Ich habe so etwas noch nie zuvor in meinem Leben gesehen. Das ist fantastisch!
Nach Urlauberflaute auf La Palma
Ein Grollen, Rauschen und Grummeln von Mutter Erde - 85 Tage lang lebte La Palma mit Feuer, Lava und Asche. Der Vulkanausbruch hielt die ganze Insel in Atem. © picture alliance / dpa / Arturo Jimenez
Ist der Vulkan bald Touristenmagnet?
22:04 Minuten
Seit zwei Monaten ist der Vulkan auf der Insel La Palma aktiv. Mit Folgen: Menschen verlieren ihre Häuser, ihre Tiere, ihre Erinnerungen. Touristen, existenziell wichtig für die Wirtschaft der Kanareninsel, bleiben weg. Doch das müsste nicht so sein.
„Seht euch die ganze Asche auf dem Boden an!“ fordert Jonás, der Tourguide, die Touristen in seinem Kleinbus auf. Fassungslos schauen die aus den Autofenstern.
Alles ist von einer grauen Pulverschicht überzogen
Sie sehen eine unwirkliche Geisterstadt: Hausdächer, Gärten, parkende Autos, Straßen, Palmen und Weinplantagen sind mit einer grauen Pulverschicht überzogen. Wie eine Winterlandschaft, wenn frischer Schnee gefallen ist, nur ist hier alles dunkel gefärbt. “Look, at the ash everywhere.”
Räumfahrzeuge kehren die mit Asche überzogenen Straßen im Dorf El Paso im Aridane-Tal auf La Palma, an den Rändern bilden sich Meter hohe Haufen.
Jonás Perez nähert seinen Exkursionsbus über Schleichwege langsam dem Vulkan an – durch eine Zone, die noch nicht evakuiert ist. Schon aus der Ferne ist der Vulkankegel zu sehen, aus dem orange-rot leuchtende Lava fließt.“
Seine sechs Passagiere sind von weit her gekommen für diese Tour: aus Madrid und London. Fotograf Mike kann es kaum erwarten, zum ersten Mal einen Vulkan vors Objektiv zu bekommen. Doch Jonás hat die Dramaturgie gut geplant.
Aussteigen und lauschen
Vor einer halben Stunde hat er die Touristen bei strahlendem Sonnenschein im Hafen von Santa Cruz, im Osten der Insel abgeholt. Dann ging es in Serpentinen über den Bergpass auf die andere Inselseite: In den Westen, wo die Aschewolke des Vulkans den Himmel verdunkelt. Bevor Jonás noch näher heranfährt, heißt es erst einmal: aussteigen und lauschen.
Ehrfurchtsvoll blicken die Touristen auf das zwei Kilometer entfernte Bergmassiv. Von der Landstraße, neben der sie stehen, haben sie freie Sicht auf den Vulkankegel des Cumbre Vieja, der sich hier seit dem 19. September aufgetürmt hat. Aus der Flanke des Vulkans fließt frische Lava den Hang hinab Richtung Meer.
"Unglaublich, soviel Lärm und jetzt auch noch die fließende Lava, das muss man einfach erlebt haben! Das Geräusch ist noch beeindruckender als die Lava selbst."
Fotograf Mike ist nur für diesen Blick auf den Vulkan von England auf die Kanaren geflogen. Genau 48 Stunden dauert sein Blitz-Trip:
"Heute morgen bin ich um ein Uhr aufgestanden, um sechs bin ich von London losgeflogen, um 10 Uhr 40 war ich auf Teneriffa. Dort habe ich das 1-Uhr-Schiff nach La Palma genommen und morgen früh um 11 Uhr geht’s wieder zurück von hier nach Teneriffa, abends nehme ich den Flieger nach London und um ein Uhr morgens bin ich wieder daheim. Das ist es auf jeden Fall wert. Ich wollte schon immer einen Vulkan sehen, und das war jetzt schon wunderbar."
Der Tourismus ist massiv eingebrochen
Tourguide Jonás führt normalerweise mit seiner Firma „Isla Bonita Tours“ Wanderer über die Insel. 15 Personen arbeiten für ihn, doch gerade als das Geschäft nach der COVID-Krise wieder angelaufen war, stoppte es schlagartig mit dem Vulkanausbruch.
Nach einer kurzen Schockstarre stellte Jonás sein Konzept um und bietet nun Vulkantouren an. An den Wochenenden ist er gut gebucht, sagt er. Ansonsten sei der Tourismus massiv eingebrochen. Fast alle Mitarbeiter hat er in Kurzarbeit geschickt.
