Warum alle Staaten sterben müssen
Kaum jemand erinnert sich noch an Ruthenien, Savoyen oder Burgund. Damit sich das ändert, hat der britische Historiker Norman Davies ein Buch über solche vergessenen Staaten geschrieben. Wir sprechen mit ihm über die Landkarte Europas, den Untergang mächtiger Reiche - und Monty Python.
Liane von Billerbeck: Was wir jetzt vorhaben, das kann man eigentlich nur tollkühn nennen. Der Experte, der britische Historiker Norman Davies, hat 906 Seiten gebraucht, um es zu beschreiben: die Geschichte des vergessenen Europa. "Verschwundene Reiche" heißt sein Buch, das jetzt auf Deutsch erschienen ist. Norman Davies ist emeritierter Professor für Geschichte der Universitäten Londons, Stanford, Harvard und der Columbia New York. Er lehrt auch in Krakau und hat schon einige Bestseller über historische Themen geschrieben.
Sie haben für uns in Ihrem Buch eine ganze Reihe solcher verschwundenen Reiche beschrieben, darunter auch ein gewisses Ruthenien – nie davon gehört. Und Sie beschreiben in Ihrem Buch, wo das liegt, wie man da hinkommt, wenn es auch nicht unbedingt angeraten sei, und erzählen, dass die Eltern von Andy Warhol von dort stammen, der britische Verleger Robert Maxwell und Adolph Zukor, der Gründer der Paramount. Warum war dieses Ruthenien wichtig?
Norman Davies: In diesem Fall handelt es sich einfach um ein Geschichtskapitel, an das man sich fast gar nicht erinnert. Das ist ein sehr extremes Beispiel, weil es wahrscheinlich zu 99 Prozent in Vergessenheit geraten ist. Es handelt sich hier um einen Staat, der weniger als 24 Stunden existiert hat. Aber es steht symbolhaft für vieles, was ich in diesem Buch letztendlich ausdrücken will, dass Geschichte nicht nur aus bekannten Großereignissen besteht, sondern eben auch aus vergessenen Ereignissen, halb vergessenen Ereignissen, aus mittelmäßigen Staaten, aus Supermächten. Es ist wie ein Dschungel, wo verschiedene Staaten existiert haben. Und in diesem Kapitel ist es wie gesagt ein extremes Kapitel, weil ich sage es ja auch in meinem Buch, das ist ein Kind, das schon kurz nach der Geburt gleich wieder starb. Aber es ist Teil unserer Geschichte, und es ist auch lohnenswert, sich an solche Teile der Geschichte zu erinnern.
von Billerbeck: Warum war denn Ruthenien wichtig und warum wurde es vergessen?
Davies: Ich denke, das liegt daran, dass diese Republik nur einen Tag lang existiert hat, und es liegt auch daran, dass danach ein Strom von Ereignissen losbrach mit dem Zweiten Weltkrieg, der dieses Ereignis in Vergessenheit geraten ließ, und es liegt auch daran, dass noch kein Historiker darüber geschrieben hat. Ich habe mich da auf die Erinnerungen eines Engländers verlassen, der an jenem Tag zufällig im Hotel der Hauptstadt dieser Republik sich befand, und er hatte Frühstück in einem Land, dann Mittag in einem zweiten Land und das Abendessen feierte er dann in einem dritten Land, ohne dass er das Hotel an diesem Tag jemals verlassen hätte.
von Billerbeck: Dieses Gefühl können ja sicher alle teilen, die wie ich in der DDR geboren sind, da können wir ja in der nahen Geschichte bleiben. Nicht nur die DDR ist ja verschwunden von einem Tag auf den anderen und wir sind am gleichen Ort geblieben und waren plötzlich in einem anderen Land, ebenso ist die Sowjetunion verschwunden, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, und manchmal sagt ja schon die Wortwahl, wie es zum Verschwinden solcher einstigen Länder, solcher Reiche kommt, viel aus.
