Die Wirtschaftlichkeit von Virtual-Reality-Journalismus
Virtual Reality ist das Massenmedium der Zukunft, da ist sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg sicher. In Deutschland gibt es bereits einige Versuche, Virtual Reality und Journalismus zu verbinden. Wirtschaftlich lohnt sich VR-Journalismus bisher aber nur in absoluten Einzelfällen.
Die Kamera fährt einen schneebedeckten Weg entlang. "Es ist nicht leicht, einem normalen Menschen zu übermitteln, wie das da in Auschwitz war", heißt es in der Doku "Inside Auschwitz".
Blick nach links - längliche Baracken. Blick nach rechts - ein großer Innenhof. Blick geradeaus - das Tor mit der Aufschrift "Arbeit macht frei".
Die WDR Doku "Inside Auschwitz" führt die Zuschauerinnen und Zuschauer durch das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. In 360 Grad.
Der Dokumentarfilmer und Leiter der Redaktion "Hier und heute" beim WDR, Maik Bialk, hat die Virtual Reality Doku produziert.
"Virtual Reality oder 360 Grad Erzählungen eignen sich hervorragend für eine gesellschaftliche Wissensvermittlung. Weil sie im Kern auf ein aktives Verstehen von Wirklichkeit zielen. Wenn man das mal erlebt hat, was das bei Menschen auslöst, die sich darauf einlassen und die Geschichten tatsächlich fühlen, sie erleben - das ist sehr wertvoll und etwas das ich für ganz, ganz wichtig halte für die zukünftige Wissensvermittlung sehe."
Hunderttausende Zuschauer bei Facebook
Drei Millionen Menschen hatten die 360 Grad Doku "Inside Auschwitz" in ihrer Facebook-Timeline, circa 700.000 haben sich die Doku angesehen, erzählt Bialk. Für ihn und sein Team ein großer Erfolg - gerade beim Thema Auschwitz und der Länge der Doku, die mit zehn Minuten über das hinausgeht, was sonst üblicherweise bei Facebook geklickt wird.
"Ehrlicherweise ist es ja so, dass der Markt solche Produkte kaum herstellen wird. Das ist nichts, was ökonomisch interessant ist. Hier an dieser Stelle haben wir einen Bildungsauftrag."
Zu den Kosten kann Bialk keine genauen Angaben machen - sie seien allerdings nicht unähnlich einer kürzeren linearen Doku. Für eine zehnminütiges Projekt wie "Inside Auschwitz", mit aufwändiger Post-Produktion und Drohnenbildern, müssten die Kosten also ungefähr im mittleren fünfstelligen Bereich liegen. Bedenkt man, dass viele VR-Projekte weitaus weniger User erreichen - lohnt sich Virtual Reality Journalismus momentan überhaupt?
Maik Bialk: "Ich glaube, dass man sehr unterscheiden muss: Möchte ich gerne in der Erzähltechnik weiterkommen, also möchte ich etwas Neues ausprobieren? Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das ein Massenerfolg wird, relativ gering. Möchte ich aber eine Technik tatsächlich populär machen, dann brauche ich auch möglichst viele Nutzer. Und dann muss ich mir auch Themen aussuchen oder Plattformen, wo ich viele Nutzer erreichen kann."
Der Schweizer "Blick" setzt auf Virtual Reality
"Jede Fahrt an die Front ist für sie lebensgefährlich. Auch Reporter, Helfer - jeder kann zum Ziel für Heckenschützen werden".
Auch die Schweizer Tageszeitung "Blick" setzt auf Virtual Reality. In diesem 360 Grad Video begleiten Reporter im Irak Soldaten bei ihrem Kampf gegen den IS. Auch aus der Ost-Ukraine und den Pariser Banlieus gibt es beim "Blick" Virtual Reality-Reportagen. Produziert hat diese Reportagen die Firma IntoVR, die der Multimediajournalist Martin Heller gegründet hat:
"Es ist schwer VR-Journalismus zu monetarisieren. Es geht nur über Sponsored Content."
Also 360-Grad-Werbevideos, die unter den VR-Videos von "Blick" zu finden sind.
"Grüzi miteinand. Mein Name ist Erwin Müller, ich bin Produktionsleiter der Firma Victorinox in der Schweiz und ich zeige Ihnen jetzt, wie unser berühmtes Sackmesser hergestellt wird."
Mischung aus Reportagen und Sponsored Content
Für Martin Heller ist diese Mischung aus Reportagen und Sponsored Content die derzeit beste Möglichkeit für private Medienhäuser, mit Virtual Reality Geld zu verdienen:
"Und trotzdem: Auch wenn nicht jede Geschichte monetarisiert ist - es ist eine Investition in die Zukunft des Journalismus, des Storytellings."
Momentan müsse man sich allerdings auf ein paar Jahre einstellen, die schwierig werden würden, glaubt Heller. Medienhäuser, Vermarkter, Werbekunden, Nutzer - noch seien alle sehr zaghaft, was VR angehe. Als Medienhaus deswegen aber überhaupt nicht auf Virtual Reality Journalismus zu setzen, das sei ein großer Fehler, so Heller:
"Ich war neulich im Silicon Valley und hab an der Stanford University eine Professorin getroffen, die sagte zu mir zum Thema VR-Journalismus: 'You can't afford not to innovate'. Also man kann es sich gar nicht leisten, nicht innovativ zu sein, weil man sonst in der Zukunft abgehängt wird."