"Er ist ein Angsthase und hat Schiss"
In Großbritannien hat der Wahlkampf für die Unterhauswahl begonnen. Und er hat schon sein erstes Aufregerthema: Premier David Cameron will sich vor TV-Debatten mit der politischen Konkurrenz drücken. Die reagiert mit Spott.
David Cameron hat drei Briefe gleichen Wortlauts von drei eigentlich spinnefeinden Absendern bekommen: von Nick Clegg dem Noch-Koalitionspartner und Chef der Liberaldemokraten, von Ed Miliband, dem Führer der Labour-Opposition, und von Nigel Farage, dem UKIP-Vorsitzenden.
Alle drei drängen Cameron unisono zur Teilnahme an den geplanten Fernsehdebatten vor der Wahl und drohen, auch ohne ihn zu diskutieren. Ed Miliband:
"Wenn nur ein leerer Stuhl Cameron repräsentieren sollte, dann sei es so. Die TV-Runden müssen stattfinden. Sie gehören dem britischen Volk, nicht David Cameron oder jemand anderem."
"Cameron muss sich ein demokratisches Argument ausdenken"
TV-Diskussionen der Spitzenkandidaten haben in Großbritannien keine Tradition. Erstmals überhaupt gab es sie vor der letzten Wahl 2010. Sie wurden von mehr als 20 Millionen Zuschauern verfolgt und gelten generell als gelungen. Eine Sicht, die allerdings die Strategen der konservativen Partei nicht teilen. Sie sind überzeugt, dass vor allem die TV-Events Cameron vor fünf Jahren die absolute Mehrheit gekostet haben, insofern sie den Liberalen Nick Clegg erst hoffähig machten und ihm am Ende sogar zur Koalitionspartnerschaft verhalfen.
Jetzt, so weiß Guardian-Journalist Nick Watt, hätten Camerons engste Berater ihm dringend von solchen Fernsehrunden abgeraten, da sie erfahrungsgemäß immer nur dem Herausforderer nützten:
"Der Herausforderer Ed Miliband will unbedingt, dass sie stattfinden und behauptet, das sei im Sinne der Demokratie, der Amtsinhaber David Cameron will sie nicht, darf aber nicht undemokratisch erscheinen und muss sich also ein demokratisches Argument ausdenken…"
Müssen auch die Grünen mit im Studio sitzen?
Camerons Beraterstab hat gesucht und wurde fündig. Das Argument lautet: nicht ohne die Grünen!
"Ich möchte natürlich nicht die Gelegenheit verpassen zu Millionen Menschen zu sprechen und ich glaube auch, dass die Debatten letztes Mal erfolgreich waren. Ich möchte, dass es sie wieder gibt. Aber dafür brauchen wir saubere Regeln. Und ich glaube, dass wenn eine kleinere Partei wie UKIP einbezogen werden soll, man nicht eine weitere kleinere Partei wie die Grünen ausschließen kann."
Wenn die Grünen nicht dabei seien, so bekräftigt der Premier, werde auch er nicht teilnehmen.
Das sei schon ulkig, dass quasi aus dem Nichts heraus nun offenbar eine Allianz zwischen den Grünen und den Konservativen entstehe, spottet Liberalenchef Nick Clegg. Und Nigel Farage von UKIP ätzt:
"David Cameron benutzt die Grünen als Entschuldigung, die Diskussion mit UKIP zu umgehen. Er ist ein Angsthase und hat Schiss."
Die Entscheidung liegt jetzt bei den TV-Sendern
Private und öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten haben drei Fernsehrunden geplant: eine nur mit Cameron und Miliband, eine weitere, zu der dann Nick Clegg dazu stoße und eine dritte, bei der auch UKIP-Chef Nigel Farage dabei sei. Die Grünen, so urteilte das unabhängige Rundfunk-Aufsichtsgremium OFCOM, gehörten in Großbritannien nicht zu den größeren Parteien.
Ob es am Ende, wie die drei Parteichefs in ihrem Brief vorschlagen, auch ohne Cameron zu Diskussionen der Spitzenkandidaten im TV kommt, ist zweifelhaft. Entscheiden werden es die Fernsehsender; doch BBC-Chefredakteur Nick Robinson merkt schon an:
"Wenn Du der Sender bist, der die Cameron-Miliband-Debatte übertragen soll, und dann einen Miliband bekommst, der eine Stunde redet, ohne einen David Cameron weit und breit, stellt sich nicht nur die Frage der Überparteilichkeit, sondern auch, ob man diese Art Sendung wirklich anbieten möchte."