"Wir denken gerade nicht daran, Gewinn zu machen, sondern nur, unseren Verlust zu begrenzen. Ich stelle nicht einmal fünf Prozent der üblichen Rechnungen, wir haben extrem wenig Umsatz.
Das bisschen Einkommen reicht immerhin, um unsere wenigen Fixkosten zu zahlen und etwas zum Leben zu haben. Wir können diesen Vulkanausbruch irgendwie durchstehen. Aber die wichtige Frage ist: wie geht es weiter, sobald der Vulkan zur Ruhe kommt?
Momentan lebt der 34-jährige mit Frau und zwei kleinen Kindern im Haus der Schwiegereltern. Denn sein eigenes im sechs Kilometer südlich gelegenen Puerto Naos musste er verlassen.
7.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen
Der Ort wurde evakuiert und die Lava hat auch die Verbindungsstraße nach Los Llanos im Aridane-Tal verschüttet, dem Wirtschafts- und Geschäftszentrum der Westküste.
Unter dem Cumbre Vieja Bergmassiv, wo früher blühende Fincas, kleine Landhäuser und Bananenplantagen waren, erstreckt sich nun ein breiter, dunkelbraun-schwarzer Lavastreifen die Bergflanke hinunter bis in den Atlantik.
Tagsüber zeigen Rauchschwaden, wo sich die Lava neue Gebiete holt. Nachts leuchtet die frische Lava. Mehr als 7.000 Bewohner mussten inzwischen ihre Häuser verlassen und 1.000 Hektar Land hat die Naturkatastrophe zerstört.
Neben den individuellen menschlichen Tragödien ist dies auch ein massiver Schlag für den Tourismus und die gesamte Insel-Wirtschaft, erklärt Mercedes Hernández, die Vorsitzende des Unternehmerverbandes von La Palma:
"Zum heutigen Zeitpunkt sind mehr als 2000 Gebäude zerstört, mehr als 200 davon waren kleine Industriebetriebe, Geschäfte, Unterkünfte und Restaurants. Viele Einrichtungen haben jetzt erst einmal geschlossen, wir haben keine Zahlen, ob für immer oder nur zeitweise.
Sicher aber ist, dass 195 Firmen ihre mehr als 1000 Beschäftigten in Kurzarbeit geschickt haben. Das ist sehr dramatisch, denn es sind mehr als 1000 Familien, die jetzt 30 Prozent weniger Einkommen haben. Und das wirkt sich natürlich auf das Budget und den Konsum aus."
Nur jedes fünfte Bett belegt
Auch 25 Prozent der touristischen Betten der Insel seien vom Vulkan zerstört worden oder nicht nutzbar, sagt die Unternehmerin. Und von den verbliebenen 12.000 sei derzeit nur jedes fünfte belegt.
Besonders schlimm trifft die Einheimischen, dass gleichzeitig auch Tausende von Kilos Bananen nicht geerntet werden können. Betten und Bananen, Tourismus und Landwirtschaft, das sind die beiden miteinander verbundenen Grundpfeiler der Inselwirtschaft. Die zusammen rund 40 Prozent des Einkommens der Menschen vor Ort ausmachten, sagt die Chefin des Unternehmerverbandes.
Eine Marketing-Kampagne soll nun den Tourismus ankurbeln. „La isla bonita“, die schöne Insel, nennen die Einheimischen stolz La Palma.
Marketing-Kampagne gegen Tourismus-Flaute
Besonders deutsche Touristen schätzen das milde Klima der Westküste mit ihren Bananen-Plantagen. Vor der Covid-Pandemie kamen knapp 260.000 Touristen jährlich auf die nordwestlichste Kanareninsel, mehr als ein Drittel davon waren Deutsche.
2020 ging der Tourismus auf der Insel wegen der Covid-Krise wie auf den anderen Inseln insgesamt um knapp 70 Prozent zurück. Im Sommer schien endlich alles wieder anzulaufen, doch dann brach der Vulkan aus.
„Aus tausend Gründen schön“, so lautet die Devise der Marketing-Kampagne. Das Promo-Video erinnert an alte Zeiten: Es zeigt lachende, badende Menschen, Drohnenflüge über Küsten, Berggipfel und Urwälder der Insel und ganz kurz auch die leuchtende Lavafontäne des Vulkans.