Als Brite erinnern Sie an einen Sketch von Monty Python über den toten Papagei, der, Zitat. verendet, gestorben oder verschieden ist, in dem keine Spur von Leben mehr ist, der abgeritten ist zu den Ahnen oder in die ewigen Jagdgründe als Mitglied aufgenommen wurde, bis zum Schluss dann lapidar festgestellt wird, das ist ein Ex-Papagei. Sagen denn die Worte etwas darüber aus, wie so ein Land verschwunden ist?
Davies: Dieser Sketch von Monty Python, der ist sehr relevant, weil der eine sagt – und genau das macht es lustig –, der glaubt, dass der Papagei echt ist, und der andere glaubt es eben gerade nicht. Aber das ist genau das, was ich ausdrücken wollte, das ist eine Reflexion über Geschichte, weil viele glauben, dass die Landkarte Europas, so wie sie heute besteht, schon immer so bestanden hat. Und dabei wird vergessen, dass sich Staaten entwickeln, dass Regime kommen und gehen, ebenso wie die Alten sterben und neue Generationen nachwachsen.
Und sehr oft beschreiben Historiker einfach nur, was ich als die Gebäude bezeichnen würde, die sich erst einmal vielleicht nicht so verändert haben. Und dabei vergisst man, dass es Länder wie Frankreich oder Deutschland lange Zeit überhaupt gar nicht gegeben hat. Es gab kein England, kein Deutschland, kein Italien, und die Sprache ist da trügerisch und betrügt sozusagen auch unsere Erinnerung. Und deshalb ist das Vokabular, das man verwendet in einem historischen Abriss, unglaublich wichtig, weil es darf nicht aus der heutigen Zeit die Vergangenheit reflektieren und eine moderne Terminologie verwenden.
Und das war vor allen Dingen bei den Kapiteln wichtig über Preußen und über Burgund, weil es gab nicht nur ein Preußen, und nicht alle Preußens, die existierten, waren deutsch. Beispielsweise gab es 15 verschiedene Burgunds, und ich war kürzlich in der französischen Bourgogne und hielt dort einen Vortrag über Burgund, und die heutigen französischen Bourgogner hatten niemals davon gehört, dass es auch mal ein skandinavisches Burgund gab oder dass das erste Reich in der Nähe von Worms lag, was heute in Deutschland sich befindet. Und deswegen ist es sehr wichtig, wie man etwas schreibt. Und die Historiker stehen wirklich in der Pflicht, die Vergangenheit von der Gegenwart zu unterscheiden, und es ist die Sprache, die diesen Unterschied zu reflektieren hat.
von Billerbeck: Der "Guardian" hat Ihr Buch rezensiert und hat die Rezension mit einem Foto illustriert. Da ist Queen Elizabeth drauf und drunter steht: Bewundern wir hier die Windsors oder die Sachsen-Coburg-Gotha-Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburgs? Da habe ich sehr gelacht, das hat das, glaube ich, ganz gut illustriert, was Sie da mit Ihrem Buch versucht haben. Nun fragt man sich natürlich, wenn Sie so verschiedene Reiche betrachtet haben und deren unterschiedliche Ausprägungen, gibt es eine Gesetzmäßigkeit, ein Muster, nach dem einst mächtige Reiche von der Landkarte verschwinden?
Davies: Also alle Staaten sterben genauso, wie alle Menschen sterben, und es gibt viele Gründe für den Tod. In meinem kurzen Essay am Ende des Buches versuche ich ein bisschen zu analysieren, fünf, sechs verschiedene Arten und Weisen, wie Staaten sterben können. Und da gibt es natürlich verschiedenste Ansichten. Es gibt einen philosophischen Ansatz von Hobbes oder auch von Rousseau, die sagen, ein Staat kann aus zwei Gründen verschwinden: einerseits aufgrund seiner inneren Probleme oder aufgrund äußerer Einflüsse wie beispielsweise ein Angriff, ein Krieg. Ein Staat kann in sich selbst schon so krank sein, dass er es nicht überleben wird, oder eben durch äußere Einflüsse zum Niedergang gezwungen werden.
