Wachsen am Widerstand

Eine philosophische Betrachtung der Langhantel

Christian Zippel steht im Fitnessstudio und trainiert.
Der Philosoph Christian Zippel mit einer Langhantel. © Deutschlandradio / Elmar Krämer
Von Elmar Krämer |
Eine Eisenstange und zwei Gewichte – fertig ist die Langhantel. Der Philosoph und Personal Trainier Christian Zippel gilt als einer der Experten, wenn es um das Sportgerät geht, der darin nicht nur ein Trainingsgerät für die Muskeln sieht.
Eine um die zwei Meter lange Eisenstange und diverse Hantelscheiben unterschiedlichen Gewichts, zwei Verschlüsse, damit die Scheiben nicht von der Hantelstange rutschen – fertig! Einsatzbereit ist die Langhantel. Jenes Trainingsgerät, dass in jedem Boxverein, in jeder Bodybuilding-Pumper-Bude, in Crossfit-Studios überall auf der Welt und auch dem Standard Fitnessstudio an der Ecke seinen Platz hat. "Für mich ist die Langhantel das beste Instrument, um sich ganzheitlich zu entwickeln." Sagt Christian Zippel. Er ist Personal Trainier, Autor zahlreicher Fitnessbücher und Dr. der Philosophie.
"Der Mensch wächst am Widerstand und er schrumpft an der Schonung. Das gilt für Körper und Geist. Jeder, der mal einen Gips hatte, weiß, wie schnell sich ungenutzte Muskulatur abbaut. Und auch ohne geistige Herausforderungen verkümmert der Mensch."

Die Langhantel ein Indikator für Willensstärke

In dem kalten Eisen der Langhantel sieht Christian Zippel nicht nur ein Gerät zum stählen der Muskeln. Die Langhantel ist für ihn auch ein Indikator für Willensstärke und Selbstbewusstsein, denn wer eine Hantel heben will, die z.B. schwerer ist, als der eigene Körper, der braucht nicht nur eine saubere Technik und Muskelkraft, sondern auch den Willen und den Focus.
"Wenn man dann z.B. 200 Kg auf dem oberen Rücken hat und dann sagt, mit dieser Last gehe ich jetzt in die Knie. Das ist ein enorm wertvolles Gefühl, wenn man das schafft, erst in gewissem Sinne zusammengedrückt zu werden von einem schweren Gewicht und es dann aber wieder schafft, aufzustehen, sich aufzurichten, mit erhobenem Haupt, dann kann man enorm daran wachsen, weil man merkt, wie mächtig man sein kann und das es nicht darauf ankommt, dass man versucht zu verhindern, dass man mal in die Knie geht im Leben, sondern dass es darauf ankommt, immer und immer wieder aufzustehen."

Aufheben, Aufstehen, etwas heranziehen

Beim Langhanteltraining wird meist der ganze Körper trainiert und Muskelketten anstatt einzelner Muskelgruppen. Hebt man beispielsweise die Hantel über den Kopf und ist ein Arm schwächer als der andere, dann sieht man das sofort – sogenannte muskuläre Dysbalancen werden deutlich und das bei allen Basisbewegungen des menschlichen Körpers: Aufheben, Aufstehen, etwas heranziehen und etwas wegdrücken – übt man das im Training mit steigendem also progressivem Gewicht, werden auch alltägliche Dinge bspw. Getränkekästen tragen leichter:
"Aufheben bedeutet Kreuzheben, ich hebe die Hantel vom Boden auf, aufstehen bedeutet Kniebeugen, ich belade meinen Oberkörper mit einer Langhantel und gehe in die Knie und richte mich dann wieder auf. Zu mir etwas hinziehen bedeutet Rudern: Ich ziehe die Hantel zu mir hin und von mir wegdrücken bedeutet, ich drück die Hantel von mir weg. Wenn ich diese vier Basisbewegungen mit progressiven Wiederständen trainiere, regelmäßig und mit sauberer Technik, dann werde ich ganzheitlich wachsen – das funktioniert mit der Langhantel perfekt – genauso wurde er geschaffen für diese Bewegungen und genauso trainiere ich."

Ein Nutzen für den Alltag

Entscheidend ist die saubere Technik und die richtige Dosis. Es ist immer besser, mit leichten Gewichten anzufangen, als von falschem Ehrgeiz getrieben sofort zu den schweren Gewichten zu greifen. Wer es aber langsam und sorgsam angeht und im Zweifel einen guten Trainier oder Trainingspartner zu Rate zieht, der kann aus dem Training mit der Langhantel einigen Nutzen für den Alltag ziehen und das nicht nur in körperlicher Hinsicht, davon ist Christian Zippel überzeugt.
"Das Schöne am Menschen ist, und das ist das Faszinierende und Wunderbare: Der Mensch wächst am Widerstand, wenn man ihn herausfordert und ihn an seine Grenzen bringt, dann fühlt er sich vielleicht schlecht, aber danach wird er besser, stabiler und gesünder. Und ich denke so etwas ganz, ganz simples wie die Langhantel kann genau so etwas auch dem Menschen beibringen. Alle denken immer nur an Muskeln und Kraft, aber das ist nur die Oberfläche. Viel, viel tiefer geht, dass man menschlich daran reift."
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