Vorliebe für extreme Rollen
Vor drei Jahren wurde Katharina Schüttler für ihre Darstellung der "Hedda Gabler" als "Schauspielerin des Jahres" ausgezeichnet. Nun ist die Berliner Schauspielerin im Kinofilm "Es kommt der Tag" zu sehen. In dem kammerspielartigen Familiendrama spielt die 29-Jährige die Tochter einer ehemaligen RAF-Terroristin und liefert sich ein packendes Duell mit Iris Berben.
"Ich habe ganz oft gerade beim Drehen das Gefühl oder in der Probenphase, dass das Grundlebensgefühl einer Figur oder eines Charakters sich so in sein Leben schleicht, und das schleicht sich dann irgendwann wieder so raus und dass einen das schon in irgendeiner Form begleitet."
Katharina Schüttler lässt ihre Figuren so nah an sich heran, dass das Handwerk der Schauspielerin hinter der Rolle kaum mehr zu erkennen ist. So auch beim Kinofilm "Es kommt der Tag", in dem sie Alice spielt, eine junge Frau, die von ihrer Mutter Ende der 70er-Jahre zur Adoption freigegeben wurde. Durch ein Zeitungsfoto entdeckt sie, dass ihre Mutter - eine ehemalige RAF-Terroristin - inzwischen unter falschem Namen mit Mann und zwei Kindern auf einem Weingut im Elsass lebt.
Ausschnitt "Es kommt der Tag":
Mutter: "Man konnte doch nicht mit Kindern kämpfen. Wir waren wie gehetztes Vieh. Kein Mensch kann sich das heute vorstellen, wie das war. Niemand kann es sich vorstellen."
Alice: "Warum bist du nicht ausgestiegen?"
Mutter: "Warum bin ich nicht ausgestiegen..."
Alice: "Revolution, bewaffneter Kampf, die ganze Scheiße ..."
Mutter: "Was hätte dir das denn gebracht, ich hätte im Knast gesessen."
Alice: "Ich hätte meine Mutter gekannt."
Es ist erstaunlich, was für eine unglaubliche Präsenz die nur 1, 60 Meter große, zierliche, fast fragile Berliner Schauspielerin an den Tag legt, sobald die Kamera angeht oder die Scheinwerfer der Theaterbühne. Im Gespräch ist Katharina Schüttler zurückhaltend, hat ihre braunen Haare nachlässig nach oben gesteckt, ist ungeschminkt und trägt einen grauen Wollpulli, Jeans und weiße Chucks. Auf der Leinwand dagegen spielt sie diese Alice als ewige Provokation mit einer so großen Wut und Verletztheit, dass es weh tut.
"Diesen Panzer zu finden in mir und diese vermeintliche Kälte, das hat total viel gefordert von mir, das war jetzt nichts, was ich so aus der Hüfte irgendwie so spielen konnte, sondern das war schon ein großes Sicheinlassen auf die Figur, die Geschichte und den Film."
Katharina Schüttler ist in Köln geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern sind ausgebildete Schauspieler, die Mutter schreibt außerdem fürs Theater, der Vater leitet viele Jahre das Landestheater in Dinslaken. Schon sehr früh steht für sie fest, sie möchte, im Gegensatz zu ihren beiden Geschwistern, ebenfalls Schauspielerin werden.
"Der erste Schritt war wirklich ein Zufall, dass jemand an mich herangetreten ist, ob ich zu diesem Kindercasting gehen will für diesen Film damals 'Die Lok' mit zehn. Und mit elf war ich dann, glaube ich, beim Drehen. Und das war so eine tolle Erfahrung, dieser erste Sommer, wo man acht Wochen mit fünf Kindern und einem Team völlig abenteuerlich so Dreharbeiten macht, und danach war es für mich entschieden, da war das gegessen."
Bis zum Abitur spielt sie immer wieder kleinere Fernsehrollen und tritt ab und zu in Stücken auf, die ihr Vater inszeniert.
"Ich bin eigentlich selbst noch erstaunt, wie gut das geht. Also dass das nie war wie, 'der Papa inszeniert jetzt sein Töchterchen' oder so, sondern er hat halt eine Schauspielerin engagiert, und man kennt sich zufällig besser."
Nach dem Abitur wird sie an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover angenommen und dreht in den Semesterferien. Für ihre erste Kinohauptrolle wird Katharina Schüttler mit 23 Jahren mit dem Förderpreis Deutscher Film als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet. In "Sophiiiie" spielt sie eine zerrissene Frau, die ungewollt schwanger ist, durch die Nacht irrt, durch ihre Radikalität provoziert, sich mit Männern prügelt. Seither ziehen sich die extremen Rollen wie ein roter Faden durch die Karriere der Schauspielerin.
