Warner vor dem Krieg
1928 wurde erstmals zwischen zwei Staaten vertraglich festgelegt, dass Angriffskriege ein völkerrechtliches Verbrechen sind. Der amerikanische Außenminister Frank Billings Kellogg war der Initiator dieses Vertrages der USA mit Frankreich. Ein Jahr später bekam er den Friedensnobelpreis zugesprochen.
"Die hohen vertragschließenden Parteien erklären feierlich im Namen ihrer Völker, dass sie den Krieg als Mittel für die Lösung internationaler Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen Beziehungen verzichten."
Vertreter aus 15 Nationen setzten im August 1928 ihre Unterschrift unter diese Worte. Sie formulieren den so genannten Briand-Kellogg-Pakt, benannt nach seinen beiden Initiatoren: dem französischen Außenminister Aristide Briand und seinem amerikanischen Amtskollegen Frank Billings Kellogg.
Trägt der Pakt auch den Namen beider Staatsmänner, so dürfte der französische Außenminister doch mit einigem Zähneknirschen unterschrieben haben. Denn es war letztendlich Kellogg, der den Ton dieses Vertrages diktierte. Und dieser Ton entsprach durchaus nicht den ursprünglichen französischen Interessen. Für Kellogg hingegen war der Pakt das Glanzstück seiner politischen Karriere. Und er musste mit seiner Unterschrift keinen Millimeter von der Grundregel seiner Außenpolitik weichen, die er einmal so formulierte:
"Neutralität im Verhältnis zu Europa ist ein hohes Gut der amerikanischen Außenpolitik. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns einseitig an eine europäische Macht zu binden."
Dieser außenpolitische Grundsatz lässt sich auch auf den beruflichen Werdegang von Kellogg anwenden. Seine Karriere war eine im klassischen Sinne amerikanische: Am 22. Dezember 1856 kam er als Sohn eines armen Landarbeiters zur Welt. Durch Fleiß, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit arbeitete er sich nach oben. Nach seinem Studium wurde er juristischer Berater für die großen amerikanischen Eisenbahn-, Öl- und Stahlgesellschaften, deren Kartellbildung er nur wenige Jahre später als Staatsanwalt bekämpfte. Mit 60 Jahren zog er für die Republikaner in den Senat ein. Dort stimmte er 1917 für das Eingreifen der USA in den Ersten Weltkrieg und 1919 gegen eine amerikanische Beteiligung am Völkerbund. Nein, einen Pazifisten konnte man Kellogg gewiss nicht nennen. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet er zum Vater eines Paktes wurde, der zum ersten Mal in der Geschichte den Krieg als Mittel der Politik ächtete.
"Die Zeichen der Zeit bieten Anlass zur Hoffnung auf Frieden und Humanität. Sollten wir so schnell dieses schreckliche Blutbad, diese vier Jahre des grausamsten Krieges, den es je gab, vergessen haben? Vergessen all die Millionen Männer, die das höchste Opfer, ihr Leben, gegeben haben und heute unter belgischer und französischer Erde begraben sind?"
"Nie wieder Krieg!" war nach 1918, nach der Erfahrung eines Material- und Vernichtungskrieges, eine weit verbreitete Forderung. Insbesondere in den angelsächsischen Ländern bildete sich eine starke Friedensbewegung.
Diese pazifistische Stimmungslage machte sich der französische Außenminister Briand zunutze, als er im April 1927 über die Presse eine Botschaft an das amerikanische Volk richtete. Er schlug vor, Frankreich und die USA in einem bilateralen Vertrag dazu zu verpflichten, niemals Krieg gegeneinander zu führen. Sein Hintergedanke bei diesem Vorstoß: Er wollte die USA als Schutzmacht gegen eventuelle zukünftige deutsche Aggressionen an Frankreich binden. Kellogg reagierte zunächst ablehnend, doch der öffentlichen Meinung konnte er sich, vor allem in Hinblick auf die kommenden Präsidentenwahlen, nicht entziehen.
Sein Ausweg war höchste diplomatische Kunst: Er schlug vor, dass ein Pakt, der den Krieg ächtete, allen Ländern offen stehen solle. Frankreich konnte solch einen Vorstoß nicht ablehnen, der Ansehensverlust wäre zu groß gewesen. Und Kellogg schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Er entzog sich der französischen Umarmung und hatte die öffentliche Meinung durch diese hochherzige Geste auf seiner Seite. 1929 bekam Kellogg für seinen Pakt den Friedensnobelpreis zugesprochen. In seiner Dankesrede sagte er:
"Ich habe es früher bereits gesagt und möchte es heute mit allergrößtem Nachdruck wiederholen: Die westliche Zivilisation würde einen solchen Krieg nicht noch einmal überleben, sie würde im allgemeinen Chaos untergehen."
Der Briand-Kellogg-Pakt konnte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern, obwohl bis 1939 fast alle Staaten der Erde den Vertrag unterzeichnet hatten, darunter auch Deutschland. Aber die Vertragspartner von 1928 hatten sich davor gehütet, irgendwelche Garantien oder Sanktionen bei Vertragsbruch festzulegen. Dennoch markierte der Briand-Kellogg-Pakt ein Umdenken im Völkerrecht, indem er das Recht auf Krieg als Ausdruck staatlicher Souveränität in Frage stellte. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse bot er den Alliierten die Rechtsgrundlage für den Anklagepunkt des "Verbrechens gegen den Frieden". Frank Billings Kellogg erlebte weder das Scheitern noch diesen Erfolg seines Vertrages. 1937 starb er einen Tag vor seinem 81. Geburtstag an einer Lungenentzündung.
