Warum lieben wir Bienen?

"Ohne Insekten würde unsere Poesie verarmen"

Bienen kehren zu ihrem Stock auf dem Lohrberg im Nordosten von Frankfurt am Main zurück.
Es gibt viele Gründe, die Biene zu lieben: Für unseren Studiogast Andreas Rosenfelder ist es die Kulturgeschichte. © dpa / Frank Rumpenhorst
Andreas Rosenfelder im Gespräch mit Anke Schaefer |
Man muss kein Tierschützer sein, um die Biene zu lieben. Andreas Rosenfelder, Feuilletonchef der "Welt", hat dafür kulturelle Gründe. Zum Beispiel den: Was wäre die romantische Lyrik ohne das "Singen und Klingen des Frühlings" bei Eichendorff?
Sogar die EU-Kommission hat ein Herz für Bienen: Am Freitag verbot sie drei bienenschädliche Neonikotinoide. Der Feuilletonchef der "Welt" und "Welt am Sonntag", Andreas Rosenfelder, begrüßt diese Entscheidung. Auch wenn es ihm dabei weniger um Milliardenschäden geht, die durch Bienensterben entstehen könnten.
"Ich finde einfach, dass unsere Kultur und unsere Poesie verarmen würden, wenn die Insekten aus ihr verschwinden", sagte er im Deutschlandfunk Kultur.
bunte Wildblumen-Saatmischung in einem Naturgarten mit Insektenhotel colorful wild flowers mix in a natural garden with insect hotel BLWS448837 Copyright: xblickwinkel/H.-J.xZimmermannx

Bunte Wild flowers  in a Natural garden with Insects hotel Colorful Wild Flowers Mix in a Natural Garden With Insect Hotel  Copyright xblickwinkel H J xZimmermannx
Bunte Wildblumen in einem Naturgarten mit Insektenhotel.© IMAGO / blickwinkel
Was wäre die romantische Lyrik ohne das ganze "Singen und Klingen des Frühlings" bei Eichendorff? Was Goethes "Werther" ohne die Mückenschwärme, die den jungen Werther begleiten und der sich da zuhause fühlt, wo die Mücken sind?
"Das sind für mich alles Beispiel dafür, dass es ein durchaus egoistisches, aus menschlicher Perspektive formuliertes Interesse an diesen uns doch so fremden Insekten gibt. Und dass man sich gar nicht auf den hehren Standpunkt einer besseren Welt ohne Menschen stellen muss."

Auf Altgriechisch heißt der Schmetterling "Psyche"

Durchaus erstaunlich findet Rosenfelder diese Identifikation mit der Biene - "diesem Tier, das ja in seinem Exoskelett eingeschlossen ist, auch keine Mimik hat, uns erstmal sehr fremd ist". Aber durch die gesamte Kulturgeschichte ziehe sich eine Verbundenheit mit Insekten.
"Bei den Griechen ist das Wort für den Falter, den Schmetterling, dasselbe wie das Wort für Seele, nämlich psyche. Und es gibt immer wieder auch in der Literatur Beispiele dafür, dass die Insekten im Grunde mit der menschlichen Seele verglichen werden, die ja auch, wenn sie aus dem Körper befreit ist, sozusagen frei umherschwirrt in der religiösen Vorstellung."
Der Feuilletonchef der Welt, Andreas Rosenfelder, zu Besuch bei Deutschlandfunk Kultur
Der Feuilletonchef der Tageszeitung "Die Welt", Andreas Rosenfelder, zu Besuch bei Deutschlandfunk Kultur© Thomas Groh / Deutschlandradio
Dass es auch weniger populäre Insekten gibt wie etwa Mehlwürmer, tut dieser Parallele keinen Abbruch, meint Rosenfelder. "Das ist ja mit den Aspekten unseres Seelenlebens gar nicht anders." Denn auch dort gebe es dunkle Ecken und "so einiges an Ungeziefer".
(uko)

Die ganze Sendung mit Andreas Rosenfelder können Sie hier nachhören: Audio Player