Vorsicht Allergie

Von Michael Engel |
30 Prozent der deutschen Bevölkerung sind Allergiker. Mittlerweile gibt es eine Fülle von Empfehlungen, wie man allergischen Reaktionen vorbeugen kann. Darum ging es auch auf dem "5. Deutschen Allergiekongress" in Hannover.
Gute Nachrichten für stillende Mütter. Vier Monate stillen reichen völlig aus, um das Baby fit zu machen gegen Allergien. Bislang galten sechs Monate als unverzichtbar. Mehrere große Studien, auf Jahre angelegt, konnten nun Entwarnung geben. Selbst wenn Mama vier Monate nicht durchhält mit dem Stillen, gibt es gleichwertige Alternativen, so Prof. Thomas Werfel, Präsident des "5. Deutschen Allergiekongresses"

"Wenn die Milch nicht reicht in den ersten vier Lebensmonaten, dann muss natürlich zugefüttert werden, das ist völlig klar. Und hier sprechen nun die meisten Studienergebnisse dafür, dass es sich dann durchaus lohnt, hypoallergene Präparate einzusetzen. Und dann am besten "Extensiv-Hydrolisate". Das sind Milchpräparate, die so stark durch verdaut wurden, dass die Allergie auslösenden Eiweiße sozusagen in ganz kleine Bestandteile zerlegt worden sind."

Auf diese Weise kann das "Milchprodukt" keine Allergie mehr auslösen. Vor Beginn der Zufütterung sollte allerdings mit einer Ernährungsberaterin gesprochen werden. Es gibt eine Vielzahl von Präparaten, die sich in der Zusammensetzung teilweise erheblich unterscheiden. Sollte das Baby eine Neurodermitis schon während der Stillzeit entwickelt haben, so galt bisher die Empfehlung, dass der Speiseplan nach dem Abstillen ganz langsam über Monate erweitert werden soll. Auch diese Empfehlung ist mittlerweile überholt.

"Das zeigen nun diese neueren Studien, ist nicht notwendig. Es ist sogar wenig hilfreich. Weil das Immunsystem ab dem 5. Lebensmonat die Eigenschaft besitzt, Dinge, die dann sozusagen neu, fremd an den Körper, in den Körper kommen - dazu gehören Nahrungsmittel - als gesund zu empfinden. Das heißt, hier müssen dann keine besonderen Rücksichten mehr getroffen werden und die Kinder können altersadaptiert angemessen, normal ernährt werden."

Apropos Ernährung: Fisch ist eine allergologisch hochattraktive Beigabe. Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft reichlich Fisch aßen, leiden durchweg seltener unter Allergien.

"Das bezieht sich nicht nur auf die Schwangerschaft selbst, sondern auch auf die Stillzeit. Und es bezieht sich auch auf die Ernährung des Kindes während des ersten Lebensjahres. Auch hier hat die Zufütterung von Fisch nach dem vierten Lebensmonat durchaus einen präventiven Effekt auf die Entstehung beispielsweise der Neurodermitis. Das sind wahrscheinlich, so ist die Theorie, besondere Fettsäuren, die auch wieder auf das Immunsystem wirken und eine antiallergische Wirkung entfachen, aber so ganz sicher ist das noch nicht. Das sind bisher einfach Beobachtungen."

Einige Hersteller von Babynahrung haben schon reagiert. So gibt es zum Beispiel "Tagliatelle mit Seefisch" im Gläschen – für Babys ab dem achten Monat. Allergien drohen leider auch von anderer Seite, von der es die Mütter am wenigsten erwarten: Arzneimittel für die Kleinen. Prof. Hans Merk, Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen.

"Also meistens bei allergischen Arzneimittelreaktionen äußern die sich so nach einer Woche etwa nach Einnahme dieses Medikamentes. Dann ist der Verdacht sehr groß. Und dann ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen, der eben das Medikament auswechseln kann. Also es ist schon sinnvoll in den meisten Fällen, das Medikament abzusetzen."

Oft reagieren die kleinen Patienten allergisch besonders auf Penicillin-Präparate. Zum Glück gibt es hier aber eine Vielzahl von Antibiotika, die alternativ verabreicht werden können. Eine besondere Rolle auf dem Allergiekongress spielten Medikamente auf pflanzlicher Basis – sogenannte Phytopräparate. Sie sind – allergologisch gesehen - bedenklicher als synthetische Arzneien.

"Wir sehen durchaus auch viele Reaktionen gerade bei Phytopräparaten. Die sind eben nicht unter dem Aspekt entwickelt, auch gut verträglich zu sein. Und da sehen wir häufig Reaktionen, vor allem sind die auch diagnostisch schwierig, das kann – wenn man eine solche Überempfindlichkeit hat – zu Blasenbildungen an der Haut führen."

Allergien sind auf dem Vormarsch. Rund ein Drittel der Bevölkerung ist heute in unterschiedlicher Weise betroffen. Vorbeugen – so die Experten auf dem "5. Deutschen Allergiekongress" - kann vor diesem Hintergrund gar nicht früh genug beginnen. Am besten schon im Babyalter.