Wallace J. Nichols: "Blue Mind – Wie Wasser uns glücklicher macht"
Aus dem Englischen von Martin Bayer
Hirzel Verlag, Stuttgart 2020
318 Seiten, 25 Euro
Ein echtes Lebenselixier
06:22 Minuten
Wasser sichert unser Leben. Der Körper, aber auch die Seele braucht es: Meere, Seen und Flüsse beruhigen oder berauschen uns. Das Buch "Blue Mind" erzählt von einem Stoff, der - so der Untertitel - "uns glücklicher macht".
Für viele Menschen ist das Entspannung pur: am Meer spazieren zu gehen, auf einen Seen hinaus zu rudern oder mit der Angel am Fluss zu sitzen. Wasser, in welcher Form auch immer, hat für das Wohlbefinden des Menschen enorme Bedeutung. Dies ist die Kernthese von "Blue Mind". Um sie zu beweisen, hat der Autor Wallace J. Nichols zahllose Beispiele gesammelt.
Instinktive Verbindung mit Wasser
Wasser ist unser Lebenselixier. Wir bestehen zu 78 Prozent aus Wasser, sind auf Trinkwasser zum Überleben angewiesen und von Wasser umgeben, denn mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt.
Ohne Wasser gäbe es kein Leben auf der Erde. Aus genau diesem Grund, so Nichols, gibt es eine instinktive, intuitive Verbundenheit des Menschen mit dem Wasser. Er nennt es das blaue Bewusstsein: Blue Mind.
Zum Beleg seiner These zitiert der Autor zahlreiche Forschungsergebnisse aus Biologie, Neurologie, Psychologie, Medizin und Naturwissenschaften. Er bettet sie ein in Geschichten, persönlich Erlebtes oder Berichte von anderen. In acht Kapiteln widmet er sich jeweils einem Themenkomplex, zeigt unter anderem, wie Wasser die Sinne beeinflusst, Arbeit und Spiel prägt, die Gesundheit fördert.
Typisch für amerikanische Sachbuchautoren ist Nichols Fähigkeit, komplexe Sachverhalte allgemein verständlich zu formulieren, Fachbegriffe so zu übersetzen, dass man sie ohne Schwierigkeiten begreift. Und stets hat er ein konkretes Beispiel parat, um sie zu erläutern. Er ist ein großer Erzähler. Etwas irritierend ist allerdings, dass viele der von ihm zitierten Studien sich nur auf kleine Gruppen von Probanden stützen, die Ergebnisse, so überzeugend sie auch sein mögen, aber von ihm verallgemeinert werden.
Wasser wirkt auf unsere Sinne
Auf über 270 Seiten zeigt Nichols, wie Wasser auf unsere Sinne wirkt und sie zu formen vermag. Seiner Ansicht nach ist dafür die Neuroplastizität des Gehirns verantwortlich, also seine Formbarkeit, seine Anpassungsfähigkeit, seine Fähigkeit, neue neuronale Netze zu schaffen oder alte zu verändern. Auch das Erleben von Wasser, egal ob am Meer, an Seen oder Flüssen, kann eben dieses Gehirn verändern, unser emotionales Gleichgewicht positiv beeinflussen. Nichols will damit belegen, was der Untertitel des Buches behauptet: "Wie Wasser uns glücklicher macht."
Immer wieder kommt der begeisterte Surfer darauf zurück, wie Aktivitäten am, im, auf und unter Wasser Glückshormone wie Dopamin ausschütten. Surfen zum Beispiel setze nicht nur Adrenalin frei, sondern auch Dopamin und Endorphine. Drogenabhängige, so berichtet Nichols, konnten dadurch von ihrer Sucht geheilt werden. Wasseraktivitäten, so der Autor, helfen bei Depressionen, lindern posttraumatische Erlebnisse und verhelfen körperlich Behinderten und Autisten zu Erfolgserlebnissen.
Die Heilkräfte des Wassers
Hier und da wiederholt sich Nichols, was die Lektüre bisweilen etwas ermüdend macht. Und ein Thema erwähnt er nur am Rande: nämlich die Angst vor Wasser, das sehr bedrohlich sein kann. Man denke nur an Tsumanis oder Hurrikans mit meterhohen Überschwemmungen. Nichols setzt in seinen Betrachtungen ganz auf die positiven Wirkungen des Wassers. Und die von ihm vorgestellten Heilkräfte des Wassers sind tatsächlich erstaunlich.