Wahlaufruf in kostenlosen Zeitungen

Anzeigenblätter gegen die Ausreden beim Wählen

06:40 Minuten
Aus Briefkastenschlitzen ragen Werbeblättchen heraus.
Anzeigenblätter würden von vielen intensiver gelesen, als man gemeinhin denke, sagt Christian Boesner von der Uni Augsburg. © imago / Gottfried Czepluch
Christian Boesner im Gespräch mit Axel Rahmlow |
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Die Wochenblätter rufen mit einer Anzeige auf, zur Bundestagswahl zu gehen, und thematisieren politische Fragen. Diese Aktion sei sehr hilfreich, sagt Christian Boeser von der Uni Augsburg. Wir müssten unsere Arroganz bei der politischen Bildung ablegen.
Das kennen wohl so gut wie alle: Kostenlose Anzeigenblätter, die in die Briefkästen verteilt werden. Oft erscheinen sie wöchentlich und enthalten Werbeanzeigen und Geschichten aus dem jeweiligen Ort. Obwohl viele Menschen sie wohl direkt in den Papierkorb werfen oder bereits einen Aufkleber gegen Werbung am Briefkasten haben, sagt der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter, mit den Druck-Erzeugnissen würden 50 Millionen Menschen erreicht.
Am heutigen Samstag ist in allen diesen Wochenblättern eine ganzseitige Anzeige mit der Überschrift "Die wichtigsten Fragen zur Bundestagswahl" – eine Kooperation des Verbands mit dem Recherchezentrum Correctiv.
Er sei sehr froh, dass sich die Wochenblätter in dieser Kooperation der Frage der politischen Bildung annehmen, sagt Christian Boeser. Er lehrt am Lehrstuhl für Pädagogik der Uni Augsburg und leitet das "Netzwerk für Politische Bildung Bayern". Er hat selbst bereits bei der Zusammenarbeit mit Anzeigenblättern in der politischen Bildung gute Erfahrungen gemacht.

Der kleine Populist in uns allen

"Diese Wochenzeitungen werden von vielen Menschen sehr viel intensiver gelesen, als man das gemeinhin annimmt." Politische Bildung müsse als eine Aufgabe angesehen werden, die alle angeht. Letztlich gehöre jedes Gespräch über Politik im weitesten Sinne zur politischen Bildung.
Nicht nur zum häufig abschätzigen Blick auf die Anzeigenblätter sagt Boeser, ein großes Problem bei Politik und politischer Bildung sei, "dass wir alle mit sehr viel Arroganz zu tun haben". Viele Erwachsene sagten, politische Bildung ist wichtig - aber nicht für sie selbst, sondern für die anderen. Denn man selbst habe es bereits verstanden. "Wir haben alle ein Problem mit einem kleinen Populisten in uns selbst – und sollten uns dem stellen." Da sei alles hilfreich, was im Bereich politische Bildung passiert. Auch, was die Wochenblätter machen.

Ausreden beim Wählen nicht überzeugend

Das Thema "Warum ist wählen wichtig?", mit dem die Aktion der Wochenblätter beginnt, sei ein sehr guter Auftakt. Es gebe sehr viele Ausreden, warum man nicht wählen möchte. In anderen Lebensbereichen würde man die aber niemals durchgehen lassen. "Ich bin nicht so 100 Prozent überzeugt" oder "es gibt so verschiedene Alternativen, da weiß ich auch nicht recht".
Würden wir das in anderen Lebensbereichen praktizieren, "könnten wir niemals in Urlaub fahren, keinen Job wählen und keine Partnerschaft eingehen". Wählen habe mit Verantwortung, aber auch mit Pragmatismus zu tun, sagt Boeser.
Er hat bei dem Projekt "Lange Nacht der Demokratie" mit Wochenblättern kooperiert. Das Ziel war, möglichst alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Durch einen Artikel mit einer Einladung zu der Veranstaltung in den Wochenblättern hätten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewonnen werden können.
(abr)
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