Raul Camacho, der Tourismus-Beauftragte der Insel, hat sich das ausgedacht. Während er in seinem Büro in Los Llanos den frisch produzierten Film auf seinem Handy zeigt, vibriert auf einmal der Boden des Raums und die Scheiben klirren leicht: ein Erdbeben.
Tourismus war fast auf Null
An manchen Tagen passiert das jede halbe Stunde, doch dieses war etwas stärker als sonst, sagt Raul. Der Vulkan erschüttert nicht nur physisch das Aridane-Tal, sondern inzwischen auch die Lebensgrundlage vieler Bewohner.
"Vor dem Vulkanausbruch hatten wir für die Wintersaison eine geplante Bettenbelegung von fast 90 Prozent, doch der Tourismus ist nach den ersten zwei Wochen auf fast Null zurückgegangen.
Alle, die kommen wollten, haben ihre Reservierungen gecancelt oder verschoben. Sie warten ab, bis der Vulkanausbruch aufhört. Viele Einheimische hier haben alles verloren durch den Vulkan, und jetzt verlieren sie auch noch ihre Arbeit."
Keine Direktflüge von Condor mehr - bis Februar
Seit dem Vulkanausbruch seien mehr als 32.000 Flugplätze storniert worden, sagt Raul Camacho. Alleine im November fehlten nun 12.000 Touristen aus Deutschland, England und Holland. Der Großteil der Deutschen reiste mit Condor an. Doch seit Anfang November fliegt die Fluglinie die Insel nicht mehr direkt an – vorerst bis Ende Februar.
Es war zu aufwendig und teuer, ständig Flüge wegen der Aschewolke zu verschieben und Passagiere auf Schiffe und in Hotels umzubuchen, erklärt Condor-Pressesprecherin Magdalena Hauser.
"Wir hoffen sehr, dass schon bald auch klarer ist, wie sich die Vulkaneruption und die Aschewolke weiterentwickeln, damit wir dann im Idealfall auch unsere Flüge schon kurzfristig wieder aufnehmen können.
La Palma gehört für uns zu den wichtigsten Zielen auf den Kanarischen Inseln, und wir würden uns natürlich sehr freuen, schon bald wieder dazu beitragen zu können, den Tourismus auf der Insel wieder anzukurbeln."
"La Palma ist sicher"
Das Condor-Angebot, mit einem Zwischenstopp nach La Palma zu fliegen, habe nur ein Bruchteil der Reisenden angenommen. Die meisten stornierten, buchten um oder verschoben die geplante Reise.
Derzeit versucht die Inselregierung mit Fluglinien und Reiseveranstaltern günstige Pakete auszuhandeln, um wieder internationale Touristen nach La Palma zu holen:
Die Kosten für Schiff und eine Übernachtung würde die Inselregierung übernehmen. Doch das Interesse war bisher begrenzt sagt Raul Camacho. Den Grund dafür sieht der Tourismus-Verantwortliche in der Medienberichterstattung.
"Viele deutsche Medien haben die Fernsehbilder falsch interpretiert: Sie sahen Menschen mit Covid-Masken und berichteten, dass man auf La Palma nicht atmen könne. In Wirklichkeit ist die Luftqualität auf La Palma viel besser, als in vielen Städten Spaniens oder Deutschlands und das, obwohl wir einen Vulkan hier haben.
La Palma ist Naturschutzgebiet, unsere Geografie und Natur sorgen dafür, dass wir eine saubere Luft haben. La Palma ist sicher! Es bestand und besteht keine Gefahr für die Menschen hier und wir brauchen den Tourismus dringend, um wieder auf die Beine zu kommen."
Es gibt Pläne für den Wiedaufbau
Und damit meint Raul Camacho auch den Vulkantourismus. Die Pläne für den Wiederaufbau nach der Vulkaneruption werden gerade gemacht. Auf der Lava soll schnell und unbürokratisch gebaut werden, auch touristische Infrastruktur:
Straßen und Wassersysteme sollen die abgeschnittenen Regionen schnell wieder zugänglich machen. Raul hofft, dass die derzeitige Krise eine Chance sein kann, vieles besser und vor allem umweltfreundlicher zu machen:
Mehr Solarenergie, ökologische Landwirtschaft, modernes Abwassermanagement. Er ist überzeugt: Mittelfristig wird der Vulkan zum Touristenmagnet werden. Momentan ist er es noch nicht.
Am Hafen von Santa Cruz im Osten der Insel hat gerade eine Fähre angelegt. Besucher strömen an Land, wo bereits eine lange Menschenschlange mit Koffern wartet, die die Insel verlassen will. Am blauen Himmel ist über dem Hafen heute ein gräulicher Streifen zu sehen.
