Aufzeichnungen des Tennos gibt's da nicht drin, sondern auch die haben sich im Wesentlichen aus Tagebüchern des Umfeldes des Tennos bedient."
Der Tenno hat, wie aus der offiziellen Chronik seiner Regierungszeit hervorgeht, das Kriegsende verzögert. Damit ist erwiesen, dass er für den Krieg und für die Toten von Hiroshima und Nagasaki mitverantwortlich ist - und auch für die heute noch lebenden Strahlenopfer, die sogenannten Hibakusha, die in der Gesellschaft diskriminiert wurden und jahrzehntelang um ihre Anerkennung als Opfer und eine Sonderrente kämpfen mussten.
"Es gibt noch über 200.000. Das ist ein Drittel derjenigen, die überhaupt als Hibakusha eingestuft wurden. Obwohl die natürlich mittlerweile im Durchschnitt 80 Jahre alt sind."
Die Gedenkfeiern zum 70. Jahrestag beschränken sich auf die zwei Städte Hiroshima und Nagasaki, werden aber im ganzen Land aufmerksam verfolgt. In Hiroshima findet unter anderem auch die Abrüstungskonferenz der Vereinten Nationen statt. Wie in jedem Jahr seit 1946 wird auch in diesem Jahr die Friedensglocke von Hiroshima an die Katastrophe und deren Opfer erinnern.