Wahlschlappe der AKP in der Türkei

"Auf den Platz in der politischen Ordnung verwiesen"

Anhänger der AKP nach der Wahl vor dem Sitz der Partei in Ankara
Sie stellen noch die Mehrheit, sind aber plötzlich deutlich weniger: AKP-Anhänger in der Türkei © AFP / Adem Altan
Mely Kiyak im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 08.06.2015
Die AKP, die Partei des türkischen Präsidenten Erdogan, leckt ihre Wunden - die Alleinherrschaft ist seit der gestrigen Wahl erst mal Geschichte. Die Türken begriffen jetzt, dass Demokratie auch Machtverhältnisse verändern könne, so die Publizistin Mely Kiyak.
Vom Ergebnis der Wahl in der Türkei gehen nach Ansicht der Publizistin Mely Kiyak starke Signale aus. Das große Dilemma der regierenden AKP sei, dass sie ehemals als Partei der kleinen Leute und gegen Korruption und Machtmissbrauch angetreten sei und heute für genau das alles stehe, sagte Kiyak im Deutschlandradio Kultur.
Es sei "wahnsinnig spektakulär", dass nichts und niemand die AKP in der Vergangenheit habe zur Strecke bringen können – und dass es am Ende ganz einfach die Demokratie gewesen sei, die die AKP auf ihren Platz in der politischen Ordnung verwiesen habe. Die Türken begriffen gerade, dass Demokratie die Machtverhältnisse verändern könne. Vielleicht sei dies die größte kulturelle Veränderung, die mit der Wahl einhergehe, so Kiyak.
Die erfolgreiche HDP ist vergleichbar mit den Grünen der frühen 80er
Den Erfolg der HDP führt die Publizistin darauf zurück, dass die Partei wie ein Sammelbecken funktioniert. Die HDP sei vergleichbar mit den Grünen zu ihren Anfängen, sagte Kiyak. Es fänden sich dort Globalisierungsgegner genauso wie Aktivisten aus der Umwelt- oder der Schwulenbewegung.
Auch die Kurden engagierten sich hier, die Partei sei deswegen aber keineswegs "prokurdisch", betonte Kiyak ausdrücklich. Dieses Label sei falsch. Die HDP habe sich bewusst als Neugründung geöffnet, um für alle wählbar zu sein. Und kurdische Parteien seien in der Vergangenheit oft nationalistisch und deswegen grundsätzlich für Türken nicht wählbar gewesen.
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