Vertreter aus 15 Nationen setzten im August 1928 ihre Unterschrift unter diese Worte. Sie formulieren den so genannten Briand-Kellogg-Pakt, benannt nach seinen beiden Initiatoren: dem französischen Außenminister Aristide Briand und seinem amerikanischen Amtskollegen Frank Billings Kellogg.
Trägt der Pakt auch den Namen beider Staatsmänner, so dürfte der französische Außenminister doch mit einigem Zähneknirschen unterschrieben haben. Denn es war letztendlich Kellogg, der den Ton dieses Vertrages diktierte. Und dieser Ton entsprach durchaus nicht den ursprünglichen französischen Interessen. Für Kellogg hingegen war der Pakt das Glanzstück seiner politischen Karriere. Und er musste mit seiner Unterschrift keinen Millimeter von der Grundregel seiner Außenpolitik weichen, die er einmal so formulierte:
"Neutralität im Verhältnis zu Europa ist ein hohes Gut der amerikanischen Außenpolitik. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns einseitig an eine europäische Macht zu binden."
Dieser außenpolitische Grundsatz lässt sich auch auf den beruflichen Werdegang von Kellogg anwenden. Seine Karriere war eine im klassischen Sinne amerikanische: Am 22. Dezember 1856 kam er als Sohn eines armen Landarbeiters zur Welt. Durch Fleiß, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit arbeitete er sich nach oben. Nach seinem Studium wurde er juristischer Berater für die großen amerikanischen Eisenbahn-, Öl- und Stahlgesellschaften, deren Kartellbildung er nur wenige Jahre später als Staatsanwalt bekämpfte. Mit 60 Jahren zog er für die Republikaner in den Senat ein. Dort stimmte er 1917 für das Eingreifen der USA in den Ersten Weltkrieg und 1919 gegen eine amerikanische Beteiligung am Völkerbund. Nein, einen Pazifisten konnte man Kellogg gewiss nicht nennen. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet er zum Vater eines Paktes wurde, der zum ersten Mal in der Geschichte den Krieg als Mittel der Politik ächtete.
"Die Zeichen der Zeit bieten Anlass zur Hoffnung auf Frieden und Humanität. Sollten wir so schnell dieses schreckliche Blutbad, diese vier Jahre des grausamsten Krieges, den es je gab, vergessen haben? Vergessen all die Millionen Männer, die das höchste Opfer, ihr Leben, gegeben haben und heute unter belgischer und französischer Erde begraben sind?"
"Nie wieder Krieg!" war nach 1918, nach der Erfahrung eines Material- und Vernichtungskrieges, eine weit verbreitete Forderung. Insbesondere in den angelsächsischen Ländern bildete sich eine starke Friedensbewegung.
Diese pazifistische Stimmungslage machte sich der französische Außenminister Briand zunutze, als er im April 1927 über die Presse eine Botschaft an das amerikanische Volk richtete. Er schlug vor, Frankreich und die USA in einem bilateralen Vertrag dazu zu verpflichten, niemals Krieg gegeneinander zu führen. Sein Hintergedanke bei diesem Vorstoß: Er wollte die USA als Schutzmacht gegen eventuelle zukünftige deutsche Aggressionen an Frankreich binden. Kellogg reagierte zunächst ablehnend, doch der öffentlichen Meinung konnte er sich, vor allem in Hinblick auf die kommenden Präsidentenwahlen, nicht entziehen.
Sein Ausweg war höchste diplomatische Kunst: Er schlug vor, dass ein Pakt, der den Krieg ächtete, allen Ländern offen stehen solle. Frankreich konnte solch einen Vorstoß nicht ablehnen, der Ansehensverlust wäre zu groß gewesen. Und Kellogg schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Er entzog sich der französischen Umarmung und hatte die öffentliche Meinung durch diese hochherzige Geste auf seiner Seite. 1929 bekam Kellogg für seinen Pakt den Friedensnobelpreis zugesprochen. In seiner Dankesrede sagte er:
"Ich habe es früher bereits gesagt und möchte es heute mit allergrößtem Nachdruck wiederholen: Die westliche Zivilisation würde einen solchen Krieg nicht noch einmal überleben, sie würde im allgemeinen Chaos untergehen."
Der Briand-Kellogg-Pakt konnte den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern, obwohl bis 1939 fast alle Staaten der Erde den Vertrag unterzeichnet hatten, darunter auch Deutschland. Aber die Vertragspartner von 1928 hatten sich davor gehütet, irgendwelche Garantien oder Sanktionen bei Vertragsbruch festzulegen. Dennoch markierte der Briand-Kellogg-Pakt ein Umdenken im Völkerrecht, indem er das Recht auf Krieg als Ausdruck staatlicher Souveränität in Frage stellte. Während der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse bot er den Alliierten die Rechtsgrundlage für den Anklagepunkt des "Verbrechens gegen den Frieden". Frank Billings Kellogg erlebte weder das Scheitern noch diesen Erfolg seines Vertrages. 1937 starb er einen Tag vor seinem 81. Geburtstag an einer Lungenentzündung.