Wahl zum CDU-Vorsitz verschoben

Das energielose Ende der Ära Merkel

07:11 Minuten
Annegret Kramp-Karrenbauer mit Mund-Nasenschutz, rechts neben ihr Bundeslkanzlerin Angela Merkel mit einem Handy in der Hand
Zwei Frauen auf dem Absprung: Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Vorsitzende und Angela Merkel als Bundeskanzlerin. Die Nachfolge verzögert sich - zum Nachteil der CDU, findet Ulrike Guérot. © imago / Political-Moments
Ulrike Guérot im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Der Nachfolger von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer soll erst nächstes Jahr bestimmt werden. Das zeuge von Energielosigkeit, meint die Politologin Ulrike Guérot. Sie stellt sich auf die Seite von Friedrich Merz, einem der drei Bewerber.
Ursprünglich sollte am 4. Dezember ein Parteitag mit 1001 Delegierten in Stuttgart darüber entscheiden, wer neuer CDU-Vorsitzender wird: Armin Laschet, Friedrich Merz oder Norbert Röttgen. Angesichts der steigenden Corona-Neuinfektionen hat die CDU nun eine Verschiebung beschlossen: Danach soll der Vorstand im Januar klären, ob und wann im Frühjahr 2021 ein Präsenzparteitag abgehalten werden kann oder eine Briefwahl nötig wird.
Ulrike Guérot im Porträt
Die Politologin Ulrike Guérot forscht zur europäischen Integration und zur Rolle Europas in der Welt.© imago / Metodi Popow
Diese Verschiebung sei "für die CDU sicher nicht gut", auch wenn der Grund verständlich sei, sagt die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Die Partei quäle sich schon seit geraumer Zeit mit der Nachfolge Annegret Kramp-Karrenbauers. "Es geht nicht um irgendeine Kanzlerkandidatur, sondern es geht um die Beendigung von 16 Jahren Angela Merkel, " so die Politikwissenschaftlerin. "Es ist ja auch nicht eine 'ordinäre' deutsche Bundestagswahl, sondern für die Partei massiv wichtig."

Merz' Argumente nicht einfach so wegwischen

Zum Argument des Bewerbers Friedrich Merz, in diesen Zeiten fänden auch andere Veranstaltungen statt, mithin würden Teile des "Parteiestablishments" mit der Verschiebung verhindern wollen, dass er Vorsitzender werde, meint Guérot: "Die Umfragen geben ihm Recht, dass er der Favorit ist." Er habe zumindest solide Chancen. Man könne seine Argumente "nicht einfach so wegwischen".
Aus Sicht der Politologin hat der ganze Prozess etwas von "Verwelken" und "Energielosigkeit", wie sie es formuliert: "Wir können ja nicht einen ewigen Dauer-Ausnahmezusatnd machen." Die CDU müsse planen, wie das Land und mit wem aus der Krise wieder hervorgehe, und auch mit welchem Programm. Da brauche es eine "Führungsfigur" - und auch entsprechende Fristen. Guérots Überzeugung: "Ein Parteitag würde der CDU jetzt wahrscheinlich 'gut tun'."
(bth)

Ulrike Guérot ist Politikwissenschaftlerin und Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems. Sie leitet zudem den Berliner Thinktank "European Democracy Lab", den sie gegründet hat.

Unsere ganze Sendung mit Ulrike Guérot hören Sie hier:
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