Wartende Menschen an Ampeln
Der Berliner Fotograf Andreas Göx hat an 500 Berliner Fußgängerampeln Menschen fotografiert. Die Bilder zeigt das Berliner Museum für Kommunikation. Sie erlauben uns, Straßen und Plätze intensiv zu betrachten. Das unfreiwillige Warten der Passanten wird auf den Bildern zum ästhetischen Ereignis.
Andreas Göx: "Ich war mit dem Auto unterwegs, hatte eine neue Kamera, an den Ampeln muss man ja immer wieder warten, und das gab mir Gelegenheit, mal die neue Kamera auszuprobieren, mal zu sehen, wie gut ist die denn, und wie schnell ist die, und kann ich durch die Windschutzscheibe überhaupt fotografieren. Es hat alles wunderbar funktioniert, und da ist mir noch etwas Besonderes ins Auge gestochen: Zwei Frauen standen an der Ampel, und damit begann die Geschichte, zwei Frauen neben¬einander, zwei Taschen, gleiche Bewegung und der gleiche Griff in die Tasche, und das hatte schon etwas Stereoartiges, und sie haben etwas gesucht, also auch mit dem gleichen Denken, dieses Bild hatte ich fotografiert, und da begann so das erste Interesse für die Geschichte an den Ampeln."
Danach hat Andreas Göx noch oft auf den Auslöser gedrückt. Zwischen 2005 und 2007 sind über 10.000 Ampelbilder entstanden, von denen jetzt eine Auswahl zu sehen ist. Wer lange genug auf die Fotos schaut, wird mit unglaublich vielen Details belohnt, die er an einer simplen Straßenkreuzung nie und nimmer erwartet hätte. Liselotte Kugler, Direktorin des Berliner Museums für Kommunikation:
"Wir finden es immer sehr intersannt, wie er mit seinem fotografisch geschärften Blick durch die Welt geht und dann Momente einfängt, denen wir uns ja so nicht bewusst stellen. Also wir gehen zur Ampel, treten zufällig mit Menschen in Kontakt, und daraus entwickeln sich halt ja die skurrilsten Dinge manchmal auch, und das als Momentaufnahme in seinen Fotos zu sehen, hat uns gut gefallen."
Göx` Ampelbilder sind Standfotos der Mobilität. Sie erlauben uns Straßen und Plätze intensiv zu betrachten. Das unfreiwillige Warten der Passanten wird auf den Bildern zum ästhetischen Ereignis.
Andreas Göx: "Wie gehen Leute mit der Zeit um? Sie schauen in Taschen, sie schauen sich um. Man ist nicht so aufmerksam für die Verkehrssituation, weil das wird ja scheinbar für einen geregelt über die Rot- und Grünphase. Leute schauen sich um, deswegen können an Ampeln dann auch Plakate, Imbissbuden und so weiter aufgestellt werden, das sind diese Momente in der Umgebung der Ampeln, und das ist auch ein Aspekt für mich, der eine Bedeutung hat."
Die Ampelbilder zeigen auch das Sozialgefüge der Stadt. In Moabit entstehen völlig andere Bilder als am geschäftigen Potsdamer Platz. Die Menschen warten dort anders und halten auch ganz andere Tüten in der Hand.
Vor ein paar Jahren hat Andreas Göx Berliner Hauseingänge fotografiert. Zugemüllt, trist oder nobel erzählen sie von einer bizarren Welt des Übergangs, die von der Straße bis zur Wohnungstür führt. Sein Projekt "Time out" zeigte leergeräumte Läden, Restflächen, die das Heer der Shopping-Malls in Berlin hinterlassen hat. Ein kaputter Durchlauferhitzer hängt noch an der Wand, der Rest ist abmontiert. Es sind Räume wie Höllenschlunde, jammervoll und hoffnungslos. Göx zeigte die abgelebten Hüllen der bunten Warenwelt, die im Stadium des Verfalls noch eine melancholische Schönheit entfalten. Und auch seine Ampelbilder zeigen nicht nur die platte Realität, sagt Museumsdirektorin Liselotte Kugler:
"Ich weiß nicht, ob Sie wissen, woher Ampel kommt? Das ist nämlich aus dem Mittelhochdeutschen entlehnt, und zwar hat es eigentlich das Ewige Licht bezeichnet in der Kirche. Und wenn man das so will, steht die Ampel auch für eine höhere Ordnung, also schützt uns vor Gefahren aber ist gleichzeitig sozusagen wie ein Schutzengel. Wenn man jetzt auf diese Ampel, auf das Licht in der Kirche anspielt, haben wir eine neue Ordnung eingezogen, und kein Mensch weiß das eigentlich mehr, dass das aus diesem alten etymologischen ewigen Licht heraus hervorkommt."
