Am Rande des guten Geschmacks
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Ein Riesenpenis auf einem, ein Hakenkreuz auf einem anderen: Georg Diez sagt, die Wahlplakate der "Partei" in Sachsen seien zwar überzogen und krass - aber auch "exzellente politische Kommunikation", da sie rechte Wahlkampfstrategien karikierten.
Nachdem die Polizei in Sachsen Plakate abgehängt hat, weil darauf nackte Politiker und Hakenkreuze abgebildet sind, beschwerte sich die "Die PARTEI" darüber, dass damit ihr Wahlkampf gestört werde.
Die Plakate seien zwar überzogen und krass, sagte Autor Georg Diez im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Mit ihrer großen Medienresonanz hätten sie aber ihr wichtigstes Ziel erreicht:
"Exzellente politische Kommunikation am Rande der Geschmacksfrage. Aber im Grunde ist Politik in vielerlei Fragen eine Geschmacksfrage. Es ist ein legitimes Mittel in der politischen Auseinandersetzung. Weniger legitim finde ich Verbote in diese Auseinandersetzung einzuführen."
Unterschiedliche Bedeutung der Bildsprache
Im parlamentarischen Wahlkampf gehe es eher um Argumente, als darum, Paragrafen zu bemühen. Dass Italiens Spitzenpolitiker Matteo Salvini der Lega Nord im Wahlkampf nun mit blankem Oberkörper am Strand posiere, sei interessant:
"Er kreiert damit von selbst satirische Zustände. Der Unterschied ist, dass 'Die PARTEI' subversiv und gegen die Macht ist, und Salvini autoritär, autokratisch und mit der Macht ist."
Bei Salvini erinnere der Wahlkampfauftritt allerdings etwas an Walter Benjamins Definition von Faschismus - mit der Ästhetisierung von Politik, so Diez.
"Wie bei Putin auch, wenn er sich mit blanker Brust als Großwildjäger Nordsibiriens vor die Kamera stellt."
Diese Darstellungen der politischen Ikonographie sei zwar ähnlich wie bei "Die Partei", aber völlig gegensätzlich zu deuten:
"Bei Putin und Salvini ist die politische Botschaft mit der Ästhetik in Einklang: das ist eine Politik der Stärke, des staatlichen und nationalen Stolzes. Daraus leitet sich alles ab. Das ist die bildliche Form davon."
Warnung vor der braunen Vergangenheit
Nationalismus gehe einher mit der Reduktion der Komplexität der Wirklichkeit und das sei eben der Populismus, so Diez. Im Gegensatz dazu seien die Plakate der PARTEI geradezu analytisch. Dazu gehöre auch das Plakat mit Hakenkreuz, dass Ministerpräsident Kretschmer quasi von hinten umarmt:
"Das ist zugespitzt aber auch die plausible These einer CDU-AFD Koalition und der Interpretation der Partei und was das bedeuten würde. Nämlich ein Angriff der dunklen Vergangenheit Deutschlands auf die Gegenwart - und davor zu warnen ist ein legitimes politisches Mittel."
(mle)