Vor 80 Jahren ist Antonio Machado gestorben

Immer mit der Sprache des Volkes verbunden

Der spanische Lyriker Antonio Machado (1875-1939)
Antonio Machado konnte mit einfachen Worten komplexe Sachverhalte beschreiben © picture alliance / Heritage
Von Julia Macher |
Antonio Machado gilt als einer der bedeutendsten spanischen Schriftsteller der Moderne. Viele seiner Verse sind in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen. Die Umstände seines Todes haben ihn zu einer Symbolfigur gemacht.
"Kleiner Spanier, der du zur Welt kommst, behüte dich Gott!
Eines der beiden Spanien wird dein Herz gefrieren lassen."
Als Antonio Machado diese Verse 1912 schrieb, ahnte er nicht, dass sie auch über 100 Jahre später noch fest im Sprachgebrauch verankert sein sollten. Konzise brachte der Dichter damals Spaniens historische Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne auf den Punkt. Komplexe Gedanken in schlichte Worte zu fassen – diese Kunst beherrschte der spanische Dichter wie kein Zweiter. Für den Literaturwissenschaftler Manuel Aznar Soler von der Autonomen Universität Barcelona macht ihn das – und seine klare politische Überzeugung - zu einer Ausnahmeerscheinung.

Der Traum von einem neuen Spanien

"Das Besondere ist nicht das Was, sondern das Wie. Als Spanien im Kuba-Krieg 1898 seine letzte Kolonie verliert und das Reich zerfällt, wird die Beschäftigung mit Spanien für viele Denker zur Obsession. Auch Antonio Machado treibt die Idee einer Regeneration Spaniens um. Aber ihm geht es nicht um die Wiedergeburt des Reichs, sondern um die Entstehung eines neuen Spaniens – eines hoffnungsstiftenden gemeinsamen Projekts."
Antonio Machado, geboren am 26. Juli 1875 in Sevilla, wuchs in einer liberalen, bürgerlichen Familie auf. Die Eltern schickten drei ihrer acht Kinder auf die Madrider Reformschule Institución Libre de Enseñanza. Gemeinsam mit seinem Bruder Manuel erkundete Antonio die Intellektuellenzirkel der spanischen Hauptstadt und entdeckte auf Reisen nach Paris Paul Verlaine und den Symbolismus.
Doch seine prägendsten Erfahrungen machte Machado als Gymnasiallehrer in der Provinz, in Soria, Baeza, Segovia. Er war fasziniert von der kargen Weite Kastiliens. Die Landschaft der Hochebene wurde für ihn zur Metapher der menschlichen Natur – und zum Sinnbild Spaniens. In seinem Hauptwerk "Campos de Castilla", "Kastilische Landschaften" setzt er ihr ein literarisches Denkmal.

"Oh karges, hartes Land!
Kastilien, deine Städte, die verfallen!
Die herbe Schwermut, die da haust gebannt
in deinen düstren Einsamkeiten allen.
(...)
Armes Kastilien! Gestern herrschend in weitem Kreis.
Heut in Lumpen, verachtend all das, was es nicht weiß."

Die große Liebe des Dichters

In der Provinzhauptstadt Soria lernte der Dichter auch seine große Liebe kennen. Leonor, die gerade einmal 14-jährige Tochter seines Pensionswirtes, wurde Machados Muse und Ehefrau.
In dem ihr gewidmeten und von Joan Manel Serrat vertonten Gedicht "A un olmo seco" besingt Machado eine trockene Ulme, die nach April-Regen und Mai-Sonne neue Blätter treibt. Eine vergebliche Hoffnung: Leonor litt an Tuberkulose und starb mit nur 18 Jahren. Der Schriftsteller brauchte Jahre, um sich von diesem Schicksalsschlag zu erholen und zu seiner literarischen Stimme zurückzufinden.
Als am 14. April 1931 die Zweite Spanische Republik ausgerufen wurde, wollte der überzeugte Republikaner das neue Land als Journalist und Autor mitgestalten und schuf sich ein Alter Ego.
"Antonio Machado war ein überzeugter Demokrat und blieb Zeit seines Lebens der Republik treu. Er kämpfte für sie mit den Waffen, die ihm zur Verfügung standen: neben seiner Poesie war das zunehmend die Prosa. Über die Kunstfigur des Hochschulprofessors Juan de Mairena kritisiert Machado die pedantische, hochgestochene Sprache der angeblichen Intellektuellen. Er selbst wollte als Dichter immer mit der Sprache des Volkes verbunden sein."
Das machte Machado zum Vorzeigedichter der Zweiten Republik. Als mit Francos Putsch der Bürgerkrieg begann, evakuierte die Regierung ihn zunächst nach Valencia, dann nach Barcelona. Im Januar 1939 floh er mit seiner greisen Mutter und einem Bruder in einem riesigen Flüchtlingstreck vor den anrückenden Franco-Truppen über die verschneiten Pyrenäen. Völlig entkräftet und besitzlos, erreichte die Familie das französische Collioure, die Koffer mit der letzten Habe musste sie unterwegs stehen lassen.

Tod nach nur einem Monat im französischen Exil

Mit leichtem Gepäck, fast nackt, wie die Söhne des Meeres wolle er zu seiner letzten Reise aufbrechen, schrieb Machado in einem seiner Gedichte. Am 22. Februar 1939 starb der spanische Dichter, nach nur einem Monat im französischen Exil. Neben seinem Grab steht ein Briefkasten, in den Besucher noch heute Notizen und Gedichte werfen.
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