Es sind eigenwillige Schutzengel, die ganz ohne Murren ihren Dienst verrichten, den wir ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen. Die Ampeln ordnen die Bewegung der Stadt, und ihre grünen und roten Lichter sind flächendeckend über Berlin verteilt.
Andreas Göx: "Wenn ich mir die Ampeln ansehe, egal an welcher Ampel ich stehe, irgendwo sehe ich die nächste Ampel. Also all diese Ampeln sind ein System, aber auch für den, der durch die Stadt läuft, verbinden sich all diese Ampeln zu einem Netzwerk, das die Stadt durchzieht. Und wenn ich vom Zentrum losgehe, komme ich ja bis weit in die Peripherie und sehe die Ampeln, die regeln die Bewegung von Menschen, aber je weiter es in die geht, desto absurder wird es zum Teil, weil es ja sehr viel Ampelanlagen gibt, an denen ich keinen Menschen sehe, wenn das wirklich ganz weit raus geht nach Lichtenrade vielleicht oder Marien¬felde, da verselbstständigt sich dieses System, und dieses Ampelsystem ist letztlich ein System, das auch ohne Menschen funktioniert, und da ist dann die Frage, wie beeinflusst oder verändert das die Umgebung der Ampeln?"
Kreuzungen und Ampelübergänge gehören zu jenen Nicht-Orten der Großstadt, die jeder kennt und kaum einer beachtet. Andreas Göx gibt ihnen mit seinen Bildern etwas Würde, indem er sie dem Desinteresse entreißt. Und noch eh wir uns versehen, blicken wir auf uns selbst.
Andreas Göx: "Wenn ich jetzt noch einmal zurückkomme auf dieses Bild, da sind zwei Personen festgehalten in ihrer Bewegung, eine Frau gibt einem Mann Feuer, er zündet sich eine Zigarette an, und wenn wir uns ansehen, wie sie nebeneinander stehen, spüren wir doch eine große Vertrautheit, und die lässt sich in dem Bild auch sehr, sehr gut ablesen. Also das würde man, wenn man diese Leute nur beobachtet, wie sie über Straßen gehen, so präzise gar nicht lesen können."
Danach hat Andreas Göx noch oft auf den Auslöser gedrückt. Zwischen 2005 und 2007 sind über 10.000 Ampelbilder entstanden, von denen jetzt eine Auswahl zu sehen ist. Wer lange genug auf die Fotos schaut, wird mit unglaublich vielen Details belohnt, die er an einer simplen Straßenkreuzung nie und nimmer erwartet hätte. Liselotte Kugler, Direktorin des Berliner Museums für Kommunikation:
"Wir finden es immer sehr intersannt, wie er mit seinem fotografisch geschärften Blick durch die Welt geht und dann Momente einfängt, denen wir uns ja so nicht bewusst stellen. Also wir gehen zur Ampel, treten zufällig mit Menschen in Kontakt, und daraus entwickeln sich halt ja die skurrilsten Dinge manchmal auch, und das als Momentaufnahme in seinen Fotos zu sehen, hat uns gut gefallen."
Göx` Ampelbilder sind Standfotos der Mobilität. Sie erlauben uns Straßen und Plätze intensiv zu betrachten. Das unfreiwillige Warten der Passanten wird auf den Bildern zum ästhetischen Ereignis.
Andreas Göx: "Wie gehen Leute mit der Zeit um? Sie schauen in Taschen, sie schauen sich um. Man ist nicht so aufmerksam für die Verkehrssituation, weil das wird ja scheinbar für einen geregelt über die Rot- und Grünphase. Leute schauen sich um, deswegen können an Ampeln dann auch Plakate, Imbissbuden und so weiter aufgestellt werden, das sind diese Momente in der Umgebung der Ampeln, und das ist auch ein Aspekt für mich, der eine Bedeutung hat."