"Ich finde, die spannenderen Rollen, die fordern einen mehr und machen mehr Spaß, vielleicht ziehe ich die Rollen auch ein bisschen an, weil ich es mir so wünsche und vorstelle. Je extremer das ist, desto spannender wird einfach die Arbeit."
Solche Rollen, in denen sie die gesamte emotionale Bandbreite von aggressivem Schreien bis zur schmerzlichen Verletztheit zeigen kann, fordern Katharina Schüttler. Nach Theatervorstellungen ist die Schauspielerin, die im Prenzlauer Berg wohnt, meist so aufgekratzt, dass sie vor 2 Uhr morgens nicht schlafen kann,
"weil ich glaube, da sind so Adrenaline und Glückshormone und ich weiß nicht, was da alles los ist. Es ist gar nicht so einfach, da runterzukommen oder loszulassen."
Katharina Schüttler sieht mit ihren 29 Jahren immer noch sehr mädchenhaft aus und wird häufig für wesentlich jüngere Rollen besetzt. Mit 23 hat sie am Staatstheater Hannover die "Lolita" gespielt, mit 25 im Kinofilm "Wahrheit oder Pflicht" eine Zwölfklässlerin. Ihr ehemaliger Lieblingsprofessor an der Schauspielschule, der sie immer "Katte" nennt, hat ihr deshalb geraten:
"Katte, sieh zu, dass du einmal im Jahr eine Erwachsene spielst, dass du mit deinen Rollen, mit deinem Spiel älter wirst, dann kannst du das andere auch, aber dass du diesen Weg gehst. Und das war total wichtig, und im gleichen Jahr hat mir dann die Schaubühne zu meiner großen Überraschung 'Hedda Gabler' angeboten, und nach anfänglichem Zögern habe ich mich dann getraut. Und das war dann wirklich so ein Schritt zu einer ersten Erwachsenwerdung auf der Bühne."
Diese Erwachsenwerdung wurde direkt belohnt. Für ihre eindrucksvolle Darstellung der "Hedda Gabler" wurde sie vor drei Jahren mit dem Deutschen Theaterpreis "Faust" und als "Schauspielerin des Jahres" ausgezeichnet. Auf die Frage nach ihrem Antrieb als Schauspielerin, wirkt es fast so, als sei es noch gar nicht lange her, dass Katharina Schüttler das Geheimnis ihres Berufs für sich entdeckt hat:
"Einerseits bleibt man ja auch Kind, weil man spielt wirklich, also dass dein Beruf spielen ist. Und ich glaube, da liegt wirklich ein Geheimnis fürs Spielen, dass man es wirklich als Spielen empfindet, dass diese Spielfreude wirklich in jedem Moment real da ist, dass es auch darum geht, Spaß zu haben. Und ich glaube je mehr Spaß man dabei hat, desto besser wird das, was man da macht."
Katharina Schüttler lässt ihre Figuren so nah an sich heran, dass das Handwerk der Schauspielerin hinter der Rolle kaum mehr zu erkennen ist. So auch beim Kinofilm "Es kommt der Tag", in dem sie Alice spielt, eine junge Frau, die von ihrer Mutter Ende der 70er-Jahre zur Adoption freigegeben wurde. Durch ein Zeitungsfoto entdeckt sie, dass ihre Mutter - eine ehemalige RAF-Terroristin - inzwischen unter falschem Namen mit Mann und zwei Kindern auf einem Weingut im Elsass lebt.
Ausschnitt "Es kommt der Tag":
Mutter: "Man konnte doch nicht mit Kindern kämpfen. Wir waren wie gehetztes Vieh. Kein Mensch kann sich das heute vorstellen, wie das war. Niemand kann es sich vorstellen."
Alice: "Warum bist du nicht ausgestiegen?"
Mutter: "Warum bin ich nicht ausgestiegen..."
Alice: "Revolution, bewaffneter Kampf, die ganze Scheiße ..."
Mutter: "Was hätte dir das denn gebracht, ich hätte im Knast gesessen."
Alice: "Ich hätte meine Mutter gekannt."
Es ist erstaunlich, was für eine unglaubliche Präsenz die nur 1, 60 Meter große, zierliche, fast fragile Berliner Schauspielerin an den Tag legt, sobald die Kamera angeht oder die Scheinwerfer der Theaterbühne. Im Gespräch ist Katharina Schüttler zurückhaltend, hat ihre braunen Haare nachlässig nach oben gesteckt, ist ungeschminkt und trägt einen grauen Wollpulli, Jeans und weiße Chucks. Auf der Leinwand dagegen spielt sie diese Alice als ewige Provokation mit einer so großen Wut und Verletztheit, dass es weh tut.
"Diesen Panzer zu finden in mir und diese vermeintliche Kälte, das hat total viel gefordert von mir, das war jetzt nichts, was ich so aus der Hüfte irgendwie so spielen konnte, sondern das war schon ein großes Sicheinlassen auf die Figur, die Geschichte und den Film."