Ich würde sagen, man könnte diese Dualität noch ein bisschen aufbrechen, aber das Wichtigste ist, dass eben der Tod bei Staaten ein wenig so ist wie bei Menschen, nur weiß man nie so genau, welches kranke Organ irgendwann dann auch zum Tod führt. Und wenn wir uns das Beispiel der Sowjetunion herausgreifen, die in meinem Leben eine sehr große Rolle gespielt hat und die wahrscheinlich auch der Auslöser für dieses Buch war, dann wussten alle von den internen Problemen der Sowjetunion. Man wusste, wie schlecht es der Wirtschaft ging, man wusste, welche politischen Deformationen es gegeben hatte, und trotzdem herrschte der Glaube vor, der größte Staat der Erde würde überleben. Und in den 1980er-Jahren sagt kein einziger Politologe den Tod der Sowjetunion voraus. Und es gibt kein einfaches Gesetz, warum Staaten verschwinden oder sterben, es gibt nur ein eisernes Gesetz: dass sie sterben.
Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich habe sehr viel über die Natur der Veränderung nachgedacht und bin auf die Metapher der Lawine gestoßen. Sie kennen ja alle die Alpen, Sie wissen ja, wie es sich anfühlt, wenn man auf diesem gefrorenen Eis auf dieser Oberfläche langgeht, das so hart und so stabil wirkt, dass man meint, es würde sich niemals verändern. Und das, was unsichtbar bleibt, was unter dieser Oberfläche liegt, ist, dass dieses Eis eben auch zu Wasser wird. Und während die Sonne immer noch scheint und alles perfekt ist, kommt es dann plötzlich zu einem Ausbruch wie ein Schuss, und alles stürzt ins Tal hinunter. Und ebenso ist es bei politischen Veränderungen, die sich an der Oberfläche überhaupt nicht abzeichnen und dann urplötzlich geschehen.
von Billerbeck: Das sagt der britische Historiker Norman Davies, dessen über 900 Seiten dickes Buch "Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa" jetzt auf Deutsch erschienen ist im Theiss-Verlag in der Übersetzung von Karin Schuler, Norbert Juraschitz, Hans Freundl, Helmut Dierlamm und Oliver Grasmück. Norman Davies, danke für das Gespräch, das Jörg Taszman übersetzt hat.
Davies: Thank you very much indeed!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Sie haben für uns in Ihrem Buch eine ganze Reihe solcher verschwundenen Reiche beschrieben, darunter auch ein gewisses Ruthenien – nie davon gehört. Und Sie beschreiben in Ihrem Buch, wo das liegt, wie man da hinkommt, wenn es auch nicht unbedingt angeraten sei, und erzählen, dass die Eltern von Andy Warhol von dort stammen, der britische Verleger Robert Maxwell und Adolph Zukor, der Gründer der Paramount. Warum war dieses Ruthenien wichtig?
Norman Davies: In diesem Fall handelt es sich einfach um ein Geschichtskapitel, an das man sich fast gar nicht erinnert. Das ist ein sehr extremes Beispiel, weil es wahrscheinlich zu 99 Prozent in Vergessenheit geraten ist. Es handelt sich hier um einen Staat, der weniger als 24 Stunden existiert hat. Aber es steht symbolhaft für vieles, was ich in diesem Buch letztendlich ausdrücken will, dass Geschichte nicht nur aus bekannten Großereignissen besteht, sondern eben auch aus vergessenen Ereignissen, halb vergessenen Ereignissen, aus mittelmäßigen Staaten, aus Supermächten. Es ist wie ein Dschungel, wo verschiedene Staaten existiert haben. Und in diesem Kapitel ist es wie gesagt ein extremes Kapitel, weil ich sage es ja auch in meinem Buch, das ist ein Kind, das schon kurz nach der Geburt gleich wieder starb. Aber es ist Teil unserer Geschichte, und es ist auch lohnenswert, sich an solche Teile der Geschichte zu erinnern.
von Billerbeck: Warum war denn Ruthenien wichtig und warum wurde es vergessen?
