Berliner Pannenwahl

Gibt es Korrekturen, gewinnt die Demokratie

08:25 Minuten
Viele Menschen stehen in Berlin vor einem Wahllokal, das in einer Grundschule untergebracht ist.
Vielleicht müssen sie noch einmal wählen gehen: Das Berliner Wahlchaos 2021 wird nun juristisch aufgearbeitet. © picture alliance / dpa / Hauke-Christian Dittrich
Martin Hartmann im Gespräch mit Ute Welty · 28.09.2022
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Bei der Wahl in Berlin zum Abgeordnetenhaus und zum Bundestag kam es 2021 zu vielen Pannen. Nun läuft die juristische Aufarbeitung. Werden die Fehler ernsthaft korrigiert, nehme die Demokratie keinen Schaden, sagt der Philosoph Martin Hartmann.
Mal fehlten Stimmzettel, mal waren es die falschen; mal waren Wahllokale zeitweise geschlossen, mal wurde über das offizielle Abstimmungsende hinaus weitergewählt: Bei der Berliner Wahl zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus im vergangenen Herbst ging vieles schief. Möglicherweise muss sie ganz oder teilweise wiederholt werden. Das Landesverfassungsgericht verhandelt jetzt über Einsprüche. Ein Urteil kann binnen drei Monaten fallen.
Hat die Demokratie durch das Wahlchaos Schaden genommen? Das wäre übertrieben, sagt der Philosoph Martin Hartmann von der Universität Luzern. Er sehe keinen Grund zum "Alarmismus" und sei zuversichtlich, dass man das "kitten" werde, sagt Hartmann: "Es kann jetzt korrigiert werden." Für die Bürger müsse eine ernsthafte "Selbstkorrektur der Verfahren" erkennbar sein, die auch von der Politik angenommen werde.

Vertrauen in die Institutionen

Wenn es allerdings immer wieder an Verlässlichkeit der Wahlprozeduren oder Institutionen fehle, könne das Ganze "umkippen" und zu Misstrauen führen, betont der Philosoph. Dann könne man nicht mehr nur von Dysfunktionalität, sondern müsse von bösem Willen oder der Missachtung des Wählers ausgehen. Werde das Vertrauen in die Grundinstitutionen angegriffen, sei die Demokratie gefährdet, so Hartmann.
Da es um Macht gehe, sollte man auch misstrauisch sein: "Und das sind wir jetzt stellvertretend durch die Gerichte." Insofern sei die Demokratie immer "eine Mischung aus Vertrauen und Misstrauen".
Möglicherweise sei es "berlintypisch", dass man dort sehr viel hinnehme, ein wenig schicksalsergeben Fehler dieser Art akzeptiere, sagt der Philosoph: "Das finde ich gefährlich. Da dürfen wir ruhig ein bisschen kritischer sein, weil sonst dieser Umkipp-Punkt irgendwann erreicht ist."
(bth)

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