Katharina Schüttler ist in Köln geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern sind ausgebildete Schauspieler, die Mutter schreibt außerdem fürs Theater, der Vater leitet viele Jahre das Landestheater in Dinslaken. Schon sehr früh steht für sie fest, sie möchte, im Gegensatz zu ihren beiden Geschwistern, ebenfalls Schauspielerin werden.
"Der erste Schritt war wirklich ein Zufall, dass jemand an mich herangetreten ist, ob ich zu diesem Kindercasting gehen will für diesen Film damals 'Die Lok' mit zehn. Und mit elf war ich dann, glaube ich, beim Drehen. Und das war so eine tolle Erfahrung, dieser erste Sommer, wo man acht Wochen mit fünf Kindern und einem Team völlig abenteuerlich so Dreharbeiten macht, und danach war es für mich entschieden, da war das gegessen."
Bis zum Abitur spielt sie immer wieder kleinere Fernsehrollen und tritt ab und zu in Stücken auf, die ihr Vater inszeniert.
"Ich bin eigentlich selbst noch erstaunt, wie gut das geht. Also dass das nie war wie, 'der Papa inszeniert jetzt sein Töchterchen' oder so, sondern er hat halt eine Schauspielerin engagiert, und man kennt sich zufällig besser."
Nach dem Abitur wird sie an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover angenommen und dreht in den Semesterferien. Für ihre erste Kinohauptrolle wird Katharina Schüttler mit 23 Jahren mit dem Förderpreis Deutscher Film als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet. In "Sophiiiie" spielt sie eine zerrissene Frau, die ungewollt schwanger ist, durch die Nacht irrt, durch ihre Radikalität provoziert, sich mit Männern prügelt. Seither ziehen sich die extremen Rollen wie ein roter Faden durch die Karriere der Schauspielerin.
"Ich finde, die spannenderen Rollen, die fordern einen mehr und machen mehr Spaß, vielleicht ziehe ich die Rollen auch ein bisschen an, weil ich es mir so wünsche und vorstelle. Je extremer das ist, desto spannender wird einfach die Arbeit."
Solche Rollen, in denen sie die gesamte emotionale Bandbreite von aggressivem Schreien bis zur schmerzlichen Verletztheit zeigen kann, fordern Katharina Schüttler. Nach Theatervorstellungen ist die Schauspielerin, die im Prenzlauer Berg wohnt, meist so aufgekratzt, dass sie vor 2 Uhr morgens nicht schlafen kann,
"weil ich glaube, da sind so Adrenaline und Glückshormone und ich weiß nicht, was da alles los ist. Es ist gar nicht so einfach, da runterzukommen oder loszulassen."
Katharina Schüttler sieht mit ihren 29 Jahren immer noch sehr mädchenhaft aus und wird häufig für wesentlich jüngere Rollen besetzt. Mit 23 hat sie am Staatstheater Hannover die "Lolita" gespielt, mit 25 im Kinofilm "Wahrheit oder Pflicht" eine Zwölfklässlerin. Ihr ehemaliger Lieblingsprofessor an der Schauspielschule, der sie immer "Katte" nennt, hat ihr deshalb geraten:
"Katte, sieh zu, dass du einmal im Jahr eine Erwachsene spielst, dass du mit deinen Rollen, mit deinem Spiel älter wirst, dann kannst du das andere auch, aber dass du diesen Weg gehst. Und das war total wichtig, und im gleichen Jahr hat mir dann die Schaubühne zu meiner großen Überraschung 'Hedda Gabler' angeboten, und nach anfänglichem Zögern habe ich mich dann getraut. Und das war dann wirklich so ein Schritt zu einer ersten Erwachsenwerdung auf der Bühne."
Diese Erwachsenwerdung wurde direkt belohnt. Für ihre eindrucksvolle Darstellung der "Hedda Gabler" wurde sie vor drei Jahren mit dem Deutschen Theaterpreis "Faust" und als "Schauspielerin des Jahres" ausgezeichnet. Auf die Frage nach ihrem Antrieb als Schauspielerin, wirkt es fast so, als sei es noch gar nicht lange her, dass Katharina Schüttler das Geheimnis ihres Berufs für sich entdeckt hat:
"Einerseits bleibt man ja auch Kind, weil man spielt wirklich, also dass dein Beruf spielen ist. Und ich glaube, da liegt wirklich ein Geheimnis fürs Spielen, dass man es wirklich als Spielen empfindet, dass diese Spielfreude wirklich in jedem Moment real da ist, dass es auch darum geht, Spaß zu haben. Und ich glaube je mehr Spaß man dabei hat, desto besser wird das, was man da macht."