Waldbrände in Südeuropa

"Das könnte das neue Normal werden"

07:10 Minuten
Ein Feuerwehrmann bekämpft mit einem Löschschlauch einen Waldbrand.
Die extremer werdenden Klimaschwankungen spielen bei der Heftigkeit der gegenwärtigen Waldbrände in Südeuropa eine große Rolle, meint der Waldbrandmanager Alexander Held. © imago images / ANE Edition
Alexander Held im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Über 90 Prozent der Waldbrände seien menschlichen Ursprungs, sagt der Forstwissenschaftler Alexander Held. Doch dass die Brände so heftig wüten und kaum noch zu löschen sind, ist für ihn eine Folge der Klimaveränderung.
Über 50 neue Waldbrände in Griechenland – an einem Wochenende. In der Türkei brennen die Wälder so schlimm wie seit Jahren nicht mehr. Auch in Italien kämpfen Feuerwehrleute gegen Hunderte von Waldbränden. Ist das noch normal oder schon der Klimawandel?
"Normal ist das wahrscheinlich nicht mehr", sagt der Forstwissenschaftler und Waldbrandmanager Alexander Held vom European Forest Institute in Bonn. Aber:
"Es könnte das neue Normal werden, weil diese Klimaschwankungen natürlich häufiger und extremer werden."
Damit es zu so heftigen Waldbränden wie derzeit kommt, ist Held zufolge ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren notwendig. Zum einen braucht es die entsprechende Wetterlage: eine lang anhaltende Trockenheit, damit die Vegetation so trocken ist, dass sie zu Brennmaterial wird. Je trockener, desto intensiver die Brände – und dann sei es eigentlich auch unmöglich, diese zu löschen. "Man läuft dann der Lage immer hinterher."

"Über 90 Prozent der Brände sind menschlichen Ursprungs"

Zum anderen braucht es den Menschen, der absichtlich oder unabsichtlich Feuer legt: "Mit Sicherheit sind gut über 90 Prozent menschlichen Ursprungs", sagt der Waldbrandexperte. Dahinter steckt seiner Ansicht nach allerdings nicht mehr Baulandspekulation wie vielleicht noch vor einigen Jahren.
"Aber wir schauen natürlich auf Landstriche, in denen einerseits Tourismus stattfindet, andererseits auf kleiner Fläche sehr intensive Landwirtschaft, auf anderer Fläche passiert nichts mehr. Wir haben illegale Müllentsorgung, wir haben Arbeitslosigkeit, wir haben Flüchtlingsprobleme. Es ist eine unglaublich komplexe Lage an Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung. Teil dieser Unzufriedenheit mag durchaus Anstifter sein, um seinen Unmut auszudrücken."
Auf der anderen Seite seien viele Feuer auch durch gewöhnliche Landnutzungspraxis verursacht:
"2006 hieß es: Feuerkatastrophe im Kosovo. Aber wenn man sich das angeschaut hat, war es wie jedes Jahr: Die Schäfer haben die Weinberge abgebrannt", sagt Held. Aber wenn das unter Wetterbedingungen wie jetzt passiere, "dann gehen diese Feuer nachts nicht mehr aus, sondern brennen wochenlang und finden natürlich auch aufgrund der Ansammlung von viel Brennmaterial Umgebungsbedingungen, die völlig außer Kontrolle geraten."

Gravierende ökologische Folgen

Ferner warnt der Forstwissenschaftler vor den ökologischen Folgen dieser hochintensiven Waldbrände: Diese hätten selbstverständlich Einfluss auf den Humusgehalt des Bodens und die darin lebenden Mikroorganismen, die enorm wichtig für eine Wiederbegrünung seien.
Grundsätzlich sei die Natur in der Lage, sich von solchen Störungen zu erholen, wenn sie einigermaßen im Gleichgewicht sei: Aber "Feuer, die so intensiv brennen, sind eigentlich das beste Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht im Gleichgewicht ist."
(uko)
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