Religion, Familie, Europa - alles Kulturfragen
Kultur ist für die AfD ein Schlüsselbegriff zur Standortbestimmung der Deutschen. Stefan Maas hat sich mit dem Kulturbegriff der Partei auf Basis ihres Programmentwurfs mal genauer beschäftigt.
"Deutschland gehört zu den großen europäischen Kulturnationen."
So beginnt das Kapitel im Programmentwurf der Alternative für Deutschland mit dem Titel "Kultur, Sprache und Identität".
Wenige Zeilen später heißt es:
"Die AfD erachtet es als eines ihrer vorrangigen politischen Ziele, dieses große Kulturerbe für die kommenden Generationen nicht nur zu bewahren, sondern es im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung weiterzuentwickeln und seine unverwechselbaren Eigenheiten zu erhalten."
Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates fallen beim Blick in den Programmentwurf vor allem zwei Dinge auf. Erstens: Der Teil, der sich unter der Überschrift Kultur konkret mit ebendieser beschäftigt, ist mit zwei Seiten sehr übersichtlich. Man dürfe sich von diesen knappen Stichpunkten aber nicht beirren lassen, sagt er:
"Ich glaube, es ist nicht nur dort Kultur zu finden, wo auch Kultur draufsteht, sondern man findet fast in jedem anderen Kapitel auch Kultur."
Religion, Familie, Europa - alles Kulturfragen
Denn, zweitens, der AfD gehe es um eine neue Standortbestimmung. Religion und Islam – eine Kulturfrage. Die Zukunft Europas, Gesellschaft und Familie – Kulturfragen.
"Das Spannende ist, dass die AfD die Kultur als Schutzschild für sich benutzt und sagt, wir sind ja noch diejenigen, die die Kultur schützen. Nämlich unsere Kultur schützen. Letztendlich ist es eine Wagenburgkulturmentalität. Das heißt, wir sitzen drinnen und von außen kommen wilde Horden, Europäer, Moslems, Geflüchtete, und die wollen, letztendlich uns unsere Kultur streitig machen."
Um das zu verhindern, verlangt die AfD ein Bekenntnis zu einer deutschen Leitkultur statt zu einer – Zitat - "Ideologie des Multikulturalismus", die importierte kulturelle Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen Kultur gleichstelle und deren Werte damit zutiefst relativiere. Alexander Gauland, der stellvertretende Parteivorsitzende versteht unter Leitkultur Folgendes:
"Man definiert das meistens über die Sprache, aber dann gibt es natürlich Gebräuche, Gewohnheiten und Traditionen, die über Jahrhunderte lang oder Jahrzehnte lang mit Deutschland verbunden sind. Und die dann in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung zur Leitkultur dazugehören."
Christentum, humanistische Tradition, römisches Recht
Der Islam habe in Deutschland über die Jahrhunderte keine prägenden kulturellen Spuren hinterlassen. Gauland verweist - wie der Programmentwurf - auf die religiösen Überlieferungen des Christentums, die wissenschaftlich-humanistische Tradition und das römische Recht.
"Und ich möchte diese Leitkultur so weit es geht erhalten und fördern."
Damit hänge die AfD einer Definition der Leitkultur nach, die längst nicht mehr zeitgemäß sei, weil sie, als sie das erste Mal diskutiert wurde, zu sehr auf Einengung ausgerichtet gewesen sei, sagt Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat.
"Die aktuelle Debatte ist eine wertebasierte Debatte, aber keine einschränkende Debatte. Keine, die sagt, wir sagen jetzt deutsche Leitkultur und meinen damit, dass es so etwas gibt wie undeutsches, das man quasi außen vorlässt."
Kulturpolitik nach "fachlichen Qualitätskriterien"?
Über den Wert von Kultur macht sich die AfD auch dort Gedanken, wo es im Programmentwurf um Kultur im engeren Sinne geht. Sie will, so steht es im Entwurf, den Einfluss der Parteien auf das Kulturleben zurückdrängen und die Kulturpolitik generell an - Zitat – "fachlichen Qualitätskriterien" - ausrichten statt an politischen Opportunitäten. Was genau die AfD damit meint, erklärt sie nicht. Die Haushaltsabgabe jedenfalls lehnt sie ab und möchte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren.
Alleine das Ansinnen, Kultur nach fachlichen Kriterien bewerten zu wollen, lässt Olaf Zimmermann aufhorchen. Wer solle diese Kriterien denn festlegen und überprüfen, fragt er, außer der Kulturszene selbst, die ständig mit sich ringe, um Qualität, um ihr Selbstverständnis?
Auch die AfD müsse lernen, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates:
"Kunst muss der Politik nicht gefallen. Und auch nicht der AfD. Und muss trotzdem möglich gemacht werden."
Ob das mit der AfD möglich wäre, bezweifelt er.