Unbeeindruckt die Zukunft retten
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Millionen von Menschen bewundern Greta Thunberg. Gleichzeitig wird sie auch angegriffen – und das auf "obszöne und unangemessene" Art, kritisiert die "Zeit"-Kolumnistin Mely Kiyak. Auszeichnungen seien da eine gute Rückenstärkung.
Ihre frühere Betitelung der Greta Thunberg-Kritiker als "Prollprimaten" würde die ZEIT-Kolumnistin Mely Kiyak beibehalten – vielleicht sogar einen Schritt weitergehen. "Ich finde die Art und Weise, wie man diesem minderjährigen Mädchen begegnet als erwachsener Mann – und meistens handelt es sich um erwachsene Männer – auf eine seltsame Art obszön und unangemessen." Bislang kenne Kiyak dieses "Phänomen" eigentlich nur von erwachsenen Männern gegenüber erwachsenen Frauen. "Aber das ist natürlich eine vollkommen neue Qualität, weil wir es hier mit einem minderjährigen Menschen zu tun haben, also einen Menschen, der erwachsen wird."
Beschimpfungen von Männern, die selber Töchter haben
Normalerweise würden Erwachsene Jugendlichen anders gegenübertreten. "Eigentlich sagt uns die Weisheit unseres Alters, dass wir Kinder, die erwachsen werden, nicht brechen und nicht biegen dürfen. Und wenn das vergessen wird von Männern, die zum Teil doch selber Töchter haben, dann finde ich das sehr bedrohlich", erklärt Kiyak, "Aber je mehr sie beschimpft wird, desto alberner und desto schäbiger sehen natürlich diejendigen aus, die diese Angriffe starten. Greta schreibt ihnen eine große Macht zu und sie selber entmachten sich eigentlich, indem sie auf dieses Kind so vollkommen ungebremst einprügeln."
Für Kiyak sind es Greta Thunbergs "unverhandelbare Fakten" und ihre "Vitalität einer 16-Jährigen, die ihre Zukunft vor sich hat und sich tatsächlich sorgt", die eine unglaublich provozierende Wirkung haben. Aber neben der Kritik gibt es ja auch zahlreiche Unterstützer und auch Auszeichnungen – die jüngste ist der Alternative Nobelpreis. Dass diese Bewunderung und Preise zur Last für Greta Thunberg werden könnten, glaubt Kiyak nicht: "Mein Eindruck ist, dass sie unbeeindruckt bleibt davon und dass es ihr darum auch nicht geht."
Alternativer Nobelpreis als Rückenstärkung
Mit ihrem initialen Protest, sich mit einem selbstgemalten Schild auf die Strasse zu setzen und sich zu weigern, in die Schule zu gehen, habe Greta Thunberg die größte Hürde schon genommen. "Ich könnte mir vorstellen, dass die Auszeichnungen – also das sind natürlich alles Spekulationen – aber eher den Rücken stärken und vielleicht auch gut tun angesichts der Angriffe", so Kiyak.
(kpa)