Wall Street in New York

Der DAX im Visier der US-Investoren

Ein Händler an der New Yorker Börse am 12. Dezember 2013
Ein Händler an der New Yorker Börse © dpa / picture-alliance / Andrew Gombert
Von Kai Clement |
Der Euro ist schwach und die aktuelle Nullzinspolitik der Amerikaner lässt wenig Spielräume für gewinnträchtige Investitionen. Da wird für US-Investoren der europäische und deutsche Aktienmarkt immer attraktiver.
Wenn die Wall Street eröffnet, dann gucken US-Investoren vor allem auf den Höhenflug des DAX im vergangenen halben Jahr. Und überlegen, wie sie an dieser Erfolgsgeschichte teilhaben können. Nein, so ist es nicht. Sagt John Dobosz, Aktienexperte des New Yorker Wirtschaftsmagazins Forbes.
"Hier in den USA sind die Investoren vor allem auf den eigenen Markt ausgerichtet. Wir schaffen es nicht immer, über den Ozean zu blicken."
Aber:
"George Soros, der immer noch 30 Milliarden Dollar eigenes Geld verwaltet, hat gesagt, dass Deutschland und Europa wichtiger werden und hat dort im vierten Quartal 2014 mehr investiert."
Für den Forbes Experten ist Soros ein Smart Investor, einer, der den anderen voraus ist. Und damit viele Nachfolger anzieht. Gründe für ein US-Interesse am deutschen Markt gibt es viele, sagt auch Gerhard Summerer, Finanzexperte bei einem New Yorker Ableger der DZ Bank. Für ihn aktuell der Wichtigste: das Anfang März gestartete Ankaufsprogramm der Europäischen Zentralbank für Staatsanleihen. Monat für Monat Wertpapiere für 60 Milliarden Euro.
"Das hat schon in den USA die Fed schon dreimal gemacht und so die Kurse hochgetrieben. Amerikanische Anleger erhoffen sich hier Parallelen."
Kurz: für US-Investoren die Nachahmung einer amerikanischen Erfolgsgeschichte. Auch wenn unklar ist, was die langfristigen Folgen einer solchen Geldvermehrung sind. Hinzu kommt: die bisherige Nullzinspolitik der Amerikaner lässt wenig Spielräume für gewinnträchtige Investitionen. Da rückt der deutsche Markt ins Blickfeld. Der deutsche Markt hat obendrein, zumindest relativ gesehen, noch Spielraum nach oben, erklärt der Forbes-Experte John Dobosz.
"Der deutsche Markt ist immer noch unterbewertet, verglichen mit den USA. Der DAX liegt derzeit etwa beim 15-fachen der erwarteten Jahresgewinne. Der S&P 500 liegt dagegen beim 17 ½ fachen."
Und noch etwas spricht für den deutschen Markt: der schwache Euro. Er stärkt die Exportnation. Und macht deren Wirtschaftswerte für Investoren attraktiver.
"Wenn man das zusammennimmt: eine billigere Währung – gut für die Exportwirtschaft. Und ein Land wie Deutschland, das voller Exporteure ist, wie Daimler, BMW, BASF, dann könnte das einige Vorteile bringen. Denn diese Firmen haben ziemlich Rückenwind durch den Wechselkurs."
Wachsendes Interesse am deutschen Markt
Alles Gründe, die nahelegen, dass das amerikanische Interesse am europäischen und deutschen Markt wachsen dürfte. Während man bisher eher besorgt die europäischen Wirtschaftsnachrichten verfolgte.
"US-Investoren haben sich die Überschriften angesehen: Griechenland will nicht zahlen. Der Euro könnte zerfallen. 25% Arbeitslosigkeit in Spanien. Da hat man gedacht: was für ein schrecklicher Ort für Investitionen."
Wenn aber, auch dank US-Einkäufern, Aktienkurse die Wirtschaftsleistung überholen sollten: dann droht eine Blase. Und wenn die platzt, die platzen die Träume der Anleger. Wann denn bitteschön? John Dobosz zieht sich schmunzelnd aus der Affäre. Er zitiert Alan Greenspan, den früheren Chef der US-Notenbank. Die Blasen, so hat der gesagt, erkennt man erst hinterher. Derzeit, so Dobosz, sei das kaum zu bewerten. Es fehlten einfach die Erfahrungswerte mit dem Ankaufsprogrammen hüben wie drüben des Atlantiks, dem Quantitativen Lockerung.
"Hier in den USA hat das gerade erst aufgehört. In Deutschland hat gerade erst begonnen. Die Japaner machen es seit 14 Jahren recht regelmäßig. Wir wissen schlicht nicht was passiert, wenn Zentralbanken plötzlich aufhören, Geld billig zu machen."
Demnach dürften die Amerikaner das schneller herausfinden als die Europäer. Ganz sicher mit Folgen für ihre Entscheidung: Kaufen oder Nicht-Kaufen auf dem deutschen Markt.