Vorlesungen zum Sozialismus

"Großes Unbehagen an kapitalistischer Gesellschaft"

Karl-Marx-Denkmal in Chemnitz
Marx steht noch, der Marxismus ist vergangen: ein Eindruck aus Chemnitz. © picture alliance / dpa
Axel Honneth im Gespräch mit Britta Bürger |
Europa steckt in der Krise. Ist es da vielleicht angebracht, noch einmal über die Ideen des Sozialismus nachzudenken? Der Sozialphilosoph Axel Honneth will es versuchen - in einer Vorlesung zu den Konzepten von Marx und den Frühsozialisten.
Der Sozialphilosoph Axel Honneth, Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, will 26 Jahre nach dem Zusammenbruch des Sozialismus noch einmal rekonstruieren, was Karl Marx und die Frühsozialisten eigentlich wollten.
In einer vierteiligen Vorlesungsreihe als „Distinguished Fellow" am Friedrich-Nietzsche-Kolleg der Klassikstiftung Weimar hat Honneth am Donnerstagabend die Auftaktvorlesung gehalten, in der "Herzogin Anna Amalia"-Bibliothek, einem Ort, der zu Anna Amalias Zeiten an Sozialismus nicht denken ließ.
Neues Interesse an Marx und seinen Ideen
Heute dagegen gibt es unter vielen Studenten ein neues Interesse an Marx und seinen Ideen, wobei die vielen Krisen, die Europa derzeit durchlebt, aus Sicht von Honneth nur ein Grund dafür sind:
"Der tieferliegende Grund ist ein unbestimmtes Unbehagen darüber, dass eine so wirkmächtige Idee, eine so wirkmächtige Bewegung wie der Sozialismus heute so sang- und klanglos zu verschwinden droht, ja, dass von vielen Intellektuellen sein Tod geradezu herbeigeschworen wird - eine Bewegung immerhin, die die größten Geister des 19. Jahrhunderts, ob nun von negativer oder positiver Seite aus, zu Beschäftigungen gereizt hat."
Im Hintergrund der neuerlichen Beschäftigung mit Marx und dem Sozialismus stehe aber auch, dass es derzeit ein großes "Unbehagen an den kapitalistischen Gesellschaften" gebe, "aber diesem Unbehagen jeder Richtungssinn fehlt", sagte Honneth im Deutschlandradio Kultur.
Mehr zum Thema