Welche Möglichkeiten gibt es?
11:44 Minuten
Wie können Warnungen bei Katastrophen die Menschen schnell erreichen? - Das wird nach den Hochwassern diskutiert. Ein Mittel dafür können Warn-Apps sein, aber auch die altbekannte Sirene.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und der Deutsche Wetterdienst werden seit Tagen kritisiert, die Menschen in den von Hochwasser betroffenen Gebieten gar nicht oder zu spät informiert zu haben. Diese betonen indes, dass die Kommunikationskette gut funktioniert hat.
Das Problem, sagte der Organisationspsychologe Bertolt Meyer, liegt im System der abgestuften politischen Verantwortlichkeiten: "Ich will überhaupt gar nicht föderale Strukturen abschaffen. Aber: Entscheidungen fällen und dann die Informationen schnell an die Leute bringen – das muss offensichtlich besser werden."
Warnung per SMS
Unabhängig davon hätten sich alle Smartphone-Besitzer über die Hochwassergefahr informieren können: Der Deutsche Wetterdienst nennt seine App "WarnWetter". Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe weist auf seiner Homepage auf NINA, KATWARN und BIWAPP hin.
NINA ist die Warn-App des Bundes. Laut BBK wurde sie fast neun Millionen Mal heruntergeladen. Experten sagen aber, diese App sei bei vielen nicht aktiviert, weil sie die Akkulaufzeit extrem verkürze und auf älteren Modellen gar nicht funktioniere.
Doch nicht alle Menschen besitzen ein Smartphone. Es stellt sich daher die Frage, warum es keine offiziellen Warnungen an alle Betroffenen per SMS gegeben hat. Bundesverkehrsminister Scheuer hatte dazu bei einer Veranstaltung der "Bild" gesagt, Sammel-SMS dürften wegen der Datenschutzbestimmungen nicht verschickt werden.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Christof Stein widersprach dem am Mittwoch: "Tatsächlich wäre diese Lösung sogar sehr datenschutzfreundlich, weil sie keine Daten sammelt, sondern nur Informationen verschickt", so Stein gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Außerdem gehört es seit Beginn der Coronapandemie für Mobilfunkbetreiber zum Tagesgeschäft, Warnungen zu verschicken. Auch sogenannte Cell-Broadcast-Meldungen an alle Kundinnen und Kunden in einem bestimmten Areal sind kein Problem.
Sirenen mit Weckeffekt
Nun waren in den am schlimmsten betroffenen Hochwassergebieten aber die Mobilfunknetze ausgefallen. Weder SMS noch Apps funktionierten. Experten wie der ehemalige Chef des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme, sagte im Rundfunk Berlin-Brandenburg: "Ich hätte nie gedacht, dass man mal wieder Sirenen ernsthaft in Erwägung zieht. Heute bin ich der Meinung, der Stromausfall und der Ausfall der Kommunikationssysteme hat gezeigt: Etwas Unabhängiges wäre gut, um die Bevölkerung wenigstens zu informieren und aufzuwecken."
Und auch Frank Frenser von der Feuerwehr in Bonn findet, dass die Sirenen eine Möglichkeit sind, "die Menschen im Land vor Gefahren zu warnen". Doch seien die Verfügbarkeit und der Einsatz von Sirenen in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt. In kleinen Gemeinden gehörten sie zum Ortsbild dazu, "in großen Städten wurden die Sirenen nach dem Ende des Kalten Krieges teilweise abgebaut, weil die Bedrohungslage nicht mehr vorhanden war".
Außerdem sei in den vergangenen Jahren das Gefühl dafür verloren gegangen, "die Menschen zu warnen oder auch gewarnt zu werden". Doch sei durch den bundesweiten Warntag im September wieder ein Bewusstsein dafür geschaffen worden. "Das ist auch unsere Aufgabe als Stadt, den Menschen zu zeigen, welche Möglichkeiten wir haben, sie im Fall eines Unwetters, Großfeuers oder beim Fund eines Blindgängers zu informieren."
Weitere Anweisungen
Wichtig sei es, dass man sich viele Wege offenhalte, um informiert zu werden – dazu zählten auch Warn-Apps. Denn Sirenen haben zwar einen guten Weckeffekt, unterstreicht Frenser, doch müssten den Menschen in den betroffenen Gebieten anschließend weitere Handlungsanweisungen gegeben werden. "Sei es über Lautsprecherwagen oder Apps."
(Quelle: Gabi Wuttke, rzr)