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"Immer ist jemand da, der für diese Menschen spricht"
In Deutschland dürften Behinderte nicht für sich selbst sprechen, kritisiert die Literaturagentin Elisabeth Ruge. Schuld daran sei eine Tendenz zur Bevormundung, eine "Mentalität des Kümmerns". Ruge hingegen fordert, dass auch geistig Behinderte wählen dürfen.
Geistig Behinderte und psychisch Kranke: Wem in Deutschland ein gesetzlicher Betreuer zur Regelung "aller Angelegenheiten" zugewiesen wird, der verliert automatisch sein Wahlrecht.
Die Literaturagentin und Verlegerin Elisabeth Ruge hält das für falsch. "Das finde ich vollkommen unverständlich", sagte sie im Deutschlandfunk Kultur. Selbst ganz junge Demokratien wie Kroatien oder Estland hätten solche Einschränkungen nicht, so Ruge.
Keine starke Stimme für Behinderte im Bundestag
Dass den Vollbetreuten in Deutschland das Wahlrecht verwehrt wird, ist der Literaturagentin zufolge auf ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem zurückzuführen: "Dass wir eine Art Stellvertretermentalität haben, eine Mentalität des Kümmerns", sagt sie. Behinderte dürften nicht für sich selbst sprechen, und ihre Interessen seien - von wenigen Ausnahmen abgesehen - im Parlament auch nicht mit starken Stimmen vertreten."
Dem häufig vorgebrachten Einwand, dass geistig Behinderte bei ihrer Wahlentscheidung besonders manipulierbar seien, widerspricht Ruge. "Manipulationsversuche sehen wir ja allenthalben und wir wissen auch, dass manche jungen Menschen, die unterschiedlichen Parteien angehören, aus Freundlichkeit die Senioren aus dem Seniorenheim holen und zum Wahllokal fahren und ihnen dann sicherlich unterwegs auch noch mal sagen - was ja auch in Ordnung ist -, warum sie vielleicht diese oder jene Partei wählen sollen."
Keine wahlentscheidende Größe
Letztlich gehe es eben auch nur um 85.000 Menschen, so die Literaturagentin: "Selbst wenn die alle zur Wahl gingen, selbst wenn die alle dieselbe Partei wählten, würde es jetzt nicht so viel ausmachen."
(uko)