Waffengesetze in den USA

Blockierer in der Mehrheit

John Willer schießt mit einem Maschinengewehr auf dem Gelände des Big Sandy Machine Gun Shoot, außerhalb von Wikieup, Arizona, USA.
Laut Schätzungen sind in den USA mehr als 300 Millionen Feuerwaffen im Umlauf © picture-alliance / dpa / Jim Lo Scalzo
Von Marcus Pindur |
In den USA sterben jedes Jahr etwa 30.000 Menschen durch den Gebrauch von Schusswaffen. Obwohl sich mittlerweile die Mehrheit dafür ausspricht, individuellen Waffenbesitz stärker zu kontrollieren, deutet wenig auf eine Verschärfung des Waffenrechts hin.
Man hört den amerikanischen Präsidenten nicht oft singen.
(Obama singt "Amazing Grace")
Obama hielt die Trauerrede beim Begräbnis des Pastors Clementa Pinckney in Charleston, South Carolina. Pinckney war im Juni vergangenen Jahres mit acht seiner Gemeindemitglieder bei einem Amoklauf eines 21-Jährigen ermordet worden.
Der Fall war besonders aufsehenerregend, weil der Täter seine Opfer wahrscheinlich aus rassistischen Motiven und dann auch noch in der historischen Emanuel African Methodist Episcopal Church ermordet hatte, einer der traditionsreichsten schwarzen Gemeinden der Südstaaten. Die Frustration, die aus den Worten des Präsidenten sprach, war unüberhörbar.
"Es ist besonders verstörend, wenn der Tod einen Ort heimsucht, an dem wir Trost und Frieden suchen, einem Ort des Gebetes. Ich habe viel zu oft zu solchen Ereignissen Stellung beziehen müssen. Zu oft haben Gemeinden solche Gewalt ertragen müssen. Einmal mehr hatte jemand, der anderen Schaden zufügen wollte, keine Schwierigkeiten, eine Waffe zu bekommen."

Waffenbesitz ist vor allem in ländlichen Gebieten sakrosankt

Der mutmaßliche Täter hatte von seinem Vater eine Pistole zum Geburtstag geschenkt bekommen. Waffenbesitz ist besonders auf dem Land in den USA etwas völlig Normales.
Der Schießstand von "Mission Essential", einer Waffenhandlung in der Kleinstadt Hinesville in Georgia. Dutzende von Schützen üben hier jeden Tag. Hier bekommt der Waffenbesitzer alles, was das Herz begehrt: Munition, Handfeuerwaffen, Gewehre und die dazugehörige Ausrüstung.
Die Inhaberin ist Marcia Murks. Das Geschäft läuft gut. Marcia Murks ist für das Recht auf individuellen Waffenbesitz. Aber anders als die Lobbyorganisation der Waffenindustrie und Waffenbesitzer, die National Rifle Association, NRA, ist Marcia Murks für eine stärkere Überprüfung der Waffenkäufer.
"Ganz klar, es muss Überprüfungen geben. Private Waffenverkäufe sollten verboten werden. Ich kann eine Waffe einfach so verkaufen, auch an einen Kriminellen. Ich kann eine Waffe über das Internet kaufen, ohne Überprüfung. Das ist meiner Ansicht nach verrückt."
Tatsächlich sind einer Umfrage des Pew-Institutes zufolge 85 Prozent aller Amerikaner für eine Ausweitung der sogenannten Background-Checks, der individuellen Überprüfung vor jedem Waffenkauf. Doch viele Bundesstaaten schreiben keine Background-Checks vor. Auf sogenannten "Gun Shows" können Privatleute Waffen verkaufen und die Sicherheitsüberprüfungen umgehen.
Dazu kommt ein weiteres Problem: Die Datenbasis des FBI ist löchrig. Viele Kriminelle und Menschen mit psychischen Störungen sind nicht erfasst.

Keine Debatte über Einschränkung des Waffenbesitzes

Schätzungsweise 300 Millionen Feuerwaffen sind in den USA im Umlauf. Von einer Debatte über die generelle Einschränkung des Waffenbesitzes ist das Land weit entfernt. Alle republikanischen Präsidentschaftskandidaten sind gegen die Einschränkung des Zweiten Verfassungszusatzes, auf den sich die Waffenbefürworter beziehen, so auch der Senator aus Florida, Marco Rubio.
"Wir befinden uns im Krieg mit dem IS. Und sie haben uns auch schon hier angegriffen, in San Bernardino. Und es kann sein, dass das einzige, was uns vor den Terroristen schützt, eine Waffe ist. Und deshalb würde es mit mir als Präsident keine Einschränkung des Rechtes auf Waffenbesitz geben."
Die Welt der Waffenbefürworter ist ein geschlossenes System. Mehr Waffen für gesetzestreue Bürger würde das Leben sicherer machen, so das immer wieder vorgebrachte Argument. Dass dies an der Realität vorbeigeht, wird ausgeblendet. 30.000 Menschen kommen in den USA jedes Jahr durch Schusswaffen ums Leben. 12.000 durch Unfälle und Verbrechen, 18.000 durch Selbstmord.

Waffenbesitz laut Verfassung eigentlich nur wohlgeordneten Milizen vorbehalten

Die Waffenlobby in Gestalt der NRA hat es in den vergangenen 30 Jahren erfolgreich vermocht, das Recht auf Waffenbesitz als politische Metapher für bürgerliche Freiheit umzudeuten. Dass die vor über 200 Jahren geschriebene Verfassung den Waffenbesitz nur im Rahmen einer wohlgeordneten Miliz vorsah, will die konservative Mehrheit im Obersten Gerichtshof nicht zur Kenntnis nehmen.
Und die Waffenlobby kann besonders in ländlichen Wahlkreisen Abgeordnete gezielt unter Druck setzen. Jede gesetzgeberische Initiative versandet, wenn sich nur genug protestierende Wähler bei ihrem örtlichen Abgeordneten beschweren. Die NRA organisiert diesen Graswurzeldruck stets aufs Neue erfolgreich. Dass sich in absehbarer Zeit am amerikanischen Waffenrecht etwas Grundlegendes ändert, ist deshalb äußerst unwahrscheinlich.
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