Die Ampelbilder zeigen auch das Sozialgefüge der Stadt. In Moabit entstehen völlig andere Bilder als am geschäftigen Potsdamer Platz. Die Menschen warten dort anders und halten auch ganz andere Tüten in der Hand.
Vor ein paar Jahren hat Andreas Göx Berliner Hauseingänge fotografiert. Zugemüllt, trist oder nobel erzählen sie von einer bizarren Welt des Übergangs, die von der Straße bis zur Wohnungstür führt. Sein Projekt "Time out" zeigte leergeräumte Läden, Restflächen, die das Heer der Shopping-Malls in Berlin hinterlassen hat. Ein kaputter Durchlauferhitzer hängt noch an der Wand, der Rest ist abmontiert. Es sind Räume wie Höllenschlunde, jammervoll und hoffnungslos. Göx zeigte die abgelebten Hüllen der bunten Warenwelt, die im Stadium des Verfalls noch eine melancholische Schönheit entfalten. Und auch seine Ampelbilder zeigen nicht nur die platte Realität, sagt Museumsdirektorin Liselotte Kugler:
"Ich weiß nicht, ob Sie wissen, woher Ampel kommt? Das ist nämlich aus dem Mittelhochdeutschen entlehnt, und zwar hat es eigentlich das Ewige Licht bezeichnet in der Kirche. Und wenn man das so will, steht die Ampel auch für eine höhere Ordnung, also schützt uns vor Gefahren aber ist gleichzeitig sozusagen wie ein Schutzengel. Wenn man jetzt auf diese Ampel, auf das Licht in der Kirche anspielt, haben wir eine neue Ordnung eingezogen, und kein Mensch weiß das eigentlich mehr, dass das aus diesem alten etymologischen ewigen Licht heraus hervorkommt."
Es sind eigenwillige Schutzengel, die ganz ohne Murren ihren Dienst verrichten, den wir ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen. Die Ampeln ordnen die Bewegung der Stadt, und ihre grünen und roten Lichter sind flächendeckend über Berlin verteilt.
Andreas Göx: "Wenn ich mir die Ampeln ansehe, egal an welcher Ampel ich stehe, irgendwo sehe ich die nächste Ampel. Also all diese Ampeln sind ein System, aber auch für den, der durch die Stadt läuft, verbinden sich all diese Ampeln zu einem Netzwerk, das die Stadt durchzieht. Und wenn ich vom Zentrum losgehe, komme ich ja bis weit in die Peripherie und sehe die Ampeln, die regeln die Bewegung von Menschen, aber je weiter es in die geht, desto absurder wird es zum Teil, weil es ja sehr viel Ampelanlagen gibt, an denen ich keinen Menschen sehe, wenn das wirklich ganz weit raus geht nach Lichtenrade vielleicht oder Marien¬felde, da verselbstständigt sich dieses System, und dieses Ampelsystem ist letztlich ein System, das auch ohne Menschen funktioniert, und da ist dann die Frage, wie beeinflusst oder verändert das die Umgebung der Ampeln?"
Kreuzungen und Ampelübergänge gehören zu jenen Nicht-Orten der Großstadt, die jeder kennt und kaum einer beachtet. Andreas Göx gibt ihnen mit seinen Bildern etwas Würde, indem er sie dem Desinteresse entreißt. Und noch eh wir uns versehen, blicken wir auf uns selbst.
Andreas Göx: "Wenn ich jetzt noch einmal zurückkomme auf dieses Bild, da sind zwei Personen festgehalten in ihrer Bewegung, eine Frau gibt einem Mann Feuer, er zündet sich eine Zigarette an, und wenn wir uns ansehen, wie sie nebeneinander stehen, spüren wir doch eine große Vertrautheit, und die lässt sich in dem Bild auch sehr, sehr gut ablesen. Also das würde man, wenn man diese Leute nur beobachtet, wie sie über Straßen gehen, so präzise gar nicht lesen können."