"Eine sehr interessante und mutige Initiative"
Die Juristin Seyran Ates will in Berlin eine liberale Moscheegemeinde gründen. Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer erhofft sich davon neue Impulse für einen moderneren Islam. "Vieles von dem, was als Tradition weitergetragen wird, ist problematisch", sagt sie.
Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer begrüßt die Pläne der deutsch-türkischen Juristin Seyran Ates, in Berlin eine liberale Moscheegemeinde zu gründen.
"Ich finde es eine sehr interessante und mutige Initiative, die jetzt auch, glaube ich, zum rechten Moment gestartet wird", sagte Krämer im Deutschlandradio Kultur. "Man kann sich jetzt nicht gleich erwarten, dass hier erdbebenartig neues Denken einsetzt, aber es wäre doch ein symbolträchtiges Vorhaben."
Probleme im Umgang mit Pluralismus
Von dem Projekt könnten auch neue Impulse für den Islam ausgehen, betonte die Leiterin des Instituts für Islamwissenschaft an der FU Berlin. Denn die Lehre, wie man als Muslim "richtig" zu leben habe, müsse kritisch durchdacht werden: "Vieles von dem, was als Tradition weitergetragen wird, ist problematisch."
Die drängendsten Fragen, die die Muslime zu klären hätten, seien das Geschlechterverhältnis und der Umgang mit unterschiedlichen Meinungen. Außerdem müssten Muslime Wandel und Öffnung energischer bejahen - nicht nur in der Alltagspraxis leben, sondern auch intellektuell vortragen.
"Jedenfalls sind diejenigen, die da sehr aufgeschlossen und offen sind, immer sehr scharfer Kritik ausgesetzt, weil man sie schnell beschuldigt, die Tradition und die Religion zu verraten und gewissermaßen zu verkaufen an eine äußere Umgebung, die bestimmte Erwartungen hat und der man sich dann eben nicht einfach unterwerfen sollte", sagte Krämer. "In diese Spannung wird auch Frau Ates mit ihrem Unternehmen treten, aber da führt auch nichts dran vorbei." (uko)