Die Aschewolke hat es über das Bergmassiv im Inselinneren auf die Ostseite geschafft. Darum sind auch alle Flüge des nahegelegenen Flughafens für heute abgesagt.
Und so weichen Einheimische, Wissenschaftler, Sicherheitskräfte, Journalisten und Touristen auf die Fähren aus. An Wochenenden bringen kostenlose Shuttle-Busse die Besucher ins Aridane-Tal zum Kirchplatz von Tajuya.
Nachts sieht man von hier aus die gewaltige Feuer- und Lavafontäne am Besten. Fernsehmoderatoren mit Schutzbrillen und Atemmasken machen hier ihre Liveschalten. Die Kameras zoomen nah an die drei Kilometer entfernte Lava heran.
Auch die Vulkanologen sind schon da
Etwa zweihundert Menschen schauen ihnen heute Abend dabei zu. Staunen, fotografieren und machen Selfies. Direkt unter dem Kirchplatz haben die Vulkanologen des spanischen Nationalen Geografischen Instituts ihr Einsatzzentrum eingerichtet:
„Hier sammeln wir die Daten“, erklärt die Vulkanologin María José Blanco und zeigt auf zwei große Computermonitore. Die Messwerte verschiedene Datenbanken aller kanarischen Inseln laufen hier in Echtzeit zusammen: Landverformungen, Gas-Emissionen, Erdbeben. Ein Zickzack bunter Linien zeigt die seismische Aktivität in La Palma an.
"Wir beobachten hier gerade eine strombolianische Eruption. Der Kegel ist schon mehrfach zusammengestürzt und hat sich wieder neu aufgebaut. Er öffnet sich Richtung Osten und dorthin sind auch die meisten Lavaströme geflossen. Momentan fließt die Lava über der alten Lava Richtung Meer.
An ein paar Stellen schleudert der Vulkan auch pyroklastische Brocken wie Wurfgeschosse in den Himmel. Außerdem stößt er eine Asche- und Gaswolke aus, die an manchen Tagen bis zu fünf Kilometer hoch war und dann verweht wurde. Momentan ist der Kegel mehr als 120 Meter hoch, aber das kann sich täglich ändern."
Rund um die Uhr beobachten die Wissenschaftler den Vulkan und geben relevante Informationen sofort an den Krisenstab weiter.
María José Blanco ist stolz, dass alle Entscheidungen auf wissenschaftlicher Grundlage getroffen werden. Abgeriegelte Sperrzonen garantieren die Sicherheit von Einwohnern und Besuchern. Jeden Tag wird die Bevölkerung informiert, wie sie sich verhalten soll.
"Im Verlauf dieses Vulkanausbruchs gab es an manchen Tagen Probleme mit Gasen. Aber wer die richtigen Masken trägt oder zuhause bleibt, dem passiert nichts. An Tagen mit viel Asche muss man natürlich einen Kopf- und Augenschutz tragen und den Körper schützen.
Natürlich können Touristen auch jetzt problemlos hierherkommen. Möglicherweise kann ihr Flug wegen der Aschewolke nicht wie geplant auf der Insel landen. Aber das ist wirklich das einzige Problem."
"Die Leute trauen sich nicht zu kommen"
Am nächsten Tag macht Sabine Prechtl mit einer Freundin eine lange Autofahrt über die Insel. Sie war früher Reiseleiterin für einen großen deutschen Touristikkonzern auf La Palma. Heute verwaltet sie verschiedene Ferienanlagen. Zuerst geht es in den Osten.
Am beliebten Sandstrand von Los Cancajos badet an diesem November-Vormittag nur ein einziges Pärchen. Ein Jogger läuft die Strandpromenade entlang. Die Büros der Autovermieter, Walbeobachter und Tourguides sind geschlossen.
"Hier auf der Ostseite oder im Norden, wo noch viel Plätze sind, wird nicht belegt, weil eben die Leute sich nicht trauen zu kommen, weil denen in Funk, Fernsehen und Presse gesagt wird, wie schrecklich alles ist, es hört sich an, als würde die Insel zusammenbrechen."
Betroffen sind nur acht Prozent der Inselfläche
Gerade einmal acht Prozent der Inselfläche sind vom Vulkanausbruch betroffen. Wer in den Norden, Osten oder Süden fährt, bekommt davon kaum etwas mit. Sabine Prechtl lebt seit vielen Jahren auf der Insel und ist mit einem einheimischen Unternehmer und Landwirt verheiratet. Beide leben wie so viele hier vom Tourismus und dem Bananen-Anbau.
