"Die Wannseekonferenz" läuft am 24. Januar um 20.15 Uhr im ZDF. Der Film ist bereits jetzt in der Mediathek des Senders abrufbar.
"Die Wannseekonferenz" im ZDF
Der ZDF-Film Die Wannseekonferenz © ZDF / Julia Terjung
Der Völkermord als bürokratischer Akt
07:53 Minuten
Der Regisseur Matti Geschonneck hat die Wannseekonferenz für das ZDF verfilmt. Gebildete und bürokratische Nazi-Funktionäre planen den Massenmord an den europäischen Juden: Die Kälte der Inszenierung ist nur schwer auszuhalten.
Die 15 Männer am blankgewienerten Konferenztisch sprechen von "Evakuierung" und "Sonderbehandlung", von optimierten Abläufen und einzigartigen Organisationsaufgaben, von "natürlicher Verminderung" und "rassischer Flurbereinigung". Gemeint ist die systematische Ermordung der europäischen Juden.
"Besprechung mit anschließendem Frühstück"
Der ZDF-Film "Die Wannseekonferenz" wirft zum 80. Jahrestag noch einmal den Blick zurück auf jene "Besprechung mit anschließendem Frühstück", bei der hohe NS-Funktionäre am 20. Januar 1942 die von ihnen so titulierte "Endlösung der Judenfrage" besprachen.
Regisseur Matti Geschonneck zeigt das historische Ereignis als unterkühltes Kammerspiel, als bürokratisches Aktenschieben und eitles Kompetenzgerangel. Es wird um Details gefeilscht, doch niemand hat offenbar grundsätzliche Zweifel. Das Erschreckende sei für ihn "die Selbstverständlichkeit des Vorgangs", sagt Geschonneck.
Das ZDF stellt dem Film eine Dokumentation zur Seite, um die komplexen historischen Zusammenhänge weiter auszuleuchten. Zum Zeitpunkt der Wannseekonferenz – benannt nach dem Tagungsort in einer zum SS-Gästehaus umfunktionierten Villa am Großen Wannsee in Berlin – ist die systematische Ermordung der Juden Europas durch die deutschen Nationalsozialisten bereits im Gange. Zehntausende sind aus dem Deutschen Reich in besetzte Gebiete Osteuropas verschleppt, dort ansässige Juden sind massenhaft erschossen worden. Jetzt geht es darum, die Deportationen und das Morden zu beschleunigen.
Gebildete, kühle Bürokraten
Damit beauftragt ist der SS-Offizier Reinhard Heydrich. Dieser lädt jene Funktionäre ein, deren Unterstützung er für sein Werk benötigt. Dazu zählen Offiziere wie der NS-Cheflogistiker Adolf Eichmann, Vertreter aus den besetzten Ostgebieten, aber auch Beamte aus Berliner Ministerien.
Das Filmskript von Magnus Vattrodt stützt sich auf das von Eichmann angefertigte Ergebnisprotokoll der Besprechung. Ein Wortprotokoll von dem Treffen gebe es nicht, sagt Geschonneck. Dafür seien beispielsweise Formulierungen aus Tagebüchern der Nazi-Funktionäre in die Dialoge eingeflossen.
Geschonneck unterstreicht, dass der Film Fiktion ist: "Es ist unsere Interpretation." Er könne sich aber "nach besten Wissen und Gewissen auf den neuesten Stand der Holocaustforschung berufen".
Die Mörder als gebildete, kühle Bürokraten zu zeigen, sei eine "intuitive Entscheidung" gewesen. In dem Film bekommt das Treffen in der Villa den "Charakter einer Vorstandssitzung".
Der Schauspieler Frederic Linkemann stellt im Film den in Lettland für Massenerschießungen verantwortlichen Kommandeur Rudolf Lange dar und damit den wohl düstersten Charakter am Konferenztisch.
"Das war mal Gegenwart"
Linkemann erzählt, Regisseur Geschonneck habe den Schauspielern eher abgeraten, sich intensiv über die historischen Figuren zu informieren. "Er wollte nicht, dass ich diesen 'Metzger' spiele. Deshalb habe ich mich fast nicht vorbereitet auf die Rolle. Ich habe versucht, so normal wie möglich zu spielen. Das war sehr viel schlimmer. Der nette Typ von nebenan: Das kann doch gar nicht sein."
Und auch Geschonneck bleibt trotz der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema eher fragend zurück: "Wir sollten uns bewusst sein, dass das mal Gegenwart war", sagt er. 80 Jahre, das scheine lange her zu sein, sei es aber letztlich nicht. Er habe zeigen wollen, "wozu Menschen imstande sind", sagt Geschonneck. Das ist ihm gelungen. Die Zuschauer müssen es aushalten.
(ahe/dpa)