Eine Wahl gegen Sarkozy
Es ist eine doppelte Überraschung, die nach der Auszählung der Präsidentschaftsvorwahl von Frankreichs Konservativen für Aufregung sorgt: Der ruhige Ex-Premier François Fillon feiert einen spektakulären Sieg, Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy erleidet eine schwere Niederlage.
Von einem K.O.-Sieg Francois Fillons sprach man am Abend in Paris. Dass er mit einem Vorsprung von mehr als 15 Prozent der Stimmen den favorisierten Alain Juppé auf Platz Zwei verweist und Nicolas Sarkozy ins politische Abseits befördert – damit hatte wahrlich niemand gerechnet.
In den letzten Jahren war Francois Fillon in der Öffentlichkeit kaum präsent, nachdem er zuvor fünf Jahre lang Premierminister unter Präsident Sarkozy war. Er ist ein Wirtschaftsliberaler: Haushalte und Unternehmen will er steuerlich entlasten, die 35-Stunden-Woche soll abgeschafft, das Arbeitslosengeld gekürzt, das Rentenalter angehoben werden; im Öffentlichen Dienst will er 500.000 Stellen streichen.
Ein Kandidat, der das Rampenlicht meidet
Mit diesen Zielen unterscheidet er sich nicht wirklich von seinen parteiinternen Konkurrenten: den Ausschlag für seinen Wahlsieg, vermutet man in Paris, könnte seine Persönlichkeit gegeben haben: Er sucht nicht das Rampenlicht, nicht den lauten, pathetischen Auftritt, sondern gibt sich eher diskret, immer wieder auch staatsmännisch. Diese Ruhe scheint im daueraufgeregten Frankreich gut anzukommen. Auch am späten Abend zeigte sich der Wahlsieger Francois Fillon nicht triumphierend, sondern fürsorglich: "Dieser erste Wahlgang verlief würdig und verantwortungsvoll. Meinen Konkurrenten, die nicht in die zweite Runde gekommen sind, sage ich: Sie haben Ihre Ideen verteidigt und der Demokratie einen großen Dienst erwiesen. Die Niederlage darf niemanden demütigen. Denn wir werden alle brauchen."
Der große Favorit Alain Juppé hat es zwar in die Stichwahl am nächsten Sonntag geschafft, dürfte aber mit deutlich besseren Werten gerechnet haben und entsprechend enttäuscht sein. Aus dem Favoriten ist über Nacht der Außenseiter geworden, im Gegenzug gilt der Außenseiter Francois Fillon schon als Favorit für den zweiten Wahlgang. Allerdings: Alain Juppé gab sich kämpferisch: "Ich habe mich entschieden, den Kampf fortzusetzen – für all jene, die an mich und meine Überzeugungen glauben und an meine Vorstellungen von Frankreich. Mehr als jemals hat Frankreich es nötig, zusammenzustehen und sich gemeinsam gegen den Front National zu stellen."
Ein Kandidat, den vor allem die Opposition will
Nicolas Sarkozy ist der große Verlierer des Abends. Dieses Ausscheiden schon im ersten Wahlgang bedeutet vermutlich das Ende seiner politischen Karriere, als er seine Niederlage einräumte, klang das wie ein Abschied: "Viel Glück, Frankreich! Viel Glück Euch allen! Seid versichert, dass alles, was Frankreich betrifft, mich auch in Zukunft persönlich angehen wird. Ich bin so, und man ändert sich doch nicht. Ich bin nicht traurig und ich wünsche Euch und meinem Land und denen, die es jetzt führen werden, das Beste. Unsere Partei hat ein gutes Bild abgegeben, und ich war glücklich, an diesem Kampf teilnehmen zu dürfen. Ein 'Auf Wiedersehen!' euch allen!"
Sarkozys Niederlage ist auch der hohen Wahlbeteiligung zuzuschreiben. Etwa vier Millionen Franzosen beteiligten sich an dieser für alle offenen Wahl, ein Drittel von ihnen, ermittelten Wahlforscher, sympathisieren nicht mit den Konservativen. Vieles spricht dafür, dass sehr viele zur Wahl gingen, um Sarkozy zu verhindern – in Teilen des linken Lagers ist er regelrecht verhasst. Das ist bitter für ihn, steht doch die eigene Partei mehrheitlich hinter ihm, bei einer parteiinternen Abstimmung wäre ihm der Sieg kaum zu nehmen gewesen. Zu Beginn des Verfahrens haben alle Kandidaten erklärt, den Sieger der Vorwahlen rückhaltlos unterstützen zu wollen. Auf diesen Sieger – Alain Juppé oder Francois Fillon – wartet auch die Aufgabe, aus robusten, ziemlich hartgesottenen Wahlkämpfern wieder Parteifreunde zu machen.