Davies: Ich denke, das liegt daran, dass diese Republik nur einen Tag lang existiert hat, und es liegt auch daran, dass danach ein Strom von Ereignissen losbrach mit dem Zweiten Weltkrieg, der dieses Ereignis in Vergessenheit geraten ließ, und es liegt auch daran, dass noch kein Historiker darüber geschrieben hat. Ich habe mich da auf die Erinnerungen eines Engländers verlassen, der an jenem Tag zufällig im Hotel der Hauptstadt dieser Republik sich befand, und er hatte Frühstück in einem Land, dann Mittag in einem zweiten Land und das Abendessen feierte er dann in einem dritten Land, ohne dass er das Hotel an diesem Tag jemals verlassen hätte.
von Billerbeck: Dieses Gefühl können ja sicher alle teilen, die wie ich in der DDR geboren sind, da können wir ja in der nahen Geschichte bleiben. Nicht nur die DDR ist ja verschwunden von einem Tag auf den anderen und wir sind am gleichen Ort geblieben und waren plötzlich in einem anderen Land, ebenso ist die Sowjetunion verschwunden, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, und manchmal sagt ja schon die Wortwahl, wie es zum Verschwinden solcher einstigen Länder, solcher Reiche kommt, viel aus.
Als Brite erinnern Sie an einen Sketch von Monty Python über den toten Papagei, der, Zitat. verendet, gestorben oder verschieden ist, in dem keine Spur von Leben mehr ist, der abgeritten ist zu den Ahnen oder in die ewigen Jagdgründe als Mitglied aufgenommen wurde, bis zum Schluss dann lapidar festgestellt wird, das ist ein Ex-Papagei. Sagen denn die Worte etwas darüber aus, wie so ein Land verschwunden ist?
Davies: Dieser Sketch von Monty Python, der ist sehr relevant, weil der eine sagt – und genau das macht es lustig –, der glaubt, dass der Papagei echt ist, und der andere glaubt es eben gerade nicht. Aber das ist genau das, was ich ausdrücken wollte, das ist eine Reflexion über Geschichte, weil viele glauben, dass die Landkarte Europas, so wie sie heute besteht, schon immer so bestanden hat. Und dabei wird vergessen, dass sich Staaten entwickeln, dass Regime kommen und gehen, ebenso wie die Alten sterben und neue Generationen nachwachsen.
Und sehr oft beschreiben Historiker einfach nur, was ich als die Gebäude bezeichnen würde, die sich erst einmal vielleicht nicht so verändert haben. Und dabei vergisst man, dass es Länder wie Frankreich oder Deutschland lange Zeit überhaupt gar nicht gegeben hat. Es gab kein England, kein Deutschland, kein Italien, und die Sprache ist da trügerisch und betrügt sozusagen auch unsere Erinnerung. Und deshalb ist das Vokabular, das man verwendet in einem historischen Abriss, unglaublich wichtig, weil es darf nicht aus der heutigen Zeit die Vergangenheit reflektieren und eine moderne Terminologie verwenden.
Und das war vor allen Dingen bei den Kapiteln wichtig über Preußen und über Burgund, weil es gab nicht nur ein Preußen, und nicht alle Preußens, die existierten, waren deutsch. Beispielsweise gab es 15 verschiedene Burgunds, und ich war kürzlich in der französischen Bourgogne und hielt dort einen Vortrag über Burgund, und die heutigen französischen Bourgogner hatten niemals davon gehört, dass es auch mal ein skandinavisches Burgund gab oder dass das erste Reich in der Nähe von Worms lag, was heute in Deutschland sich befindet. Und deswegen ist es sehr wichtig, wie man etwas schreibt. Und die Historiker stehen wirklich in der Pflicht, die Vergangenheit von der Gegenwart zu unterscheiden, und es ist die Sprache, die diesen Unterschied zu reflektieren hat.
