Vorbereitung auf den Ansturm der Gläubigen

Von Thomas Kroll |
In knapp zwei Wochen findet der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dresden statt. Es ist der zweite Kirchentag in Ostdeutschland: 1997 fanden rund 93.000 Besucher den Weg nach Leipzig, jetzt sind über 100.000 Dauerteilnehmer angemeldet.
Hartmut Vorjohann: "Dresden hat derzeit circa 520.000 Einwohner. Dresden wächst. Wir müssen jede Menge Kindergärten jetzt neu bauen und Schulen neu bauen, und – ja – sind wir ziemlich stolz drauf. Wir haben einen sogenannten Geburtenüberschuss."

Hartmut Vorjohann, Bürgermeister in Dresden, weiß um die Anziehungskraft seiner Stadt:

"Wir haben elf Millionen Besucher pro Jahr. Das ist richtig viel. Da gehören wir zu den großen Destinationen, wie das da immer so im Fachchinesisch der Touristiker heißt."

So hohe Besucherzahlen wurden vor der Wiedervereinigung nicht erreicht. Da lag Sachsens Metropole noch abgeschnitten von fast allen westlichen Medien im sprichwörtlichen "Tal der Ahnungslosen", und der Liedermacher Wolf Biermann sang:

"In Dresden, da steht ja die Elbe so still. Und die Stadt fließt so träge vorbei ..."

Albrecht Nollau: "Ich finde, dass diese Stadt mehr Ruhe ausstrahlt als Leipzig zum Beispiel, also der alte Spruch ist ja immer: In Leipzig versteht man zu handeln, und in Dresden versteht man zu leben. Ich genieße vor allem die Tallage dieser Stadt und ich genieße es, dass mitten durch diese Stadt ein Fluss geht."

Manja Erler: "Dieses Hintergrundrauschen trägt so die Dresdener, und deswegen ist es hier alles ein bisschen langsamer vielleicht als in manch anderen Städten und ein bisschen mehr auch gefühliger vielleicht als in anderen Städten."

Alfred Nollau und Manja Erler. Beide wohnen und arbeiten in Dresden. Der eine als Superintendent, die andere als Beauftragte der Landeskirche Sachsen für den Kirchentag.

Albrecht Nollau: "In unserer Stadt Dresden gehören circa 20 Prozent der evangelischen beziehungsweise der katholischen Kirche an. Wir haben jetzt bei der Quartiersuche für den Kirchentag 12.000 Privatquartiere gesucht. Die sind nur mit Haushalten von Gemeindegliedern nicht zu finden, und ich freue mich, dass es Menschen gibt, die sehr deutlich sagen, ich gehöre nicht zur Kirche, vielleicht auch: ich bin in dem Sinne kein Christ, aber natürlich nehme ich Gäste auf."

Der größte Teil der Dresdener ist konfessionslos, aber nicht aggressiv atheistisch. Nur jeder fünfte Einwohner ist Christ. Eine besondere Situation – auch für die Ökumene vor Ort.

Albrecht Nollau: "Im vergangenen Jahr hat mein katholischer Kollege in der Dresdener Frauenkirche gepredigt, in diesem Jahr hatte ich sozusagen die Ehre, in der Kathedrale zu predigen, und das finde ich etwas sehr Erstaunliches, wenn ein evangelischer Superintendent in der katholischen Kathedrale predigt. Ich erlebe die Ökumene als sehr gut."

Ähnlich positive Erfahrungen macht Katrin Göring-Eckardt im Laufe der Vorbereitungen. Die Grünen-Abgeordnete ist die Präsidentin des Evangelischen Kirchentages.

Katrin Göring-Eckardt: "Was mir besonders viel Freude macht, ist, dass wir einen ganzen Tag haben, wo sich Konfirmanden und Firmlinge auf dem Kirchentag treffen. Der erste, mit dem wir gesprochen haben, war der örtliche Bischof, Bischof Reinelt, der katholische. Die Einladung an die Firmlinge war innerhalb von fünf Minuten verabredet, weil er das eine ganz wunderbare Idee fand."

Das Treffen evangelischer Konfirmanden mit katholischen Firmlingen ist nur einer von rund 2500 Programmpunkten im Laufe der viertägigen Veranstaltung. Ein spezielles Programmangebot der gastgebenden Landeskirche lautet: Glaubenskommunikation im säkularen Raum.

Albrecht Nollau: "Wir haben schon in der Kirche eine eigene Gruppensprache. Wir fühlen uns darin wohl, wir können uns darin austauschen, aber es ist oft nicht die Sprache, die andere Menschen sprechen. Wie kann es uns gelingen, oder wie können wir auch viele Christen ermutigen, in einer verständlichen Sprache von dem zu sprechen, was ihr Leben hält und trägt?"

Ein zweiter Schwerpunkt des Dresdener Kirchentags ergibt sich aus der geografischen Lage der sächsischen Metropole. Nochmals Superintendent Nollau:

"Es wird ein Zentrum Mittel- und Osteuropa geben, in dem besonders die Kontakte, die wir hier auch haben, in Richtung Tschechien, Richtung Slowakei, Richtung Polen gepflegt werden und wo Menschen von dort ganz besonders eingeladen sind."

Manja Erler: "Es finden Ausstellungen statt, die auch Gäste aus Mittel-, Osteuropa mitgebracht haben, und es findet am Samstagabend ein großer Gottesdienst auf dem Altmarkt statt, wo für das Zentrum noch mal so ein Höhepunkt ist, liturgisch auch, wo gemeinsam Gottesdienst gefeiert wird in vielen Sprachen und in vielen Facetten."

Manja Erler. Die Losung des Dresdener Kirchentages lautet: "Da wird auch Dein Herz sein". Worte aus der Bergpredigt Jesu, zu finden im sechsten Kapitel des Matthäusevangeliums:

"Häuft im Himmel Schätze für euch an, wo weder Motten noch Rost sie vernichten, wo weder eingebrochen noch gestohlen wird. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein." [Mt 6,20f]

Manja Erler: "Und da hatten wir die Idee, wir schicken leere Schatzkisten in die Welt und haben an jede Kirchengemeinde einen leeren Pappkarton geschickt und drum gebeten, den mit den Schätzen vor Ort zu füllen und uns das zurück zu schicken. Und ich habe so gedacht: Na, wenn da so 10, 20 Kisten kommen, bin ich schon zufrieden. Es sind über 200 Kisten gekommen. Wir haben über 220 Kisten, Schatzkisten, wunderbar gestaltete."

Die zahlreichen Schatzkisten aus ganz Sachsen sind während des Kirchentages in der Dresdener Altmarkt-Galerie zu sehen. Ein Ort von vielen, die einladen zum Verweilen und zur Begegnung – und die anregen zur persönlichen Schatzsuche, sei es nach Glück, Gesundheit, Geld oder Gott.
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