Vorgespult

Wenn Tragisches auf Komisches trifft

Ze'ev Revach als Yehezkel in einer Szene des Kinofilms "Am Ende ein Fest".
Ze'ev Revach als Yehezkel in einer Szene des Kinofilms "Am Ende ein Fest" © picture alliance / dpa / Neue Visionen Filmverleih
Von Christian Berndt |
In einer israelisch-deutschen Komödie praktiziert eine Rentnergruppe kuriose Sterbehilfe, eine französische Tragikomödie handelt von den dramatischen Folgen der Liebe – und Anton Corbijns neuer Spielfilm spürt dem Mythos von James Dean nach. Die Filmstarts der Woche.
"Zelda!"
"Gott, bist Du das?"
"Ja Zelda, ich bin bei Dir."
Es ist natürlich nicht Gott, der bei der alten Zelda anruft. Es ist der 72-jährige Yehezkel, der seine Stimme am Telefon mittels einer Apparatur verfremdet und bei seiner krebskranken Bekannten anruft, um ihr Mut zu machen. Der Bewohner eines Jerusalemer Seniorenheims will seinen Mitmenschen helfen. Deswegen bittet ihn eines Tages auch sein todkranker, bester Freund Max um Hilfe: Er möchte sterben und schweren Herzens erklärt sich Yehezkel bereit, ihn zu unterstützen.
Eine peinliche Panne
Von Beginn an herrscht in der israelisch-deutschen Komödie "Am Ende ein Fest" eine morbide Atmosphäre - der Tod ist allgegenwärtig. Allerdings auch die Komik. Etwa, als Yehezkel und Max' Frau einen Arzt um Hilfe bitten:
"Ich tu das liebend gern."
"Du bist Anästhesist?"
"Veterinär."
"Er wird wirklich nichts spüren, Doktor?"
"Keine Sorge, ich habe ein Spitzen-Anästhetikum, Max wird nichts spüren. Damit schlafen die Hunde immer friedlich ein."
"Du willst also meinen Mann mit einem Hundebetäubungsmittel einschläfern?"
"Deinen Mann?"
Als sich herumspricht, dass Yehezkel ein Sterbehilfe-Gerät zur Betäubungsmitteleinnahme gebastelt hat, kommen auch von anderen Hilferufe – und es entwickelt sich eine regelrechte Todes-Serie. Die Regisseure Sharon Maymon und Tal Granit inszenieren den Film mit krass sarkastischem Humor, aber auch ohne jede Verharmlosung. Wie problematisch die scheinbar segensreiche Sterbehilfe ist, wird deutlich, als es bei der sterbenswilligen Zelda eine peinliche Panne gibt – und sie plötzlich doch weiterleben will. Die gekonnte Art, mit der Tieftrauriges und Skurriles in Balance gehalten wird, macht "Am Ende ein Fest" zu einer echten Rarität im Kino.

Am Ende ein Fest
Regie: Sharon Maymon, Tal Granit
Mit: Ze'ev Revach, Levana Finkelstein, Aliza Rosen
Länge: 93 Minuten
Land: Deutschland/Israel 2014

Eine Mischung aus Drama und Komik verspricht auch der französische Film "Der Vater meiner besten Freundin" – ein Remake aus den Siebzigern. Antoine und Laurent, gespielt von den französischen Stars François Cluzet und Vincent Cassel, sind gemeinsam mit ihren halbwüchsigen Töchtern im Urlaub auf Korsika. Die beiden Teenager langweilen sich zunächst - bis die 17-jährige Louna den Freund des Vaters verführt. Laurent ist nun in der Bredouille:
"Hör zu Louna, das gestern war einfach ein Ausrutscher, nichts ist passiert. Sind wir uns einig?"
"Was redest Du denn da?"
"Ich sage nur, Dein Vater ist mein bester Freund und Du bist minderjährig. Hast Du das kapiert?"
"Ja, aber wir lieben uns doch."
"Nein, wir lieben uns nicht, ich liebe Dich nicht."
"Ist normal, dass Du das leugnest, aber ich habe es gestern in Deinen Augen gesehen, Du liebst mich."
Figuren nicht ernst genommen
Bald kommt Lounas Vater dahinter, dass seine Tochter mit einem Älteren herumgemacht hat, und bittet ausgerechnet Laurent, den Schuldigen ausfindig zu machen, damit er ihn sich vorknöpfen kann.
Regisseur Jean-François Richet hat "Der Vater meiner besten Freundin" zwar wie das Original als Tragikomödie angelegt, nur leider die Gefühle seiner Figuren nicht ernst genommen. Lounas schnelle Verliebtheit ist so unglaubwürdig wie der Zorn des mit dem Gewehr herumfuchtelnden Vaters. Statt Leidenschaften erlebt man lauwarmes Geplänkel, das - wie die Figuren - jeden Charme vermissen lässt.

Der Vater meiner besten Freundin
Regie: Jean-François Richet
Mit: Vincent Cassel, François Cluzet, Lola Le Lann
Länge: 105 Minuten
Land: Frankreich 2015

Atmosphärischen Charme dagegen versprüht der Film "Life". Es sind die 50er-Jahre, etwas unbestimmt Revolutionäres liegt in der Luft. Dieses Neue spürt Hollywood-Fotograf Dennis Stock, gespielt von Robert Pattinson, eines Nachts, als er auf einer Filmparty diesem mürrischen jungen Mann begegnet: James Dean. Dennis ist von dem noch unbekannten Schauspieler fasziniert und möchte eine Fotoserie mit ihm machen. Aber der Junge, den Hollywood-Youngster Dane DeHaan als schwer durchschaubaren, intelligenten Hänger spielt, zeigt sich zunächst widerspenstig:
"Ich spiel dieses blöde Spiel nicht mit."
"Das müssen Sie auch nicht, ich möchte Ihnen helfen. 30 Millionen lesen das 'Life'-Magazin, wir machen eine richtig gute Reportage, das ist schon ein erster Anfang."
"Ich geh komplett in meinen Rollen auf, das ist meine Leidenschaft. Nicht dieser andere Scheiß. Dieser andere Scheiß, das ist Ihre Welt."
"Ach, und Ihre nicht?"
Eine Spur zu spöttisch
Die Geschichte von "Life" bezieht sich auf den realen Fotografen Dennis Stock, dessen Bilder wesentlich dazu beitrugen, James Dean zur Ikone zu machen. Regisseur Anton Corbijn erzählt nuancenreich von der Entstehung der legendären Porträts und der Beziehung dieser gegensätzlichen Männer, die sich zwischen Abstoßung, Abhängigkeit und Anziehung bewegt. Aber weil der Film aufs Spekulieren verzichtet und sich weitgehend an Bekanntes hält, fehlt der distanzierten Beziehung Lebendigkeit – nicht zuletzt auch, weil Dane DeHaan eine Spur zu spöttisch spielt.
Als man in einer Szene Fotos vom echten James Dean sieht, erkennt man ein Lächeln, das – anders als bei DeHaan - sehr einnehmend wirken kann. Der stimmungsvolle Film und seine Hauptfigur bleiben zu sehr auf Abstand, um spüren zu lassen, was der Starfotograf in dem rätselhaften 23-jährigen gesehen hat.

Life
Regie: Anton Corbijn
Mit: Robert Pattinson, Dane DeHaan, Ben Kingsley
Länge: 112 Minuten
Land: Großbritannien 2015

Mehr zum Thema