Rechtsruck in Italien

"Eine Gefahr für Europa"

07:20 Minuten
Matteo Salvini und Silvio Berlusconi heben jeweils ihre rechte Hand und stehen links neben Giorgia Meloni.
Zwei alte Bekannte an der Seite Melonis: Matteo Salvini war von Juni 2018 bis September 2019 Innenminister Italiens, Silvio Berlusconi war vier Mal Ministerpräsident. © imago / Italy Photo Press / R4924_italyphotopress
Alexandra Geese im Gespräch mit Ute Welty |
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Das rechte Bündnis um Giorgia Meloni und die Fratelli d'Italia hat die Wahl in Italien gewonnen. Die Grünen-EU-Abgeordnete Alexandra Geese sieht rechtsextreme Kräfte im Auftrieb.
Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsradikalen Fratelli d'Italia, wird voraussichtlich die nächste italienische Regierungschefin. Ihre Partei kam bei der Parlamentswahl laut Hochrechnungen auf rund ein Viertel der Stimmen und wurde damit stärkste Kraft. Meloni will zusammen mit der Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und der Forza Italia des mehrmaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi regieren.
Die EU-Parlamentarierin Alexandra Geese (Grüne) blickt mit großer Sorge nach Italien: "Meloni macht mir Angst – als Europäerin. Denn ich glaube, dass ein Bündnis, das aus zwei rechtsextremen und europaskeptischen bis europafeindlichen Parteien plus der Berlusconi-Partei besteht, langfristig eine Gefahr für Europa ist."
Giorgia Meloni hält ein Plakat in den Händen, auf dem steht "Grazie Italia".
Sie ist wahrscheinlich die nächste Ministerpräsidentin Italiens: Giorgia Meloni. © picture alliance / dpa / Oliver Weiken
Zunächst werde sich Meloni allerdings gemäßigt zeigen, glaubt Geese. Zumal das hochverschuldete Land auf die Unterstützung der EU und insbesondere der Europäischen Zentralbank angewiesen sei. "Ich glaube aber, dass sie in ihrem Herzen eine Nationalistin ist, die aus einer postfaschistischen Tradition kommt. Ihr ist Europa nicht wichtig, sondern nur ein Mittel zum Zweck."

Melonis Vorbild ist Orbán

Die EU müsse sich auf ein Italien einstellen, "das rechtsextremen Kräften in ganz Europa Auftrieb geben" werde, betont die Politikerin. Meloni plane einen Umbau des Landes nach dem Vorbild Viktor Orbáns. Dieser habe Ungarn bereits "von einer Demokratie in eine Autokratie verwandelt". Der Abbau von Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit und einer unabhängigen Justiz sei nun auch in Italien zu befürchten.

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"Italien wird abdriften aus dieser europäischen Demokratie", warnt Geese. "Das wird sehr gefährlich werden." So dürfte es nach ihrer Einschätzung schwierig werden, im Europäischen Rat Mehrheiten für Klimapolitik oder für Rechtsstaatlichkeit zu gewinnen.

Skeptisch gegenüber Putin

Eine positive Entwicklung erkennt die Grüne bei Meloni: Diese habe sich in den letzten Jahren zu einer Skeptikerin gegenüber Russlands Präsidenten Putin entwickelt und verurteile den Krieg gegen die Ukraine. Allerdings seien ihre Partner Salvini und Berlusconi Freunde Putins.
Von der EU fordert Geese eine klare Haltung: "Wir müssen jetzt als Europäerinnen und Europäer, Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen, Europa verteidigen, klarmachen, dass Demokratie mehr ist als einmal alle vier Jahre wählen zu gehen, sondern dass Rechtsstaatlichkeit, eine freie Presse und eine unabhängige Justiz dazugehören."

Meloni hat von der EU wenig zu befürchten

Die in Venedig lebende Publizistin Petra Reski sieht eine gewisse Mitverantwortung der EU für das Wahlergebnis: Insbesondere der Aufruf von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die Italiener mögen "richtig" wählen, sei "extrem kontraproduktiv" gewesen.
Außerdem sei die EU stets recht "zahnlos" gegen Länder wie Ungarn und Polen vorgegangen, nach dem Motto: viel angedroht, nicht viel passiert. "Da wird sich Meloni keine großen Gedanken machen müssen, was die EU betrifft", sagt Reski.
Gewisse Defizite in der EU räumt auch Europaparlamentarierin Geese ein: "Was wir eigentlich in Europa machen müssen, ist sicherlich eine ausgewogenere Sozialpolitik. Die soziale Ungerechtigkeit wird auch in Italien sehr stark verspürt. Viele Menschen sind darüber sehr frustriert. Das wird diesen Winter noch schlimmer werden mit der Energiepreiskrise, die wir haben."
(bth)
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