"Freut euch heute mit Maria"
In dem literarischen Feature wird der Weg des 19-jährigen Walter Kempowski erlebbar, wie er sich in acht Jahren Haft zum Chorleiter des Gefangenenchores entwickelte. Das Singen war ihm in der Zeit der 'Enge der einzige Lichtblick.
Acht Jahre wird er festgehalten. Wegen angeblicher Spionage wird der 19-jährige Rostocker Walter Kempowski 1948 von einem sowjetischen Militärgericht zu 25 Jahren Haft verurteilt und ins berüchtigte DDR-Zuchthaus Bautzen verbracht, bis er 1954 begnadigt wird. 1969 erscheint sein beklemmender Bericht aus der Haft. "Im Block" beschreibt eine Zellenwelt drangvoller Enge, Schikane, verlorener Hoffnungen. Zu den wenigen Lichtblicken gehört die Musik.
Eine Kirche im Gefängnis
Häftling Kempowski traf im Gefängnisareal auf eine Kirche. Wer einsaß, sollte seine Schuld bekennen können - für Kempowski wurde der Chor der Kirche schließlich neuer Lebensmittelpunkt. "Das Chorsingen machte mir Spaß. Das war sinnvoller als der sonstige Kulturbetrieb." In seinen Erinnerungen beschreibt er eindrücklich, wie er das Miteinander im Chor erlebte, und wiei die Musik dazu beitrug, dass die Weihnachten der Jahre zu besonderen Erfahrungen wurden.
"Wir sangen die schönsten Motetten von Lechner, Orlandi di Lasso, schon beim Einrücken wurden die Kirchgänger mit Quempas-Liedern empfangen: ‚Freut euch heute mit Maria/in der himmlischen Hierarchia’. ‚Haste gesehen, wie ergriffen die waren?‘ wurde hinterher gefragt."