Weg von der Kiefermonokultur
Nirgendwo in Deutschland stehen so viele Kiefern wie in Brandenburg. Das soll sich ändern, weil Monokulturen sehr anfällig für Schädlinge sind. Seit 20 Jahren arbeiten Förster daran mehr Laubbäume zu pflanzen, sie zu hegen ist aber nicht einfach.
Försterin Thekla Thielemann hat ein schönes Revier: Die Wälder rund um Ferch und Caputh, wo Albert Einstein seinen Sommersitz hatte. Wie überall in Brandenburg dominiert hier die Kiefer. Eichen und Buchen sind vom 18. Jahrhundert an dem Holzhunger der Glashütten und Köhlereien zum Opfer gefallen und dem Bedarf nach Brenn- und Bauholz der wachsenden Städte. Wieder aufgeforstet wurde mit der schnell wachsenden Kiefer. Auch in der DDR waren große Kahlschläge an der Tagesordnung, die dann immer wieder in engen Reihen mit anspruchslosen Kiefern bepflanzt wurden. Nährstoffmangel und Bodenversauerung waren die Folge.
Mittlerweile ist Profit aus dem Holzverkauf aber nicht mehr alles. Seit der Wende setzt das Landwirtschaftsministerium in Potsdam auch auf Nachhaltigkeit und Artenreichtum.
Darum arbeitet Thekla Thielemann wie alle ihre Kollegen Landesförster eifrig am Waldumbau.
Über das Bild des Waldes auf dieser kleinen Lichtung ist Thielemann besonders glücklich: Hier haben es kleine Buchen dank eines Samenbaumes aus eigener Kraft geschafft, ohne Schonung, ohne Zaun. Obwohl schon einige Jahre alt, sehen die kleinen Laubbäume aus wie Büsche, mannshoch, mit vielen Trieben, weil sie immer wieder angeknabbert wurden.
"Jetzt hat es die Buche geschafft. Hier kommt kein Hirsch, kein Reh mehr ran, die ist aus dem Äser rausgewachsen und jetzt kann sie hochwachsen."
Wildverbiss, der größte Feind des Waldes
Ein Drittel der Waldfläche in Brandenburg gehört dem Land und wird von Förstern bewirtschaftet. Millionen Euro werden ausgegeben, um auf 1500 Hektar pro Jahr Rotbuchen und Traubeneichen anzupflanzen, Stieleichen, Hainbuchen und Bergahorn. Auch manche privaten Waldbesitzer ziehen mit.
"Wir wollen einen strukturreichen, artenreichen Wald haben. Das ist genau das Bild, so wie wir es hier vorfinden mit der Buche, wenn möglich, oder mit der Eiche und der Kiefer zusammen. Wenn man hier so durchguckt - es ist so ein Bild, wo ich sage: So stellt man es sich vor."
Der Wald hat sich hier aber nicht aus eigener Kraft verjüngt: Zwar hat Thielemann keine Zäune gebaut, aber sie hat dem größten Feind des artenreichen Waldes nachgestellt und der kleinen Buche damit das Leben gerettet:
"Wir wollen den Wildverbiss nicht 100 Prozent ausschalten. Bloß wir wollen, dass die Baumarten, die hier von Natur aus zu Hause sind, die Chance haben, zu wachen. Fleißig schießen, das ist die Schlussfolgerung."
Jeder zweite junge Baum in den Wäldern Brandenburgs ist von Wildverbiss geschädigt. Und ausgerechnet junge Eichen und Buchen sind bei Rehen und Hirschen besonders beliebt. Werner Kratz ist stellvertretender Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Brandenburg. Er moniert, dass der Waldumbau zu langsam voran gehe, weil an Zäunen gespart und zu wenig gejagt wird:
"Von 1990 bis 2014 wurden 75.000 Hektar Kiefernwälder umgebaut, bei einer Zahl von über 1,1 Millionen Hektar können Sie sich ja mal ausrechnen, wie lange dann dieser Prozess dauert."
Wälder gegen Klimawandel wappnen
Gleichzeitig eilt es aber mit dem Waldumbau, denn strukturarme Wälder sind nicht nur besonders anfällig für Schädlinge, Stürme und Brände, sondern mit dem Klimawandel wird es den Prognosen zur Folge im heute schon regenarmen Brandenburg noch trockener.
"Umso wichtiger ist es, dass wir einen strukturreichen Wald haben, also dass wir uns auf mehrere Standbeine aufstellen und nicht auf eine Baumart setzen. Weil die Wälder viel stabiler sind gegen Einflüsse, gegen alles, was aus der Luft kommt, auf Insekten viel stabiler, artenreicher."
Und je artenreicher der Wald, desto mehr Kleinstlebewesen bereichern auch die Böden und führen Nährstoffe an die Baumwurzeln heran. Neben Trockenheit und Wildverbiss sorgen allerdings noch weitere Faktoren dafür, dass laut dem jüngsten Waldzustandsbericht vom vergangenen Jahr fast 60 Prozent aller Bäume in Brandenburg geschädigt sind. Werner Kratz vom Nabu:
"Das sind natürlich einmal die Luftschadstoffe, die Stickoxide auf der einen Seite. Auf der anderen Seite haben wir in Brandenburg natürlich sehr viel Massentierhaltung, also große Tieranlagen und aus jeder Anlage kommt oben Ammoniak raus, Ammoniak auch als bekanntes Zellgift."
Försterin Thekla Thielemann nennt Schadinsekten wie den Eichenprozessionsspinner als weiteres Problem. Der Hauptstörer der Mammutaufgabe, die Wälder gegen den Klimawandel zu wappnen, sei aber eindeutig das Wild. Weswegen die Revierleiterin, anders als viele Freizeitjäger in Brandenburg, die Rückkehr des Wolfes positiv sieht:
"Der Wolf übernimmt die natürliche Rolle des Jägers. Ich habe damit in keiner Weise ein Problem. Ich denke, der Wald wird es uns danken."