Neu im Kino: "Warten auf Bojangles"

Luxuriöse Aussteiger

06:36 Minuten
Szene aus "Warten auf Bojangles": Ein Mann im Hemd und Weste hält ein Weinglas und eine Zigarette in der rechten Hand und lacht. Links neben ihm steht eine Frau in einem roten Abendkleid. Sie hält einen Fächer. Beide stehen auf einem Balkon und schauen in die Ferne.
Fiesta in Spanien: Camille (Virginie Efira) und Georges (Romain Duris) © Studio canal
Von Jörg Taszman |
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In "Warten auf Bojangles" zeigt ein exzentrisches Pärchen, dass sich Konventionen und Lebenslust nicht vertragen. Doch dann legt sich ein Schatten auf das Glück von Georges und Camille. Ein ungewöhnlicher Film mit Mut zum erzählerischen Risiko: großes Kino!

Um was geht es?

Georges ist ein Hochstapler, der sich auf Partys der Reichen und Schönen einschleust und jedem etwas anderes erzählt. Er setzt einen rumänischen Akzent auf, um sich als Nachfahre von Dracula auszugeben oder behauptet, ein Hersteller ganz besonderer Harpunen zu sein.
Als er auffliegt, schnappt er sich die exzentrisch tanzende Camille, klaut sie ihrem reichen Gönner und flieht mit ihr in einem schicken Auto. In einer leeren Kirche geben sie sich privat das Ja-Wort, haben Sex und am nächsten Morgen ist Camille verschwunden.
George muss sie suchen und erfahren, dass sie sich gerne auch anders nennt und ein Leben auf der Überholspur liebt, dass sie sich nie leisten kann.

Was ist das Besondere?

Der Film hat zunächst etwas wohltuend Anarchistisches. Georges und Camille heiraten und lehnen auch als Eltern sämtliche Konventionen ab. Ihr Sohn Gary wird dafür gemobbt, wenn er von den täglichen Partys zuhause erzählt. Die Gesellschaft lässt sich aber luxuriöse Aussteiger nicht gefallen.

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Camille und Georges sind Pleite, machen Schulden, lassen sich aber ihre Extravaganz nicht nehmen. Aber dann legt sich ein düsterer Schleier über die Handlung, denn Camille wird immer depressiver und selbstzerstörerischer. Der Film mag in den 50er- und 60er-Jahren spielen, ist aber Märchen, Komödie, Satire, Melodrama und Drama in einem.

Fazit

"Warten auf Bojangles" bleibt immer „larger than life“, entzieht sich einem gewissen Realismus und will keine sozial oder gesellschaftlich verankerte Geschichte erzählen. Dennoch berührt der Film, vor allem Dank der wunderbaren Darsteller. Virginie Efira und Romain Duris können eine ganze Palette an Emotionen transportieren. Es ist ein großer Schauspielerfilm.
So muss großes Kino sein: ungewöhnlich, hochemotional, lustig und auch tieftraurig, mit Mut zum erzählerischen Risiko.

Warten auf Bojangles
Frankreich/Belgien 2021
Regie: Régis Roinsard
Mit: Romain Duris, Virginie Efira u.a.
Länge: 125 Minuten, FSK ab 12

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