von Billerbeck: Der "Guardian" hat Ihr Buch rezensiert und hat die Rezension mit einem Foto illustriert. Da ist Queen Elizabeth drauf und drunter steht: Bewundern wir hier die Windsors oder die Sachsen-Coburg-Gotha-Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburgs? Da habe ich sehr gelacht, das hat das, glaube ich, ganz gut illustriert, was Sie da mit Ihrem Buch versucht haben. Nun fragt man sich natürlich, wenn Sie so verschiedene Reiche betrachtet haben und deren unterschiedliche Ausprägungen, gibt es eine Gesetzmäßigkeit, ein Muster, nach dem einst mächtige Reiche von der Landkarte verschwinden?
Davies: Also alle Staaten sterben genauso, wie alle Menschen sterben, und es gibt viele Gründe für den Tod. In meinem kurzen Essay am Ende des Buches versuche ich ein bisschen zu analysieren, fünf, sechs verschiedene Arten und Weisen, wie Staaten sterben können. Und da gibt es natürlich verschiedenste Ansichten. Es gibt einen philosophischen Ansatz von Hobbes oder auch von Rousseau, die sagen, ein Staat kann aus zwei Gründen verschwinden: einerseits aufgrund seiner inneren Probleme oder aufgrund äußerer Einflüsse wie beispielsweise ein Angriff, ein Krieg. Ein Staat kann in sich selbst schon so krank sein, dass er es nicht überleben wird, oder eben durch äußere Einflüsse zum Niedergang gezwungen werden.
Ich würde sagen, man könnte diese Dualität noch ein bisschen aufbrechen, aber das Wichtigste ist, dass eben der Tod bei Staaten ein wenig so ist wie bei Menschen, nur weiß man nie so genau, welches kranke Organ irgendwann dann auch zum Tod führt. Und wenn wir uns das Beispiel der Sowjetunion herausgreifen, die in meinem Leben eine sehr große Rolle gespielt hat und die wahrscheinlich auch der Auslöser für dieses Buch war, dann wussten alle von den internen Problemen der Sowjetunion. Man wusste, wie schlecht es der Wirtschaft ging, man wusste, welche politischen Deformationen es gegeben hatte, und trotzdem herrschte der Glaube vor, der größte Staat der Erde würde überleben. Und in den 1980er-Jahren sagt kein einziger Politologe den Tod der Sowjetunion voraus. Und es gibt kein einfaches Gesetz, warum Staaten verschwinden oder sterben, es gibt nur ein eisernes Gesetz: dass sie sterben.
Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich habe sehr viel über die Natur der Veränderung nachgedacht und bin auf die Metapher der Lawine gestoßen. Sie kennen ja alle die Alpen, Sie wissen ja, wie es sich anfühlt, wenn man auf diesem gefrorenen Eis auf dieser Oberfläche langgeht, das so hart und so stabil wirkt, dass man meint, es würde sich niemals verändern. Und das, was unsichtbar bleibt, was unter dieser Oberfläche liegt, ist, dass dieses Eis eben auch zu Wasser wird. Und während die Sonne immer noch scheint und alles perfekt ist, kommt es dann plötzlich zu einem Ausbruch wie ein Schuss, und alles stürzt ins Tal hinunter. Und ebenso ist es bei politischen Veränderungen, die sich an der Oberfläche überhaupt nicht abzeichnen und dann urplötzlich geschehen.
von Billerbeck: Das sagt der britische Historiker Norman Davies, dessen über 900 Seiten dickes Buch "Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa" jetzt auf Deutsch erschienen ist im Theiss-Verlag in der Übersetzung von Karin Schuler, Norbert Juraschitz, Hans Freundl, Helmut Dierlamm und Oliver Grasmück. Norman Davies, danke für das Gespräch, das Jörg Taszman übersetzt hat.
Davies: Thank you very much indeed!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.