Die letzte Woche im September. Auch damals ist Sabine Prechtl im Auto unterwegs, allerdings, um die von ihr gepachteten Bungalows zu evakuieren.
"Wenn die Lava diese Straße hier erreicht, kommen wir von hier nicht mehr runter nach Puerto Naos, das ist der einzige Zugang noch, da oben ist ja schon die Lava runtergegangen über die Straßen."
"Wir brauchen Touristen"
Einen Teil ihrer 14 Häuschen hat Sabine an Vulkanologen und Evakuierte vergeben und einige an die paar Touristen, die gekommen sind.
"Diese Menschen brauchen wir, es sind auch kein Katastrophenurlauber, es sind Interessierte, die mal so einen akuten Vulkanausbruch sehen wollen. Die kommen sowieso nicht an die Menschen ran, die alles verloren haben. Die kommen auch nicht an die verschütteten Häuser ran. Das ist ja alles abgesperrt.
Diese Touristen brauchen wir, weil wenn die auch noch zurückgehen, haben wir noch andere Arbeitslose: Nicht nur die, die alles verloren haben, sondern das ganze Personal aus Hotel- und Restaurants, und Geschäfte und Autovermieter, das fehlt uns ja dann auch. Und im Prinzip fehlen die gerade jetzt. Das sind keine Katastrophenurlauber."
Wie ein verantwortungsvoller Tourismus selbst im Aridane-Tal möglich ist, zeigt José Ramon Roca. Sechs Wochen hat der Bootskapitän nach dem Vulkanausbruch gewartet, bevor er heute zum ersten Mal wieder im Hafen von Tazacorte in See sticht.
Normalerweise bietet er Walbeobachtungen für 70 Personen auf seinem Schiff an. Heute haben sich 12 Personen angemeldet, die den Vulkan vom Wasser aus sehen wollen. José Ramon nennt dies eine solidarische Fahrt: Er spendet den Großteil der Einnahmen an Menschen, die ihr Haus durch den Vulkan verloren haben.
"Heute ist ein besonderer Tag. Denn wir versuchen, wieder zu arbeiten, auch wenn wir kaum Klienten haben. Den Großteil der heutigen Einnahmen bekommt einer unserer Mitarbeiter, der sein Haus verloren hat.
Morgen wählen wir einen anderen Mitarbeiter, und wollen das auch auf andere Personen ausweiten. Wir tun, was wir können. Aber sehr viel touristisches Interesse an unserer Exkursion gibt es momentan nicht."
"Die größte Gefahr ist ein Autounfall"
Mit an Bord sind heute unter den wenigen Gästen einige Einheimische, die die Aktion unterstützen, sowie ein Pärchen aus London, und eine Familie aus Berlin. Karsten und Katja haben sogar ihre kleine Tochter nach La Palma mitgebracht:
"Wir haben uns sehr lange erkundigt über die Qualität der Luft, die Situation hier über die Erdbebenstärke hier. Und haben rausgefunden, dass die größte Gefahr hier ist, dass man in einen Autounfall verwickelt wird, weil alle sich auf Asche den Vulkan anschauen."
Gestern hat die Berliner Familie den Vulkan vom Kirchplatz aus beobachtet. Und jetzt möchte sie vom Meer aus sehen, wie die Lava eine neue Landzunge bildet.
Blick auf den Vulkan vom Wasser
Kapitän José Ramon Roca schippert eine Weile die Küste entlang, steuert dann aufs offene Meer hinaus, dreht und nähert sich wieder dem Vulkan. Über dem Aridane-Tal hängt die dunkle Aschewolke. Fast schon unwirklich wirkt dies aus der Entfernung. Vier Kilometer entfernt von der Küste stoppt Roca das Boot.
Und was seine Passagiere dann erleben, übertrifft alle Erwartungen: Delfine und Grindwale tauchen neben dem Schiff auf. Durch die Unterwasserfenster sehen sie die massiven Körper der Tiere. An Deck beobachten sie, wie die Meeressäuger im Sonnenuntergang im Wasser spielen, während in der Ferne die rot glühende Lava ins Meer fließt.
So schrecklich der Vulkanausbruch auch für die Betroffenen ist, so unvergesslich ist er für die, die ihn heute mit sicherem Abstand beobachten dürfen.