Vorschlag von Bundestagspräsident Schäuble

Bürgerräte sollen Demokratie stärken

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Ein Schild mit der Aufschrift Plenum - Bürgerrat Demokratie hängt am Eingang zu einem Tagungsraum in Leipzig.
In Deutschland tagte 2019 erstmals der "Bürgerrat Demokratie", der Empfehlungen zur Weiterentwicklung des demokratischen Systems machte und an den Bundestag übergab. © picture-alliance/ZB/Hendrick Schmidt
Caroline Fetscher im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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"Tagesspiegel"-Journalistin Caroline Fetscher findet eine Stärkung der Bürgerräte in Teilen eine gute Idee. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble macht sich für diese Initiative stark und sieht darin eine wichtige Strukturveränderung für die Zukunft.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat angeregt, die Bevölkerung über Bürgerräte stärker in die Politik einzubinden. "Wir müssen unsere parlamentarische Demokratie zukunftsfähig machen", sagte er. Die Bürgerräte sieht er dabei als einen wichtigen Ansatz, um die demokratischen Strukturen zu ergänzen.

Per Los ausgewählt

In Bürgerräten sitzen per Los ausgewählte Bürgerinnen und Bürger. Sie sollen sich intensiv mit einem Thema befassen und dabei Zugriff auf Experten haben, die alle auf den gleichen Wissensstand bringen können. Die Ergebnisse sollen dann in einem Bürgergutachten zusammengefasst werden. In Deutschland gab es 2019 den "Bürgerrat Demokratie", der Empfehlungen zur Weiterentwicklung des demokratischen Systems machte. Nächstes Jahr soll unter Schäubles Schirmherrschaft ein weiterer Bürgerrat eingesetzt werden zum Thema "Deutschlands Rolle in der Welt".
Porträt von Caroline Fetscher im Hörfunkstudio
Die "Tagesspiegel"-Journalistin Caroline Fetscher ist skeptisch, ob die Arbeit von Bürgerräten sich so leicht in die demokratische Praxis umsetzen lässt. © Deutschlandradio / Manfred Hilling
Teile dieser Idee finde sie ansprechend und attraktiv, sagt die "Tagesspiegel"-Journalistin Caroline Fetscher. Sie habe sich an die Debatte über den Stuttgarter Bahnhof erinnert, bei der der inzwischen verstorbene CDU-Politiker Heiner Geißler einen Runden Tisch zu "Stuttgart 21" organisiert habe. Er habe dort ausgewählte Bürger um einen Tisch versammelt. "Und das wurde im Fernsehen direkt übertragen, ging über Stunden - und hat schließlich dazu geführt, dass es größere Akzeptanz gab für den ganzen Prozess", so Fetscher.

Vorbehalte gegenüber Volksabstimmungen

Allerdings habe sie große Vorbehalte gegenüber einer "plebiszitären Demokratie", die sich allein auf Volksabstimmungen stütze. Das sei zu stimmungsabhängig. Solange es nicht eine exzellente politische Bildung in allen Schulen gebe und man nicht von klein auf lerne, wie demokratische Systeme funktionierten, hätte sie große Befürchtungen, was bei Volksabstimmungen herauskomme.
Das Losverfahren bei den Bürgerräten sei mit dem Schöffenamt zu vergleichen, so Fetscher. "Da wird gewürfelt mehr oder weniger nach dem Einwohnermeldeverzeichnis und es werden Leute nominiert oder angefragt." So könne man einen Querschnitt der Gesellschaft erreichen. "Es wird Leute geben, die sich wahnsinnig engagieren", erwartet Fetscher. Andere würden den Tagessatz kassieren und nur dabeisitzen, vielleicht sogar einschlafen. Lobbyisten könnten versuchen, Einfluss zu nehmen. "So ganz einfach finde ich das nicht."

Schwierige Entscheidungsfindung

Fetscher erinnert an das Buch von Walter Sittler und Gerd Leipold mit dem Titel "Zeit, sich einzumischen", für das die Autoren sich europaweit Bürgerbeteiligungsprojekte angesehen hätten. Dabei hätten sie festgestellt, dass die Leute vor allem aufrege, was direkt vor ihrer Haustür geschehe. Als Beispiel nannte Fetscher die Debatte über Windräder. Wenn man daran Bürger beteiligen wollte, müsste man eigentlich Leute fragen, die 300 Kilometer entfernt leben. "Dann wieder wären die beleidigt, die direkt nebendran wohnen."
(gem)

Caroline Fetscher ist Autorin des Berliner "Tagesspiegel". Zu ihren Themen gehören gesellschaftliche Debatten in Kultur und Politik, insbesondere Menschenrechte und Kinderschutz.

Walter Sittler und Gerd Leipold, Zeit, sich einzumischen. Vom Taksim-Platz nach Island. Begegnungen auf dem Weg ins Anthropozän, Sagas Edition 2013, 288 Seiten, 19,99 Euro.

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